Tz. 484
Stand: EL 92 – ET: 03/2018
In seiner Folge-Rspr hat der BFH den Anwendungsbereich der 75-/25-%-Grenze stark eingeschränkt; s Urt des BFH v 27.02.2003, GmbHR 2003, 1071, s Urt des BFH v 27.02.2003, BStBl II 2004, 132, s Urt des BFH v 04.06.2003, BStBl II 2004, 136, und s Urt des BFH v 25.06.2004, GmbHR 2004, 1536.
Neben den in Tz 473 genannten Ausnahmefällen wurde in den og Urt mit den "stark schwankenden Erträgen" ein weiterer Tatbestand geschaffen, in dem die 75-/25-%-Grenze nicht anwendbar sein soll. Im Urt v 04.06.2003, aaO, hat der BFH darüber hinaus dargelegt, dass der Regelmaßstab von 75 % zu 25 % nur dann geprüft werden könne, wenn im Zusagezeitpunkt eine Gewinnprognose vorgenommen wurde. Erweist es sich als unmöglich, im Nachhinein eine entspr Gewinnprognose zu rekonstruieren oder war eine solche aus Sicht des Zusagezeitpunkts allzu großen Unwägbarkeiten ausgesetzt, soll sich eine Gehaltsaufteilung iSd 75-/25-%-Grenze ohnehin verbieten. Verständlich ist dies allerdings nicht, da der BFH in seiner älteren Rspr eine solche Gewinnprognose ja generell gefordert hatte; s Urt des BFH v 05.10.1994, BStBl II 1995, 549; dazu s Tz 467. Im Übrigen müsse nach Auff des BFH im Einzelfall stets die Frage beantwortet werden, weshalb eine andere Gestaltung gewählt wurde und ob eine solche aus nur betrieblichen Gründen erfolgte. Im Ergebnis läuft die BFH-Rspr auf eine Art Wahlrecht für die Stpfl für oder gegen die Geltung der 75-/25-%-Grenze hinaus; ebenso s Gosch (in Gosch, 3. Aufl., § 8 Rz 1264f, auch mit dem Versuch einer Rechtfertigung der BFH-Linie).
Tz. 484a
Stand: EL 92 – ET: 03/2018
Faktisch muss davon ausgegangen werden, dass der BFH mit den oa Urt die 75-/25-%-Grenze aufgehoben hat. Leider hat der I. Senat dabei aber nicht den Mut gefunden, die Grenze vollständig zu beseitigen und damit der Praxis eine klare Linie an die Hand zu geben. In einer Urt-Anmerkung von -sch wird die neuere Rspr als "abermalige Relativierung der 75:25-Aufteilungsregel" bezeichnet; s sch, DStR 2003, 1749.
Deutlich wird die faktische Rspr-Änderung dann, wenn man sich die Tantiemeanteile in den entschiedenen Einzelfällen näher betrachtet; s Hoffmann, GmbHR 2003, 1197. In den beiden Urt-Fällen vom 27.02.2003, aaO, lagen die Tantiemeanteile bei 89 % bzw 87 % bzw 72 %. Der BFH muss sich fragen lassen, wann er denn die 75-/25-%-Regel noch anwenden will, wenn nicht in diesen Extremfällen. Offensichtlich sucht der BFH derzeit nach jedem Strohhalm, um die eigene Rspr nicht anwenden zu müssen und deren Bedeutung nachträglich herunterzuspielen. Die Steilvorlage des FG Ddf im Revisionsverfahren Az: I R 42/03 zur Aufhebung der Grenze hat der BFH jedoch leider nicht genutzt; s Urt des BFH v 19.11.2003, GmbHR 2004, 512, Vorinstanz s Urt des FG Ddf v 11.02.2003, EFG 2003, 1036. Vielmehr wurde der Grundsatz ausdrücklich bestätigt und das FG zur Prüfung aufgefordert, ob ein außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung liegender Grund gegeben ist, der eine Abweichung von 75-/25-%-Grenze rechtfertigt. Das FG hat diesen zwischenzeitlich im 2. Rechtsgang in einer schwankenden Ertragslage auch gefunden; s Urt des FG Ddf v 22.06.2004, EFG 2004, 1481.
Tz. 484b
Stand: EL 92 – ET: 03/2018
Vielleicht kann sich der BFH in nächster Zeit doch noch dazu durchringen, den leidigen und ungeliebten Grundsatz generell aufzuheben. Wenn die Regel zur Ausnahme wird, sollte man nämlich prüfen, ob die Regel (noch) sinnvoll ist.
Die Fin-Verw hat jedenfalls reagiert und zumindest in einigen Bundesländern angewiesen, dass Fallgestaltungen, in denen eine Gewinntantieme gewährt wird und die variablen Vergütungsbestandteile 25 % der Gesamtvergütung überschreiten, nur noch aufzugreifen sind, wenn zusätzlich Zweifel an der Angemessenheit der Gesamtausstattung bestehen oder das Abweichen vom Regelaufteilungsmaßstab aus anderen Gründen ausnahmsweise als vGA-Indiz zu werten ist; s Vfg der OFD Ddf v 17.06.2004, DStR 2004, 1386; eine vergleichbare Anweisung besteht in Baden-Württemberg (nv). Dazu auch Neumann (in R/H/N, § 8 KStG Rn 1143ff).