Tz. 690
Stand: EL 112 – ET: 12/2023
In der Vergangenheit hatte die FinVerw die Abfindung einer Pensionsverpflichtung während der aktiven Dienstzeit des Ges-GF dann als betrieblich veranlasst anerkannt, wenn es dafür einen ausreichenden wirtsch Grund gab. Ein solcher Grund konnte in der bevorstehenden Veräußerung der Anteile, in einer geplanten Umw oder Liquidation zu sehen sein. Geänderte biometrische Verhältnisse aufgr der allg gestiegenen Lebenserwartung waren jedoch bereits in der Vergangenheit kein ausreichender betrieblicher Grund für eine vorzeitige Abfindung während der Anwartschaftsphase. Es bestand also zu keiner Zeit ein freies Wahlrecht, sich den erdienten Teil eines Pensionsanspruchs einfach auszahlen zu lassen.
Für die Zulässigkeit einer Abfindung war es ausreichend, wenn sie noch kurz vor der Auszahlung vereinbart wurde; die Abfindungsmöglichkeit musste nach bisheriger Verw-Auff also nicht von vornherein in der Pensionszusage vereinbart sein (ebenso s Urt des FG Münster v 23.03.2009, EFG 2009, 1779).
Zwischenzeitlich hat allerdings der BFH entschieden, dass es bei einer (vorzeitigen) Abfindung des Pensionsanspruchs notwendig ist, frühzeitig die Möglichkeit einer Abfindung im Vertrag vorzusehen; s Urt des BFH v 11.09.2013 (BStBl II 2014, 726) und v 23.10.2013 (BStBl II 2014, 729). Bei einem beherrschenden Ges-GF genügt nach Auff des BFH eine Vereinbarung über die Abfindung kurz vor deren Auszahlung nicht den Anforderungen einer klaren und eindeutigen Abmachung (dazu s auch Tz 566). Dies indiziere eine Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis; aA zuvor noch s Urt des FG Münster v 23.03.2009 (EFG 2009, 1779); die FinVerw war vor der og BFH-Rspr bundeseinheitlich dem FG Münster gefolgt. Im Übrigen geht der BFH wohl davon aus, dass es idR keine bedeutenden wirtsch Gründe gibt, die eine Abfindung notwendig machen könnten. Außerdem genüge die Zusage einer an Stelle der lfd Rente zu zahlenden einmaligen Kap-Abfindung nach Auffassung des BFH ohnehin nicht den Schriftlichkeitsanforderungen des § 6a Abs 1 Nr 3 EStG. Die FinVerw wendet nun die Rspr des BFH an. UE ist es aber angebracht, eine Vereinbarung während der Laufzeit noch als ausreichend anzusehen; es kann nicht zwingend gefordert werden, dass die Abfindungsmöglichkeit bereits im urspr Pensionsvertrag enthalten war; glA s Briese (DB 2014, 801/803), der eine "Karenzzeit" von zwei bis drei Jahren als ausreichend ansieht (ähnlich Pradl, GStB 2014, 156; demggü Otto, GmbHR 2014, 617/623, der in Anlehnung an die Erdienbarkeitsfrist von einer notwendigen Mindestzeit von zehn Jahren ausgeht). Mit einer entspr Vereinbarung wäre dann auch dem vom BFH problematisierten Schriftlichkeitsgebot Genüge getan. Im Zeitpunkt der Abfindung kann dies uE allerdings kein Problem mehr sein, da es dann sowieso nicht mehr um die Rückstellungsbildung geht. Auch ist es uE nicht zutr, das Vorliegen einer vGA mit einer Regelung in § 6a EStG zu begründen; hier werden bilanzielle Grundsätze der Rückstellung unzulässigerweise mit Fragen der außerbilanziellen Korrektur wegen einer vGA vermischt. Zu einer Konstellation, in der der Streit um das Vorliegen einer vGA in einem Abfindungsfall im falschen Jahr geführt wurde (nämlich nicht im Jahr der st-bilanziellen Aufwandsbuchung) s Urt des FG Münster v 15.02.2023 (EFG 2023, 715).
UE ist die Rspr des BFH zu eng. Dies gilt zunächst für die Auff, dass die Vereinbarung einer Abfindung ("ad hoc") kurz vor dem Abfindungszeitraum dem Fremdvergleich nicht entspreche. Wenn es einen wirtsch Grund für die Notwendigkeit einer Abfindung gibt (was uE bei einem bevorstehenden Anteilsverkauf der Fall ist), der im Zeitpunkt der Erteilung der Zusage noch nicht bekannt war, muss uE auch eine Vereinbarung vor dem Abfindungszeitpunkt noch möglich sein. Hier sollte auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass Abfindungsklauseln, die bereits in der urspr Pensionszusage enthalten sind, zu erheblichen Problemen bei der Anerkennung der Pensionsrückstellung führen (dazu s Tz 560ff). Aus der BFH-Rspr lässt sich uE auch nicht herauslesen, dass der BFH eine betriebliche Veranlassung von Abfindungszahlungen generell verneint. Die vom BFH entschiedenen Fälle hatten nämlich jeweils auch ihre Besonderheiten, auf die auch der BFH in seinen Urt-Begr immer wieder hingewiesen hat. So erfolgte die Auszahlung im Urt v 23.10.2013 eindeutig entgegen der vertraglichen Vereinbarungen (Auszahlung trotz Weiterbeschäftigung); auch im Urt v 11.09.2013 spricht der BFH (in Rn 17 der Urt-Gründe) von "Besonderheiten des Streitfalls". Die Argumentation des BFH, dass sich ein fremder Dritter (also ein Fremd-GF) auf die Abfindung des Anspruchs nicht eingelassen hatte (sog doppelter Fremdvergleich) trifft uE nicht zu. Arbeitnehmer haben sehr häufig ein Interesse, Ansprüche aus Altersversorgungen frühzeitig "zu versilbern". Dies gilt insbes dann, wenn sie gleichzeitig ihren Arbeitsplatz verlieren, mit dem sie die bisherigen Ansprüche aufgebaut haben. Der Umstand, dass keine zukünftigen Ansprüche mehr...