Tz. 140
Stand: EL 113 – ET: 03/2024
Bei Stiftungen kann sich das Stadium der Gründung über einen längeren Zeitraum, ggf auch über einen Jahreswechsel, hinziehen. Zur Entstehung einer rechtsfähigen Stiftung sind das Stiftungsgeschäft und die Anerkennung der Stiftung durch die zuständige Behörde des jeweiligen Bundeslandes erforderlich (s § 80 BGB). Nach R 1.1 Abs 4 S 4 KStR 2022 beginnt die StPflicht einer rechtsfähigen Stiftung durch deren Anerkennung. Nach der Rspr (s Urt des BFH v 17.09.2003, BStBl II 2005, 149) beginnt die StPflicht einer rechtsfähigen Stiftung spätestens mit der Erlangung der Rechtsfähigkeit und damit im Zeitpunkt der staatlichen Genehmigung (jetzt: Anerkennung). Für eine von Todes wegen errichtete Stiftung hat der BFH in diesem Urt den Beginn der StPflicht (und damit ggf auch die Möglichkeit, die Stiftung als st-begünstigte Kö anzuerkennen) unter Hinw auf § 84 BGB jedoch auf den Zeitpunkt des Vermögensanfalls zurück bezogen. Diese Rückwirkungsfiktion bezieht sich aber nur auf die zivilrechtliche Existenz der Stiftung als Kö, nicht aber automatisch auf deren StBefreiung nach § 5 Abs 1 Nr 9 KStG; eine solche kann frühestens ab dem Zeitpunkt greifen, ab dem eine den gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften entspr Satzung vorlag (s Urt des FG Rh-Pf v 06.06.2012, Az: 1 K 1357/09, und s Urt des BFH v 06.06.2019, BStBl II 2019, 782).
Nach der Rspr des BFH (s Urt des BFH v 11.02.2015, BStBl II 2015, 545) ist die Rückwirkungsfiktion des § 84 BGB (ab 01.07.2023: § 80 Abs 2 S 2 BGB) auf eine zu Lebzeiten des Stifters gegründete Stiftung nicht analog anzuwenden. Nach früher vertretener Rechts-Auff konnte ein Abzug von Zuwendungen in diesen Fällen bei den Stiftern jedoch schon dann vor einer ggf erforderlichen Genehmigung oder Anerkennung der Stiftung ausnahmsweise berücksichtigt werden, wenn vd Voraussetzungen erfüllt waren (Anerkennung einer mit der später tats entstandenen Stiftung als Einheit anzusehenden "Vorstiftung"; s Urt des FG Köln v 12.05.1999, EFG 1999, 834; aA s Urt des FG SchlH v 04.06.2009, EFG 2009, 1486 und s Urt des FG Ba-Wü v 08.02.2011, DStRE 2012, 537).
Nach dem Urt des BFH v 11.02.2015 (BStBl II 2015, 545) ist eine "Vorstiftung" zivilrechtlich nicht anzuerkennen und kann somit kein begünstigter Zuwendungsempfänger iSd § 5 Abs 1 Nr 9 KStG sein. Der BFH weist jedoch auf die Möglichkeit hin, die Interimsphase zwischen dem Stiftungsgeschäft und der Entstehung der endgültigen rechtsfähigen Stiftung durch die Gründung einer unselbständigen Stiftung zu überbrücken. Zu dem Urt des BFH v 11.02.2015 (aaO) s auch Schiffer/Pruns (BB 2015, 1756) und s Fiand (NWB 28/2015, 2061). Zu der vor Ergehen des Urt des BFH v 11.02.2015 (aaO) insoweit unklaren Rechtslage s Urt des FG Rh-Pf v 16.05.2018 (Az: 1 K 1355/16).
Zur Nichtanerkennung einer Zuwendung an eine Stiftung, die zum Zeitpunkt der Zuwendung noch nicht über eine den gemeinnützigkeitsrechtl Vorschriften entspr Satzung verfügte, s ebenso Urt des FG Rh-Pf v 31.10.2006 (Az: 1 K 1647/03).
Zum Zeitpunkt des Beginns der StPflicht einer unselbständigen gemeinnützigen Stiftung s Urt des BFH v 16.11.2011 (BFH/NV 2012, 786).