Tz. 127
Stand: EL 66 – ET: 06/2009
Zwischen der Übertragung der Anteile und der Zuführung neuen BV muss unstreitig ein zeitlicher Zusammenhang bestehen. Nach der urspr Verw-Auff (s Schr des BMF v 16.04.1999, BStBl I 1999, 455 Rn 12) ist grds nur neues BV zu berücksichtigen, das innerhalb von fünf Jahren nach dem stschädlichen AE-Wechsel zugeführt wurde. Wegen des Sonderfalls einer schädlichen BV-Zuführung durch den Altgesellschafter s Tz 138.
Dieser zweite im Schr des BMF genannte Fünf-Jahreszeitraum – auch hier sind Zeitjahre gemeint – beginnt nach Auff der Fin-Verw im Regelfall punktgenau an dem Tag, an dem die AE zu mehr als 50 % gewechselt haben. Wenn bereits der AE-Wechsel schrittweise erfolgt ist, verlängert sich diese bereits bestehende (bis zu fünf Jahre dauernde erste) Frist um eine, ebenfalls bis zu fünf Jahren dauernde zweite Frist.
Tz. 128
Stand: EL 66 – ET: 06/2009
Der BFH stimmt der Fin-Verw zwar darin zu, dass alle BV-Zuführungen, die im zeitlichen Zusammenhang mit dem stschädlichen AE-Wechsel erfolgen, in die Vergleichsberechnung gem § 8 Abs 4 S 2 KStG einzubeziehen sind. Wie nachstehend erläutert (s Tz 129), lehnt der BFH (s Urt des BFH v 14.03.2006, BStBl II 2007, 602; und s Urt v 29.04.2008, BFH/NV 2008, 1965) jedoch eine feste Prüffrist ab; er fordert eine auf den Einzelfall bezogene Prüfung dahingehend, ob zwischen den beiden in § 8 Abs 4 S 2 KStG genannten Merkmalen des mehrheitlichen AE-Wechsels und der Zuführung von überwiegend neuem BV ein zeitlicher Zusammenhang besteht, wovon er ausgeht, wenn nicht mehr als ein Jahr zwischen dem stschädlichen AE-Wechsel und der Zuführung von überwiegend neuem BV liegt.
Tz. 129
Stand: EL 98 – ET: 02/2020
Erstmals in der Begr des Urt des BFH v 26.05.2004 (BStBl II 2004, 1085), danach in dem Beschl des BFH v 15.12.2004 (BStBl II 2005, 528) und schließlich in den Urt des BFH v 14.03.2006 (BStBl II 2007, 602; dazu auch s Behrens, BB 2006, 1429) und v 29.04.2008 (BFH/NV 2008, 1965) fordert der BFH einen im Gesetz nicht erwähnten sachlichen Zusammenhang zwischen den beiden in § 8 Abs 4 S 2 KStG genannten Merkmalen des mehrheitlichen AE-Wechsels und der Zuführung von überwiegend neuem BV. Nach der Begründung des Urt des BFH v 14.03.2006 (BStBl II 2007, 602) ergibt sich dieses Zusatzerfordernis aus der sachlich gebotenen einschränkenden Auslegung des § 8 Abs 4 S 2 KStG (dazu auch s Beschl des BFH v 19.07.2010, BFH/NV 2011, 66). Danach verlangt ein sachgerechtes Normverständnis eine Beherrschung des Geschehensablaufs durch die beteiligten (alten und neuen) AE nach Maßgabe eines Gesamtplans (wg der Gesamtplan-Rspr zuletzt s Urt des BFH v 27.10.2005, BStBl II 2006, 359). Das FG Berlin-BB (s rkr Urt des FG Berlin-BB v 14.11.2007, DStRE 2008, 757) hat in dem Fall einen sachlichen Zusammenhang verneint, in dem der allein an der Verlust-GmbH beteiligte Ehemann seine Anteile an die Ehefrau abtrat und der Altgesellschafter im Folgejahr der GmbH ein Darlehen gewährte, das bei der GmbH zu überwiegend neuem BV führte.
In einem weiteren Urt führt das FG Bln-BB (s Urt des FG Bln-BB v 13.01.2010, EFG 2010, 1162; bestätigt durch das Urt des BFH v 23.02.2011, BFH/NV 2011, 1188) zum sachlichen Zusammenhang Folgendes aus:
"Ein sachlicher Zusammenhang besteht – unabhängig vom zeitlichen Moment – dann, wenn im Vorfeld ein Restrukturierungskonzept erarbeitet wird, wonach bestimmte Bereiche der bisherigen Unternehmensgruppe (Fortführungsbereiche) abgesondert, diese Bereiche unter dem einheitlichen Dach einer Holdinggesellschaft (zu beurteilenden Gesellschaft) gesammelt und sodann vom Rest der Unternehmensgruppe getrennt werden (Management-Buy-Out). Dabei reicht es aus, wenn der neue AE im Zeitpunkt seines Anteilserwerbs den objektiv vorhandenen sachlichen Zusammenhang zwi schen seinem Anteilserwerb und einer vorangegangenen Zuführung neuen BV erkennt, billigt und sich idS zu eigen macht, dass er mit der erworbenen Gesellschaft in dem neu begonnenen Geschäftsbetrieb (Holdinggesellschaft) zu arbeiten beginnt. Eine Steuerung des Gesamtplans (zumindest auch) durch den neuen AE ist dabei nicht erforderlich."
Wie der BFH ausführt, lässt sich der notwendige sachliche Zusammenhang regelmäßig bei Vorliegen eines zeitlichen Zusammenhangs vermuten. Die Vermutung greift danach umso eher, je kürzer der Zeitraum zwischen der Anteilsübertragung und der Zuführung des neuen BV ist. Wegen des sachlichen Zusammenhanges s auch rkr Urt des FG HH v 13.11.2018 (EFG 2019, 470).
Obwohl der BFH im konkreten Fall entschieden hat, dass, wenn zwischen dem mehrheitlichen AE-Wechsel und der Zuführung von überwiegend neuem BV ein Zeitraum von mehr als einem Jahr liegt (im Urt-Fall waren es ca 15 Monate), ein sachlicher Zusammenhang zwischen den beiden in § 8 Abs 4 S 2 KStG genannten Merkmalen nicht unterstellt werden kann, führt er in der Urt-Begründung aus, dass nicht uneingeschränkt denjenigen Stimmen in der Fachlit zu folgen sei, die einen engen zeitlichen Rahmen verlangen, der jedenfalls nicht über ein Jahr hinausgeh...