Andreas Benecke, Dr. Wendelin Staats
Tz. 400
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Abweichend von § 12 Abs 1 KStG ist in § 12 Abs 2 KStG für die sog Drittstaatsverschmelzung eine Ausnahme vom Entstrickungsgrundsatz vorgesehen. § 12 Abs 2 S 1 KStG regelt die Rechtsfolgen einer solchen Drittstaatsverschmelzung auf Gesellschaftsebene und § 12 Abs 2 S 2 KStG bestimmt die Rechtsfolgen auf der Gesellschafterebene. Beide Regelungsbereiche sind getrennt voneinander zu betrachten, da die Anwendungsbereiche für "Ausl-Verschmelzungen" nicht identisch sind.
4.1 Ebene der übertragenden Gesellschaft (§ 12 Abs 2 S 1 KStG)
4.1.1 Persönlicher Anwendungsbereich
Tz. 401
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Von § 12 Abs 2 S 1 KStG sind beschr stpfl übertragende Kö, Pers-Vereinigungen und Vermögensmassen erfasst, dh weder Sitz (s § 11 AO) noch Ort der Geschäftsleitung (s § 10 AO) dieser Rechtsträger befinden sich im Inl.
Tz. 402
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Für die übernehmende Kö gilt diese Beschränkung nicht. Der übernehmende Rechtsträger kann im Inl unbeschr stpfl sein. Es muss sich um eine Kö handeln; Pers-Vereinigungen und Vermögensmassen sind ausgeschlossen (s Kolbe, in H/H/R, § 12 KStG Rn 44). Da es sich jedoch hierbei um eine andere Kö desselben ausl Staates handeln muss (dh uE eine nach dem Recht desselben ausl Staates gegründete Gesellschaft), kann dies nur der Fall sein, wenn diese ihren Ort der Geschäftsleitung im Inl hat. Im dt IPR gilt für Staaten außerhalb des Gebiets der EU bzw des EWR, mit denen keine besonderen staatsvertraglichen Regelungen bestehen (zB Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag mit den USA), die modifizierte Sitztheorie des BGH mit der Folge, dass diese Rechtsträger nicht als Kö, sondern als Pers-Ges (GbR oder OHG) oder Einzelkaufmann anzusehen sind (s Tz 111).
Beispiel:
Die amerikanische X-Inc mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in New York hat in Bln eine BetrSt. Die X-Inc wird auf die Y-Inc mit Sitz in Delaware und Ort der Geschäftsleitung in Bln verschmolzen.
Lösung:
§ 12 Abs 2 S 1 KStG findet grds Anwendung, da es sich um eine Verschmelzung von zwei Kö desselben ausl Staates – entscheidend ist der statutarische Sitz – handelt und die Voraussetzungen des § 1 Abs 2 UmwStG 2006 nicht vorliegen.
Tz. 403
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Der übertragende und der übernehmende Rechtsträger dürfen nach § 12 Abs 1 S 2 Nr 4 KStG nicht die Voraussetzungen des pers Anwendungsbereichs des UmwStG 2006 in § 1 Abs 2 S 1 und 2 UmwStG 2006 erfüllen, dh
es darf sich bei den Rechtsträgern nicht um eine nach dem Recht eines EU/EWR-Staats gegründete Gesellschaft oder eine SE bzw SCE handeln,
oder
der Sitz (§ 11 AO) und/oder Ort der Geschäftsleitung (§ 10 AO) dürfen sich nicht in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat, auf den das EWR-Abkommen Anwendung findet, befinden.
Das UmwStG 2006 und § 12 Abs 2 KStG haben insoweit keine überschneidenden Anwendungsbereiche.
4.1.2 Sachlicher Anwendungsbereich
Tz. 404
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers muss als Ganzes auf eine übernehmende Kö desselben (s Tz 402) ausl Staates durch einen Vorgang übertragen werden, der mit einer Verschmelzung iSd des § 2 UmwG vergleichbar ist. Grenzüberschreitende Verschmelzungen im Ausl sind demzufolge nicht von § 12 Abs 2 S 1 KStG erfasst (s Dötsch/Pung, DB 2648, 2650). Die Vermögensübertragung als Ganzes liegt in der Rechtsnatur einer Verschmelzung, so dass es im Wes auf die Vergleichbarkeit mit einer Verschmelzung iSd § 2 UmwG ankommt. Ausl Aufspaltungen und Abspaltungen werden nicht von § 12 Abs 2 KStG erfasst.
Da es auf die Vergleichbarkeit des Vorgangs (und nicht auf ausl Vorschriften) ankommt, hat uE die Vergleichbarkeitsprüfung nach den gleichen Grundsätzen wie bei der Prüfung vergleichbarer ausl Vorgänge iSd des § 1 Abs 1 Nr 1 UmwStG 2006 zu erfolgen.
Tz. 405
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Wie bei Umwandlungen iSd § 1 UmwStG 2006 (s § 1 UmwStG Tz 95) ist uE auch im Anwendungsbereich des § 12 Abs 2 KStG die Maßgeblichkeit des Gesellschaftsrechts zu beachten, dh der ausl Vorgang muss nach dem jeweiligen Personalstatut der beteiligten Rechtsträger gesellschaftsrechtlich zulässig sein.
Für die Beurteilung der gesellschaftsrechtlichen Zulässigkeit der ausl Verschmelzung sind die Behörden des ausl Staates (idR ausl Register-Beh) zuständig. Der registerrechtlichen Entsch im Ausl kommt daher entspr der Rn 01.07 UmwSt-Erl 2011 eine grds Bedeutung für deren gesellschaftsrechtliche Zulässigkeit zu (s Hahn, in Reform des UmwStR Rn 771).
Die Prüfungskompetenz, ob der ausl Vorgang mit einer Verschmelzung iSd § 2 UmwG vergleichbar ist, hat jedoch ausschl die im Einzelfall zuständige inl Fin-Beh.
Tz. 406
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Ein ausl Umwandlungsvorgang ist vergleichbar, wenn er dem Wesen nach einer Verschmelzung iSd § 2 UmwG entspr. Für die Beurteilung des ausl Umwandlungsvorgangs sind folgende Kriterien zu beachten:
- die beteiligten Rechtsträger (aktive und passive Umwandlungsfähigkeit), s § 1 UmwStG Tz 98ff,
- die Rechtsnatur bzw die Rechtsfolgen des Um...