Tz. 16
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
§ 32a Abs 1 KStG ermöglicht einen Erlass, eine Aufhebung oder eine Änderung eines Steuer- oder Feststellungsbescheids gegenüber dem Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person. Hauptfall in der Praxis wird dabei die Änderung eines ergangenen und bestandskräftigen ESt-Bescheids eines AE sein.
Beispiel:
Bei der V-GmbH findet im Jahr 07 eine Bp für die Jahre 02 bis 04 statt. Die St-Bescheide gegenüber der V-GmbH sind bisher unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen (§ 164 Abs 1 AO). Der Betriebsprüfer stellt fest, dass im Jahr 03 eine vGA der V-GmbH an ihren Gesellschafter in Form eines überhöhten GF-Gehaltes erfolgt ist. Der ESt-Bescheid des V für 03 enthält keinen Vorbehalt der Nachprüfung; der tats ausbezahlte Arbeitslohn ist in diesem Bescheid als Arbeitslohn versteuert.
Lösung:
Da der (überhöhte) Arbeitslohn im ESt-Bescheid des V bisher in voller Höhe der ESt unterworfen wurde, führt der Ansatz der vGA bei ihm zu niedrigeren Eink als bisher. Die vGA wird nämlich nur tw angesetzt (s § 3 Nr 40 S 1 Buchst d EStG; bis 2008: zur Hälfte; ab 2009: zu 60 % bzw mit dem Abgeltung-St-Satz von 25 %). Der ESt-Bescheid des V kann nach § 32a Abs 1 KStG geändert werden.
Mit der ges Regelung ist gewährleistet, dass die Steuerbegünstigungen des Teil- oder Halb-Eink-Verfahrens auf AE-Ebene immer gewährt werden können, wenn bei der Kö eine vGA festgestellt und besteuert wird. Zu besonderen Fragen im Anwendungsbereich der Abgeltung-St s Tz 43d.
Tz. 17
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
Daneben ist es möglich, einen Bescheid gegenüber dem AE nicht nur zu ändern, sondern auch erstmals zu erlassen oder aufzuheben. Ein erstmaliger Erlass eines Bescheids ist zB denkbar, wenn ein AE vor Aufdeckung einer vGA lediglich Eink aus nichtselbständiger Arbeit bezogen und deshalb weder zwangsweise noch antragsgemäß eine ESt-Erklärung abgegeben hat (s § 46 EStG). Eine Aufhebung kommt zB vor, wenn in einem solchen Fall zunächst gegenüber der Kö eine vGA angesetzt wurde, das FA dies dann aber in einem Rb-Verfahren wieder zurücknimmt (und dann den Bescheid gegenüber der Kö zu deren Gunsten ändert; s Tz 19). Liegen die Voraussetzungen für eine Pflicht- oder eine Antragsveranlagung gegenüber dem AE dann nicht mehr vor, ist der gegen ihn ergangene ESt-Bescheid wieder aufzuheben.
Tz. 18
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
§ 32a Abs 1 KStG ist aber auch dann anwendbar, wenn sich die Änderung zuungunsten des AE auswirkt.
Beispiel:
Die X-GmbH hat ihrem Ges-GF X im Jahr 03 um 100 000 EUR verbilligt ein Grundstück veräußert. Der Sachverhalt wird im Jahr 07 durch eine Bp bei der GmbH aufgedeckt (Bescheide unter Vorbehalt der Nachprüfung). Dem Veranlagungs-FA des Gesellschafters X waren die Umstände der Grundstücksveräußerung allerdings bekannt, ohne dass daraus Folgerungen gezogen worden sind. Der ESt-Bescheid des X ist bestandskräftig.
Lösung:
Die vGA beim Gesellschafter X führt in diesem Fall zu einer höheren Steuer. Die Eink aus KapV erhöhen sich um 50 000 EUR (bisher kein Ansatz; anders als im Fall des überhöhten Arbeitslohns). Da dem Veranlagungs-FA des X die Umstände der Veräußerung bekannt waren, kommt eine Änderung des ESt-Bescheids nach § 173 Abs 1 Nr 1 AO jedoch nicht in Betracht (keine neue Tatsache). Auch eine andere Korrekturvorschrift griff bisher nicht ein.
Durch § 32a Abs 1 KStG wird diese Korrekturmöglichkeit (zuungunsten des Gesellschafters) eröffnet.
Tz. 19
Stand: EL 86 – ET: 05/2016
§ 32a Abs 1 KStG kommt auch dann zur Anwendung, wenn zunächst eine Änderung des Bescheids des AE hinsichtlich einer vGA vorgenommen wurde, das FA die vGA gegenüber der Kö durch einen Änderungsbescheid (zB im Rb-Verfahren) dann aber wieder zurücknimmt. In diesem Fall kann der zunächst vorgenommene Ansatz einer vGA beim AE verfahrensrechtlich nach § 32a Abs 1 KStG wieder korrigiert werden. § 32a Abs 1 KStG setzt nämlich nur voraus, dass der St-Bescheid gegenüber der Kö "hinsichtlich der Berücksichtigung einer vGA erlassen, aufgehoben oder geändert wird". Dies schließt auch die Korrektur einer bereits angesetzten vGA mit ein (also wenn das FA der Kö die Annahme einer vGA "zurücknimmt"). Dabei ist die Änderung auch dann vorzunehmen, wenn sich diese erneute Änderung jetzt zuungunsten des AE auswirkt und zB statt einer nur tw stpfl vGA (Abgeltungsteuer, Teil-Eink-Verfahren) nun wieder voll stpfl Arbeitslohn angesetzt werden muss.
Ebenso ergibt sich eine Änderungsmöglichkeit, wenn die vGA zwar bereits bisher sowohl bei der Kö als auch beim AE angesetzt wurde, sich aber nachträglich die Höhe der vGA ändert (zB wenn das FA einem Einspruch der Kö tw stattgibt, in dem es die vGA wegen eines überhöhten GF-Gehalts niedriger ansetzt; dann kann in der Folge auch der ESt-Bescheid des AE geändert und der anzusetzende Arbeitslohn wieder erhöht und die Einnahmen aus KapV vermindert werden).
Der Umstand, dass die Kö gegen den KSt-Bescheid, in dem die vGA angesetzt wurde, Einspruch eingelegt hat, verhindert die Anwendbarkeit von § 32a Abs 1 KStG auf Gesellschafter...