Tz. 911
Stand: EL 79 – ET: 12/2013
Ist ein Gesellschafter im satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand der Kap-Ges tätig, besteht eine gewisse Vermutung dafür, dass die Geschäftschance der Gesellschaft zuzuordnen ist (ebenso s Wassermeyer, GmbHR 1993, 332 und s Schr des BMF v 04.02.1992, BStBl I 1992, 137; zu Fragen der Geschäftstätigkeit und des Unternehmensgegenstand einer GmbH auch s Sina, GmbHR 2001, 661). Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar; es muss also für die Kap-Ges nachweisbar sein, dass sie die konkrete Geschäftschance zB wegen Kapazitätsauslastung nicht ausnutzen konnte (Umkehr der Beweislast; s Pezzer, FR 1995, 906). Dabei muss uE aber berücksichtigt werden, ob trotz einer bestehenden Kapazitätsauslastung ohne größere Probleme eine Ausweitung der Kapazitäten möglich wäre (Anschaffung von Maschinen, Einstellung von zusätzlichem Personal, Aufnahme von Bankdarlehen). Allerdings muss dabei natürlich berücksichtigt werden, ob diese zusätzlichen Kapazitäten auch nach der Abwicklung des konkret zu beurteilenden Geschäfts/Auftrags noch genutzt werden können oder ob durch einen möglicherweise später notwendigen Kapazitätsabbau zusätzliche Kosten entstehen.
Tz. 912
Stand: EL 79 – ET: 12/2013
Eine rein formale Orientierung am satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand kann allerdings nicht ausschlaggebend für den Ansatz einer vGA sein (s Gosch in Gosch, KStG, 2. Aufl, § 8 Tz 853). Dies gilt uE insbesondere in Fällen, in denen eine Kap-Ges einen sehr weiten Unternehmensgegenstand hat (zB Dienstleistungen aller Art), sich tats in ihrer Geschäftstätigkeit dann aber auf einen eher begrenzten Teilbereich davon beschränkt (und auch nur in diesem und für diesen Teilbereich Wissen, Kenntnisse, Personal und Sachmittel hat). Verfügt eine Kap-Ges demgegenüber über freie Kapazitäten, wird sie eine Geschäftschance, die sich in ihrem Geschäftsbereich auftut, auch selbst nutzen, um zu einer Auslastung ihrer Kapazitäten zu kommen. Dies gilt selbst dann, wenn sie aus dem Geschäft keinen Gewinn machen kann, die bessere Auslastung ihr aber hilft, Verluste aus Überkapazitäten zu vermeiden (Stillstandszeiten von Maschinen; Lohnaufwand für beschäftigungsloses Personal; Sozialplanaufwand für den ansonsten notwendigen Abbau von Überkapazitäten usw). Ggf muss auch geprüft werden, inwieweit Sachmittel (zB durch kurzfristige Anmietung), Personal (zB über Zeitarbeitsfirmen) und finanzielle Mittel (Bankdarlehen) für die Kap-Ges beschaffbar wären, um eine Geschäftschance ggf selbst nutzen zu können, wenn die Kapazitäten derzeit nicht ausreichen.
Tz. 913
Stand: EL 79 – ET: 12/2013
Es kann vom Gesellschafter allerdings nicht verlangt werden, zur Finanzierung des Aufbaus von zusätzlichen Kapazitäten Gesellschaftereinlagen zu leisten oder zinsgünstige Darlehen zu gewähren, wenn die Kap-Ges über Banken keine zusätzlichen Finanzierungsmöglichkeiten mehr hat. Es obliegt der unternehmerischen Finanzierungsfreiheit, ob und in welcher Weise er seine Kap-Ges ausstattet, um sich ihr bietende Geschäfte durchführen zu können (s Rengers, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 8 KStG Tz 799). Lässt sich eine Geschäftschance durch die Kap-Ges also nur unter Einsatz von Kapazitäten ausführen, über die zwar nicht die Kap-Ges, aber ihr Gesellschafter verfügt, ist dies ein bedeutsames Indiz für die Zuordnung der Geschäftschance zum Gesellschafter.
Andererseits kann einer Kap-Ges aber auch eine Geschäftschance außerhalb ihres Satzungsgegenstands und ihrer tats Unternehmenstätigkeit zuzuordnen sein (sog Einmalchancen; dazu s Tz 916).
Tz. 914
Stand: EL 79 – ET: 12/2013
Steht eine Geschäftschance sowohl der Kap-Ges als auch dem Gesellschafter zu, kann die Nutzung durch den Gesellschafter nicht zu einer vGA führen. Bei einer derartigen gemeinsamen Geschäftschance könnte die Kap-Ges auch einen fremden Dritten nicht an der Wahrnehmung der Geschäftschande hindern (s Urt des FG Rh-Pf vom 26.02.1985, EFG 1986, 200 zum unterlassenen Mitbieten bei einer Zwangsversteigerung).