Lars Leibner, Ewald Dötsch
Tz. 41
Stand: EL 116 – ET: 12/2024
Durch die rückwirkende Neufassung des § 8c Abs 1 KStG durch das UStAVermG (s Tz 37) wurde die zuvor noch bestehende zweistufige Verlustabzugsbeschränkung aufgehoben. Nach § 8c Abs 1 KStG aF galt dabei folgendes:
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Bei einem schädlichen Beteiligungserwerb von mehr als 25 % bis einschl 50 % kam es zu einem entspr anteiligen Verlustuntergang. |
2. |
Bei einem schädlichen Beteiligungserwerb von mehr als 50 % ging der Verlustabzug vollständig unter. |
Durch die Neuregelung gilt nunmehr für alle offenen Jahre folgendes:
§ 8c Abs 1 S 1 KStG lässt den mehr als 50%igen Beteiligungserwerb durch einen Erwerber bei einer Verlust-Kö als Anlass für eine vollständige Streichung eines noch nicht verbrauchten kstlichen Verlustabzugs ausreichen. Anders als früher bei § 8 Abs 4 KStG spielt bei § 8c Abs 1 KStG die Zuführung von überwiegend neuem BV für den Untergang des Verlusts keine Rolle.
Die 50 %-Grenze hat einen gesellschaftsrechtlichen Hintergrund (sog Change-of-control-Konzept). Bei einer Beteiligung von mehr als 50 % kann der AE einfache Mehrheitsbeschl selbst fassen. UE darf dieses Change-of-control-Konzept bei der Anwendung des § 8c Abs 1 KStG nicht überbetont werden. Ein schädlicher Beteiligungserwerb liegt nicht vor beim Überspringen der 50 %-Grenze durch einen kleinen Hinzuerwerb (zB Aufstockung einer bereits seit mehr als fünf Jahren gehaltenen 40%igen Beteiligung auf 55 %), sondern nur dann, wenn der schädliche Beteiligungserwerb selbst die 50 %-Grenze übersteigt, wobei Erwerbe innerhalb eines Fünfjahreszeitraums zu addieren sind. Krit dazu s Neumann (in R/H/N, § 8c KStG Rn 14). Nach Auff des FG Münster (s Urt v 23.08.2023, EFG 2023, 1644 mit Urt-Anm Oellerich, s auch Tetzlaff, NWB 2024, 652; anhängige Rev, BFH-Az: I R 53/23) liegt allerdings kein schädlicher Beteiligungserwerb iSd § 8c Abs 1 S 1 KStG vor, wenn zwar innerhalb von fünf Jahren durch Anteilsübertragungen und vergleichbare Sachverhalte im Ergebnis mehr als die Hälfte der Anteile übertragen werden, aber es nicht zu einem Change-of-control innerhalb der Kö kommt. Im Urt-Fall wurden zwar innerhalb von fünf Jahren wiederholt Anteile übertragen, der Mehrheits-Gesellschafter hatte aber zu keinem Zeitpunkt weniger als 60 % der Anteile an der Verlust-Kö. Das FG Münster reduziert in seiner Entsch den Wortlaut des § 8c Abs 1 S 1 KStG aus teleologischen Gründen. Auch das FG Nds (s Urt v 13.09.2012, EFG 2012, 2311) stellte bereits darauf ab, dass der Erwerber zu irgendeinem Zeitpunkt durch die Erwerbsvorgänge über der Beteiligungsgrenze des § 8c KStG (damals noch mehr als 25 %) an der Kö beteiligt sein muss. Tragend war für das FG Nds auch damals der Gedanke des Change-of-control (dazu s Tz 112).
UE ist der Auff des FG Münster nicht zu folgen. Das maßgebliche Tatbestandsmerkmal, welches die ges vorgesehene Rechtsfolge des Verlustuntergangs auslöst, ist der AE-Wechsel. Der Wortlaut des § 8c Abs 1 S 1 KStG ist insofern eindeutig und bedarf mangels planwidriger Ges-Lücke keiner Auslegung. Die wirtsch Identität einer Kö stellt – im Gegensatz zur Vorgängerregelung des § 8c KStG, dem § 8 Abs 4 KStG aF – aus Gründen der Vereinfachung bewusst kein Tatbestandsmerkmal dar (s BT-Drs 16/4841, 75). Auch der Begriff der Beherrschung ist nicht in den Wortlaut des Ges eingeflossen. Laut Ges-Begr zur Einführung des § 8c KStG (s BT-Drs 16/4841, 76) liegt der Regelung der Gedanke zugrunde, dass sich die wirtsch Identität einer Gesellschaft durch das wirtsch Engagement eines anderen AE ändert. Aus diesem Normzweck ergibt sich aus Sicht des FG Münster der Gedanke des Change-of-control. Der Ges-Geber hat allerdings eine derartige Voraussetzung nicht in § 8c KStG mit aufgenommen. Bei allg Anwendung des Change-of-control-Gedankens könnte trotz Erfüllung der ges festgeschriebenen Tatbestandsmerkmale eines Beteiligungserwerbs von mehr als 50 % der Eintritt der Rechtsfolge verhindert werden. Folgerichtig müsste zwar dann auch bei geringeren Hinzuerwerben (von unter 50 %), die zu einer Überschreitung einer Beteiligungshöhe iHv 50 % und damit zu einer veränderten wirtschaftlichen Identität der Kö führen, ein schädlicher Beteiligungserwerb iSd § 8c KStG angenommen werden. Beispielsweise müsste die Aufstockung einer bereits seit mehr als fünf Jahren gehaltenen 40 %-igen Beteiligung auf 55 % zum vollständigen Verlustuntergang führen. Dies wird aber derzeit durch den Ges-Wortlaut verhindert, da kein Beteiligungserwerb von mehr als 50 % vorliegt, sondern lediglich iHv 15 %. So ist uE auch die Entsch des FG Münster zu verstehen, dass neben dem ges Tatbestandsmerkmal des Beteiligungserwerbs von mehr als 50 % innerhalb von fünf Jahren auch noch der Change-of-control-Gedanke erfüllt sein muss (= Erwerber wird durch den Beteiligungserwerb Mehrheitsgesellschafter).
Wegen der durch das WachstumsBG mit erstmaliger Wirkung für einen schädlichen Beteiligungserwerb nach dem 31.12.2009 eingefügten Ausnahmeregelung, wonach der Verlustabzug iHd im inl BV der Verlust-Kö vorhandenen stil...