Tz. 70
Stand: EL 54 – ET: 07/2005
§ 23 Abs 4 S 1 UmwStG schafft einen neuen Einbringungstatbestand im EU-Bereich für den Tausch von Kap-Anteilen in Erweiterung der (Anteils-)Einbringung iSd § 20 Abs 1 S 2 UmwStG. Hinsichtlich der Rechtsfolgen wird die Grundsystematik der Behandlung von Inl-Einbringungen übernommen und eine entspr Anwendung bestimmter Rechtsfolgen des § 20 UmwStG bestimmt (Übersicht über die Unterschiede der Anteilseinbringungen s Tz 77).
Eine eigene Rechtsfolge des Anteilstauschs im EU-Bereich - außerhalb der Verweisung auf § 20 UmwStG - enthält nur § 23 Abs 4 S 2 UmwStG. Danach gilt für den Einbringenden der Tw der eingebrachten Anteile als Veräußerungspreis, wenn bei Einbringung für die erworbenen Anteile kein inl Besteuerungsrecht besteht (s Tz 117). Diese Regelung korrespondiert mit § 20 Abs 3 UmwStG für die Inl-Einbringungen. Die Vollaufdeckung der stillen Reserven bei Verlust des Besteuerungsrechts infolge des Anteilstauschs dient der Sicherstellung der letztendlichen Besteuerung vom im Inl stverstrickten stillen Reserven. UE ist diese Regelung auch mit den Vorgaben der EG-Fusionsrichtlinie vereinbar (str, glA s W/M, § 23 UmwStG Tz 277; Merkert in Bordewin/Brandt, § 23 UmwStG Tz 18 und 31; aA s H/B, UmwStG, 2. Aufl, § 23 UmwStG Tz 93 mwNachw). Wie schon in der Präambel zur EG-Fusionsrichtlinie vermerkt, muss die stliche Regelung über die von der Richtlinie erfassten Umstrukturierungen - also auch den Anteilstausch - die finanziellen Interessen des Staats der erworbenen Gesellschaft ›wahren‹. Dies gebietet es, die St-Neutralität eines Anteilstauschs zu versagen, wenn ansonsten dem Staat, in dem die eingebrachten Kap-Anteile stverstrickt waren, Besteuerungssubstanz entzogen würde (aus der EG-Fusionsrichtlinie abzuleiten, die bestehenden Regelungen zur beschr Stpfl - § 49 EStG - auszudehnen, geht uE zu weit). Auch die Regelung in Art 8 Abs 2 der EG-Fusionsrichtlinie zeigt, dass die St-Neutralität des Anteilstauschs von den Gedanken getragen wird, dass die gewährten Anteile in dem Staat weiterhin stverstrickt sind, der auch bisher das Besteuerungsrecht für die eingebrachten Anteile hatte. Die tats Erfassung der stillen Reserven bei der Besteuerung muss allerdings aus eu-rechtlichen Gründen verhältnismäßig sein (s Tz 120).
Tz. 71
Stand: EL 54 – ET: 07/2005
Hinsichtlich des Gegenstands der eingebrachten Beteiligung an einer EU-Kap-Ges wird in § 23 Abs 4 S 1 UmwStG auf Anteile iSd § 20 Abs 1 S 2 UmwStG verwiesen. Danach sind alle mehrheitsvermittelnden Beteiligungen begünstigt. Nach der EG-Fusionsrichtlinie ist der Austausch von Anteilen als Vorgang definiert (s Art 2 Buchst d), ›durch den eine Gesellschaft am Gesellschafts-Kap einer anderen Gesellschaft eine Beteiligung erwirbt, die ihr die Mehrheit der Stimmrechte verleiht, ...‹. Der deutsche Gesetzgeber hat durch § 23 Abs 4 UmwStG den Anwendungsbereich des Anteilstauschs über die Vorgabe der EG-Fusionsrichtlinie hinaus erweitert. Während nämlich nach EU-Recht vom Anteilstausch nur der Erwerb einer Stimmrechtsmehrheit erfasst wird, ist durch die Bezugnahme auf § 20 Abs 1 S 2 UmwStG auch die Einbringung als Aufstockung einer bereits vorhandenen Stimmrechtsmehrheit begünstigt (s Tz 91). Diese ›Übererfüllung‹ der Richtlinienvorgabe verursacht keinen Konflikt mit der EG-Fusionsrichtlinie (s W/M, § 23 UmwStG Tz 380). Da in Fällen der Inl-Einbringungen ebenfalls die Grundsätze der mehrheitsvermittelnden Beteiligung gelten, besteht auch keine Benachteiligung oder Bevorteilung im Vergleich zum Anteilstausch gem § 23 Abs 4 UmwStG (dh keine Inländer- oder Ausländerdiskriminierung).
Tz. 72
Stand: EL 54 – ET: 07/2005
Die Anwendung des § 23 Abs 4 S 1 UmwStG wird ausgeschlossen, wenn die Übernehmerin dem Einbringenden neben den Anteilen eine zusätzliche Gegenleistung erbringt, deren Wert 10% des Nennwerts der gewährten Anteile übersteigt (s § 23 Abs 4 S 3 UmwStG). Eine derartige Beschränkung ist bei der Einbringung mehrheitsvermittelnder Anteile in eine inl Kap-Ges nicht enthalten (s § 20 UmwStG nF Tz 148). Die Regelung in § 23 Abs 4 S 3 UmwStG entspr der Definition des Anteilstauschs in Art 2 Buchst d der EG-Fusionsrichtlinie. Danach ist ein Anteilstausch nur dann gegeben, wenn die Übernehmerin neben den Anteilen auch eine bare Zuzahlung leistet; diese darf 10% des Nennwerts der gewährten Anteile nicht überschreiten. Der deutsche Gesetzgeber hat die Bestimmung der EG-Fusionsrichtlinie hinsichtlich der Zusatzleistungen zutr und richtlinienkonform umgesetzt. Er hat die Möglichkeiten vollständig ausgenutzt; denn gem Art 8 Abs 4 der EG-Fusionsrichtlinie waren die Mitgliedstaaten nicht gehindert, eine bare Zuzahlung zu besteuern. Darüber hinaus steht gem § 23 Abs 4 S 3 UmwStG der Anwendung des § 23 Abs 4 S 1 UmwStG nicht nur eine bare Zuzahlung von bis zu 10% des Nennwerts der neuen Anteile nicht entgegen. Jegliche Art der zusätzlichen Gegenleistung (zB Einräumung einer Forderung gegen die Übernehmerin oder Übernahme einer Verbindlichkeit des Einbringenden) wird er...