Tz. 62
Stand: EL 46 – ET: 10/2002
Wird bei einer Einbringung der Tw angesetzt, ist für die weitere Besteuerung des eingebrachten Vermögens bei der Übernehmerin § 22 Abs 3 UmwStG anzuwenden. Nach der Gesetzessystematik ist hier jedoch – im Gegensatz zur Einbringung zum Bw oder Zwischenwert (s Tz 21, 45) – hinsichtlich der Rechtsfolgen danach zu unterscheiden, ob die Sacheinlage im Wege der Einzelrechtsnachfolge oder im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach den Vorschriften des UmwG erfolgte. Im ersten Fall (s § 22 Abs 3, 1 HS UmwStG) wird eine Anschaffung durch die aufnehmende Kap-Ges fingiert, so dass die weitere Besteuerung sich nach den allgemeinen Gewinnermittlungsgrundsätzen richtet, wie sie für entgeltliche Erwerbsgeschäfte gelten (s Tz 69ff). Im zweiten Fall (s § 22 Abs 3, 2 HS iVm Abs 2 UmwStG) tritt die aufnehmende Kap-Ges die stliche Rechtsnachfolge an, wie sie bei einer Einbringung zu Zwischenwerten greift.
Tz. 63
Stand: EL 46 – ET: 10/2002
Die Problematik hinsichtlich der Anwendung des § 22 Abs 3 UmwStG besteht darin, dass der stliche Tatbestand der Vorschrift von zivilrechtlichen Begriffen (nämlich Einzelrechtsnachfolge; Gesamtrechtsnachfolge nach dem UmwG) abhängig gemacht wird, deren Begriffsinhalte nicht ganz eindeutig sind (kritisch: s Patt/Rasche, FR 1995, 432 (437)). Zum anderen enthalten die Begriffe Einzelrechtsnachfolge und Gesamtrechtsnachfolge nach dem UmwG nicht alle zivilrechtlichen Möglichkeiten, eine Sacheinlage iSd §§ 20 Abs 1, 22 Abs 1 und 2 und 25 UmwStG zu erbringen. Erfolgt demnach eine Einbringung durch einen Vorgang, der den in § 22 Abs 3 UmwStG genannten Einbringungsarten nicht direkt zugerechnet werden kann, muss eine Zuordnung zu der einen oder anderen Kategorie vorgenommen werden. Denn entweder führt die Übernahme der WG unter Aufdeckung aller stillen Reserven zu einem Anschaffungsgeschäft oder zu einer eingeschränkten Rechtsnachfolge. Eine dritte Alternative ist nicht vorgesehen. Bei der Qualifizierung einer in § 22 Abs 3 UmwStG nicht genannten Einbringungsart ist bei einer Auslegung auch der Sinn und Zweck der Vorschrift sowie die historische Entwicklung der Rechtsnorm zu beachten. Schließlich hat § 22 Abs 3 UmwStG in der vorliegenden Fassung keine Vorgängervorschrift im UmwStG 1977 und steht in enger Beziehung zu der grundlegenden Neugestaltung der handelsrechtlichen Umwandlungsmöglichkeiten im UmwG (s Tz 2).
5.2.1 Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge
Tz. 64
Stand: EL 46 – ET: 10/2002
Eine Einbringung erfolgt durch Einzelrechtsnachfolge, wenn iR einer Sachgründung der aufnehmenden Kap-Ges oder einer Sach-Kap-Erhöhung bei der Übernehmerin die Vermögensgegenstände einzeln nach den jeweils abhängig von der Beschaffenheit der Sachen, Rechte und Verbindlichkeiten geltenden gesetzlichen Vorschriften übertragen werden (s § 20 UmwStG Tz 128). Erfolgt eine Einzelübertragung im Zusammenhang mit einer Umwandlung nach dem UmwG, s Tz 68.
Tz. 65
Stand: EL 56 – ET: 04/2006
Fraglich ist, ob die Einbringung im Wege der Anwachsung (s § 20 UmwStG Tz 129) zur Einzelrechtsnachfolge zählt. Da die Anwachsung zivilrechtlich weder eine Einzelübertragung darstellt, noch eine Gesamtrechtsnachfolge iSd UmwG ist, muss im Wege der Auslegung eine Zuordnung der Einbringung durch Anwachsung der in § 22 Abs 3 UmwStG genannten Einbringungsarten erfolgen (s Tz 63). Die Auff im Fachschrifttum sind uneinheitlich; nach uE zutr Auff ist die Anwachsung wie eine Einbringung durch Einzelrechtsnachfolge (s § 22 Abs 3, 1 HS UmwStG) zu behandeln (glA s Schmitt/Hörtnagl/Stratz, 3. Aufl, § 22 UmwStG Tz 70; Wacker, Beilage 8 zu BB 1998, 12; Schr des BMF v 25.03.1998, BStBl I 1998, 268, Tz 22.14; aA s W/M, § 22 UmwStG Tz 228; Merkert in Bordewin/Brandt, § 22 UmwStG Tz 32; H/B, UmwStG 2. Aufl, Tz 45). Die Anwachsung ist der Gesamtrechtsnachfolge insoweit vergleichbar, als auch hier Vermögensgegenstände durch einen einheitlichen Akt ohne Notwendigkeit von Einzelübertragungen übergehen. Die zivilrechtliche Einordnung der Anwachsung ist nicht ganz geklärt, weswegen sie tw auch als Sonderrechtsnachfolge bezeichnet wird (s Orth, DStR 1999, 1011 (1012f) mwNachw). Der Vermögensübergang bei einer Einbringung im Wege der Anwachsung ist durch einen Wechsel von Gesamthandseigentum in Alleineigentum der aufnehmenden Kap-Ges bestimmt (s §§ 738 BGB, 105 Abs 3 HGB). Es handelt sich zwar um einen Vermögenstransfer kraft Gesetzes; aber nicht um eine Gesamtrechtsnachfolge ›nach den Vorschriften des UmwG‹ iSd § 22 Abs 3, 2 HS UmwStG. Dies alleine bedeutet im Umkehrschluss noch nicht zwingend, dass die Anwachsung der Einzelrechtsnachfolge zugeordnet werden müsste. Aus der Entstehung des UmwStG 1995 ergibt sich jedoch eindeutig, dass der Gesetzgeber tats die Rechtsfolgen des § 22 Abs 3, 2. HS UmwStG nur auf die Einbringungen nach dem UmwG (Verschmelzung, Spaltung und Formwechsel) bezogen haben wollte. Hinsichtlich aller übrigen Fälle der Sacheinlage sollte es bei dem bisherigen Rechtszustand wie im UmwStG 1977 (dh Anschaffungsprinzip) bleiben. In einer frühen Fassung der Regelung des § 22 Abs...