Andreas Benecke, Dr. Wendelin Staats
Tz. 510
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 Abs 3 KStG ist § 11 KStG entspr anzuwenden. § 11 KStG regelt die Schlussbesteuerung einer Kö bei Liquidation.
Die entspr Anwendung des § 11 KStG auf die in § 12 Abs 3 KStG geregelten Sachverhalte bereitet Schwierigkeiten, weil sich die Sachverhalte, die stlich gleich behandelt werden sollen, inhaltlich stark unterscheiden. Bei der Liquidation werden das KSt-Subjekt abgewickelt und das Vermögen an die AE verteilt. Bei der Verlegung des Sitzes oder des Orts der Geschäftsleitung scheidet die Kö, Pers-Vereinigung oder Vermögensmasse lediglich aus der unbeschr KStPflicht im Gebiet der EU bzw des EWR aus; tats wird jedoch kein Vermögen an die AE ausgekehrt.
Tz. 511
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Die Rechtsfolge des § 12 Abs 3 KStG, die Grundsätze der Liquidationsbesteuerung entspr anzuwenden, muss uE vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der Schaffung des § 12 Abs 1 KStG aF bzw seiner Vorgängervorschriften noch unbestrittenen dt Sitztheorie gesehen werden, wonach die Sitzverlegung ins Ausl als Beendigung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft zu werten war. Nach dem neuen § 12 Abs 3 KStG wird jedoch nicht mehr nur auf den Sitz oder Ort der Geschäftsleitung in der B-Rep, sondern innerhalb des Gebiets der EU bzw des EWR abgestellt. Innerhalb des Gebiets dieser Staaten gilt jedoch gerade auch die Gründungstheorie (s BT-Drs 16/2710, 31), so dass den gesellschaftsrechtlichen Folgerungen einer Sitzverlegung keine entsch Bedeutung mehr zukommt.
Tz. 512
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Die unabhängig vom Gesellschaftsstatut der sitzverlegenden Gesellschaft vorgesehene Rechtsfolge (Auflösungsfiktion) hat daher uE ihre Bedeutung darin, dass die Rechtsfolge des § 12 Abs 3 KStG sich nicht nur auf die Gesellschafts-, sondern auch auf die Gesellschafterebene auswirken soll. Andernfalls hätte in Anlehnung an die Rechtsfolge des § 12 Abs 1 KStG auch eine fingierte Veräußerung des zum Zeitpunkt der Beendigung der unbeschr StPflicht vorhandenen Vermögens zum gW vorgenommen werden können.
Tz. 513
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Die Beantwortung der Frage, inwiefern sich aufgr der Fiktion auch Folgen auf AE-Ebene (zB s § 17 Abs 4 EStG) ergeben, ist angesichts des Verweises in der Ges-Begr auf die allg Grundsätze uE nicht ganz klar (s BT-Drs 16/2710, 31).
Ein Auflösungsgewinn ist grds realisiert, wenn gesellschaftsrechtlich der Anspruch auf Auszahlung eines Abwicklungsguthabens entsteht (s § 17 EStG Tz 516ff). Die Realisation eines Auflösungsverlusts oder -gewinns setzt dabei voraus, dass der Gesellschafter nicht mehr mit Zuteilungen und Rückzahlungen rechnen kann (Vermögenslage auf Ebene der Gesellschaft) und dass feststeht, ob bzw in welcher Höhe nachträgliche AK beim Gesellschafter anfallen (Vermögenslage auf Ebene des AE).
In den Fällen der "bloßen" Sitzverlegung fehlt es jedoch an den genannten Voraussetzungen. Der Ges-Geber hat zwar eine Auflösung und entspr Anwendung des § 11 KStG, jedoch dem Wortlaut nach keine Auskehrung des vorhandenen Vermögens zum gW fingiert. Entspr dem Sinn und Zweck der Regelung als Ergänzung des pers Anwendungsbereichs des § 1 UmwStG 2006 (s Tz 501) ist uE davon auszugehen, dass die Rechtsfolgen des § 12 Abs 3 KStG auch auf die AE-Ebene durchschlagen. MaW: die Gesellschaft gilt als aufgelöst und das Vermögen an die AE verteilt (aA s Becker/Schwarz/Mühlhausen, IStR 2017, 45; s Kessens, in Sch/F, 1. Aufl, § 12 KStG Rn 294ff). Da es sich um eine Fiktion als Mittel der Ges-Technik handelt und die WG weiterhin der Gesellschaft zuzurechnen sind, muss im Anschluss hieran wiederum eine Einlage der WG in die Gesellschaft fingiert werden.