5.5.1 Problemstellung
Tz. 82
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Fraglich ist die Gewinnrealisierung und die Berechnung des Gewinns aus der Veräußerung einbringungsgeborener Anteile gem § 21 Abs 1 S 1 UmwStG, wenn der Gesellschafter die Anteile zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit vd AK erworben hat und/oder der AE sowohl einbringungsgeborene Anteile als auch nicht nach § 21 UmwStG st-verstrickte Anteile an derselben Kap-Ges besitzt. Veräußert der AE in diesem Fall nämlich nur einen Teil seiner Beteiligung, stellt sich die Frage nach der (stlichen) Identität der übertragenen Gesellschaftsanteile und davon abhängig auch die stliche Beurteilung der Anteilsübertragung.
Beispiel 1:
Die X-Y KG wurde am 01.01.02 in eine X-Y GmbH unter Anwendung des § 20 UmwStG zu Bw umgewandelt. Die Gesellschafter A bis D halten je 25 % der GmbH-Anteile als einbringungsgeborene Anteile iSd § 21 UmwStG (AK je 50 000 EUR). A (natürliche Pers) erwirbt am 01.07.04 von B einen weiteren Gesellschaftsanteil von 15 % gegen Zahlung eines Kaufpreises von 400 000 EUR hinzu. Er ist nun mit 40 % am Stammkap der X-Y GmbH beteiligt. Am 10.08.05 veräußert A einen GmbH-Anteil von 10 % zum Kaufpreis von 380 000 EUR.
Rechtsproblem:
Es stellt sich die Frage, ob A:
- nur die am 01.07.04 erworbene Beteiligung veräußert hat (die Folge wäre ein Gewinn aus § 17 EStG mit AK von 2/3 von 400 000 EUR = 266 666 EUR, Anwendung des Halb-/Teileink-Verfahrens gem § 3 Nr 40 S 1 Buchst c EStG),
- nur die einbringungsgeborenen Anteile veräußert hat (die Folge wäre ein Gewinn iSd § 16 EStG gem § 21 Abs 1 S 1 UmwStG mit AK von 20 000 EUR und kein Halbeink-Verfahren wegen § 3 Nr 40 S 3 EStG aF) oder
- sowohl Anteile nach § 21 UmwStG als auch nach § 17 EStG veräußert hat (im Verhältnis von 15 zu 25 mit den entspr AK)?
Zur Festlegung der stlichen Anteilskategorie der übertragenen Beteiligung s Tz 83–84.
Beispiel 2:
Wie Bsp 1 (s o) mit der Abwandlung, dass Gesellschafter A den weiteren Anteil von 15 % durch eine Sacheinlage iRe Kap-Erhöhung gem § 20 UmwStG zum Bw (250 000 EUR) erwirbt (Alternativ: Sacheinlage iSd § 20 Abs 1 UmwStG idF ab SEStEG).
Rechtsproblem:
Die Anteilsveräußerung führt in jedem Fall zur Anwendung des § 21 Abs 1 S 1 UmwStG. Hier stellt sich allerdings bei der Ermittlung des VG und der Besteuerung die Frage, ob der veräußerte Teilanteil nur den zuerst erworbenen Anteilen aus der Gründung der Kap-Ges (mit AK von insges 50 000 EUR ggf zuz übergegangener AK aus der nachfolgenden Sachkap-Erhöhung), nur den zuletzt erworbenen einbringungsgeborenen Anteilen (mit AK von insges 250 000 EUR ggf abz übergegangener AK auf die Altanteile) oder beiden Anteilskategorien zuzurechnen ist (mit ggf unterschiedlichen Fristberechnungen für Zwecke des § 3 Nr 40 S 3 und 4 EStG aF).
Im Alternativsachverhalt ist hinsichtlich der Anteilsveräußerung abzugrenzen zwischen einer Anwendung des § 21 Abs 1 S 1 UmwStG und einer nachträglichen Einbringungsgewinnbesteuerung gem § 22 Abs 1 UmwStG idF SEStEG (hierzu s Tz 83a).
5.5.2 Veräußerung bei Vorhandensein einbringungsgeborener und nicht einbringungsgeborener Anteile
5.5.2.1 Zivilrechtlich eigenständige Geschäftsanteile
Tz. 83
Stand: EL 114 – ET: 04/2024
Die Frage der Bestimmung der übertragenen stlichen "Anteilskategorie" im Fall der Veräußerung nur des Teils einer Beteiligung, wenn beim Veräußerer Anteile mit und/oder ggf ohne St-Verhaftung nach unterschiedlichen St-Normen vorliegen, ist entsch für die Entstehung, Ermittlung und Besteuerung der dadurch aufgedeckten stillen Reserven (s Bsp unter Tz 82). Anders als bei Pers-Ges (dazu s Patt, in H/H/R, § 16 EStG Rn 385) behalten die Geschäftsanteile, die der AE an einer Kap-Ges zu seinem urspr Anteil hinzuerwirbt, ihre zivilrechtliche Selbständigkeit bei (s §§ 15 Abs 2, 55 Abs 3 GmbHG). Erwirbt der Gesellschafter zuvor geteilte Anteile, bleiben auch diese selbständig (§ 15 Abs 2 GmbHG ist allerdings dispositiv, so dass eine Zusammenlegung durch Gesellschafterbeschl möglich ist, s § 46 Nr 4 GmbHG; s Servatius, in Noack/Servatius/Haas, 23. Aufl, § 15 GmbHG Rn 19–19a, s Tz 83a). Auch bei der Gründung einer Kap-Ges oder einer Kap-Erhöhung kann der Gesellschafter bereits mehrere eigenständige Anteile an der Kap-Ges erwerben; die Kennzeichnung eines Gesellschaftsanteils erfolgt durch einen festen Nennbetrag im Gesellschaftsvertrag (s § 5 Abs 2 S 2 GmbHG; s Servatius, in Noack/Servatius/Haas, 23. Aufl, § 5 GmbHG Rn 7). Dies gilt auch für eine Sacheinlage, da diese sich gem § 5 Abs 4 GmbHG auf einem bestimmten Nennbetrag beziehen muss. Der Gesellschafter einer Kap-Ges kann daher mehrere zivilrechtliche Beteiligungen (stlich: WG) halten, die über unterschiedliche stliche Verhaftungsqualitäten verfügen können und eigene stliche Erwerbsaufwendungen (AK) haben. Der AE ist deshalb in der Lage, selbst (frei) zu bestimmen, welchen "Anteil" er veräußert oder von welchem Anteil er einen Bruchteil zum Zwecke der Veräußerung abteilt (spätere Teilung – auch der vd Gesellschaftsanteile bei Gründung/Kap-Erhöhung – ist möglich). Die Identifizierung des veräußerten Anteils erfolgt durch die Bezugnahme auf die notarielle Übertragungsurkunde. Diese (zivilrechtliche) Bestimmung bei Veräußerung der Anteile ist ...