Tz. 681
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Wird bei einer Körperschaft eine vGA festgestellt, stellt sich zunächst die Frage, ob deren St- und ggf Feststellungsbescheide nach den Vorschriften der AO geändert werden können. IdR wird eine vGA nämlich nicht in den St-Erklärungen deklariert, sondern erst im Nachhinein durch das FA (idR durch die Bp) aufgedeckt, nachdem bereits erstmalige St-Bescheide ergangen sind.
Sind die Bescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen (was idR der Fall ist, wenn eine Bp vorgesehen war), kann die Änderung aus verfahrensrechtlicher Sicht problemlos nach § 164 Abs 2 AO erfolgen (unterstellt, die materiell-rechtlichen Voraussetzungen einer vGA liegen vor). Lediglich der Eintritt der Festsetzungsverjährung (s §§ 169ff AO) könnte einer Änderung entgegenstehen. Ist lediglich der KSt-, nicht jedoch der GewSt-Messbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen, kann der GewSt-Messbescheid nach § 35b Abs 1 GewStG geändert werden, wenn der KSt-Bescheid geändert wird.
Tz. 682
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Ohne Vorbehalt der Nachprüfung wird idR nur eine Änderung nach § 173 Abs 1 Nr 1 AO in Betracht kommen. Dabei ist zu prüfen, ob die der Annahme einer vGA zugrunde liegenden Umstände des Sachverhalts für den KSt-Bezirks des FA "neu" waren. Ergeben sie sich bereits aus den Akten (zB weil der schuldrechtliche Vertrag, den die Bp nun beanstandet, dem FA bei Erl des erstmaligen Bescheids vorlag), kommt eine Änderung wegen neuer Tatsachen nicht in Betracht. Änderungen nach § 174 AO sowie nach § 175 Abs 1 S 1 Nr 1 oder Nr 2 AO werden idR ebenso ausscheiden wie eine Berichtigung nach § 129 AO wegen offenbarer Unrichtigkeit. Dies gilt unabhängig davon, dass der ESt- oder KSt-Bescheid des AE verfahrensrechtlich "noch offen" ist und deshalb noch geändert werden kann. Der Bescheid des AE ist nämlich kein Grundlagenbescheid für den KSt-Bescheid der Kö (genauso wenig wie umgekehrt); die Änderung des Bescheids des AE ist auch kein rückwirkendes Ereignis, das eine Änderung des Bescheids der Kö verfahrensrechtlich rechtfertigen könnten. Eine offenbare Unrichtigkeit iSv § 129 AO scheidet bei vGA offenkundig aus. Entspr gilt für § 173a AO (eingefügt durch das Ges zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v 18.07.2016, BGBl I 2016, 1679; anzuwenden ab 01.01.2017). Nach dieser Vorschrift können Schreib- und Rechenfehler des Stpfl in einem geänderten St-Bescheid korrigiert werden. Um Fehler dieser Art wird es sich bei vGA idR nicht handeln. Wird der KSt-Bescheid der Kö aus anderen Gründen zugunsten der Kö geändert, kommt allerdings uU eine Gegenrechnung der vGA nach § 177 Abs 2 AO in Betracht.
Tz. 683
Stand: EL 109 – ET: 03/2023
Eine vGA kann auch zu einer Einlagenrückgewähr iSv § 27 Abs 1 KStG führen. Wird der KSt-Bescheid der Kö geändert, kann in der Folge auch der Bescheid über die gesonderte Feststellung des stlichen Einlagekto geändert werden. Zwar ist in § 27 KStG keine Grundlagenfunktion des KSt-Bescheids für die gesonderte Feststellung des Einlagekto vorgesehen. Der Feststellungsbescheid kann jedoch idR nach derselben Korrekturvorschrift geändert werden wie der KSt-Bescheid (zB nach § 164 Abs 2 AO). Einer Verwendung des Einlagekto für eine festgestellte vGA könnte allerdings – materiell-rechtlich – an der Verwendungsfestschreibung in § 27 Abs 5 S 1ff KStG scheitern; dazu s § 27 KStG Tz 210ff. Zur Möglichkeit, einen Feststellungsbescheid iSv § 27 Abs 2 KStG uU nach § 129 AO zu berichtigen, s Urt des BFH v 08.12.2021 (DStR 2022, 1533).