Andreas Benecke, Dr. Wendelin Staats
6.2.2.1 Bedeutung; Überblick über die Regelung
Tz. 642
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
§ 36 Abs 5 EStG setzt Art 5 Abs 2 bis 4 ATAD-RL als Grundregelung für WG des BV für die zeitliche Streckung der Besteuerung betreffend die Voraussetzungen, Widerrufsgründe und Sicherheitsleistung um (s BT-Drs 19/28652, 42).
Sie steht zum einen in engem Zusammenhang mit § 16 Abs 3a EStG (s Tz 639ff). In den Fällen des § 16 Abs 3a EStG kann gem § 36 Abs 5 EStG die St auf den Aufgabegewinn bei Verlegung des Betriebs oder Teilbetriebs in einen EU- oder EWR-Staat auf Antrag des Stpfl gestundet werden, sofern durch diese Staaten Amtshilfe entspr oder iSd Amtshilfe-RL iSd § 2 Abs 11 EUAHiG erfolgt und gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung iSd Beitreibungs-RL sowie entspr Durchführungsbestimmungen geleistet werden. Die Stundung umfasst auch einen etwaigen Gewinn infolge des Wechsels der Gewinnermittlungsart.
Über § 31 Abs 1 KStG gilt die Stundungsmöglichkeit auch für die KSt. Eine Stundungsmöglichkeit für die GewSt ist jedoch nicht vorgesehen.
Als Grundregelung für die zeitliche Streckung der Besteuerung hat § 36 Abs 5 EStG zum anderen aber auch Bedeutung für die vorzeitige Auflösung des AP nach § 4g EStG bei Eintritt eines Ereignisses iSd § 36 Abs 5 S 4 EStG; hierauf wird in § 4g Abs 2 S 2 erste Alt EStG als vorzeitiger Auflösungsgrund verwiesen (s Tz 620ff).
6.2.2.2 Rechtsentwicklung; zeitlicher Anwendungsbereich
Tz. 642a
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
JStG 2010 v 08.12.2009 (BGBl I 2009, 1768; BStBl I 2009, 218): !!! Bitte Fundstellen prüfen
§ 36 Abs 5 wurde durch das durch das JStG 2010 v 08.12.2009 (BGBl I 2009, 1768) zusammen mit § 16 Abs 3a EStG (s Tz 639ff) eingeführt.
Tz. 642b
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
ATADUmsG v 25.06.2021 (BGBl I 2021, 2035; BStBl I 2021, 874):
Durch das ATADUmsG wurde § 36 Abs 5 EStG vollständig neu gefasst und damit Art 5 Abs 2 bis 4 ATAD-RL umgesetzt. Die Neufassung erfolgte mit Wirkung zum VZ 2021 (Art 7 Abs 1 ATADUmsG, § 52 Abs 1 EStG; Hagemann/Link, IWB 2021, 471, 474).
6.2.2.3 Vereinbarkeit mit Unionsrecht
Tz. 643
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Gegen die Entstrickungsbesteuerung allg werden unionsrechtliche Bedenken geäußert (s Tz 37ff). In diesem Zusammenhang soll neben dem § 4g EStG gerade auch die Stundungsvorschrift des § 36 Abs 5 EStG die Konsequenzen einer Sofortbesteuerung im Fall der Entstrickung abmildern und hierdurch diesen unionsrechtlichen Bedenken Rechnung tragen. Die typisierende Stundungsregelung berücksichtigt insoweit den Zusammenhang zwischen Entstrickung in D und Step-up im Zuzugsstaat. Die in § 36 Abs 5 EStG vorgesehene fünfjährige Pauschalierung stellt deshalb uE eine für alle Beteiligten verhältnismäßige Verfahrensvereinfachung dar. Dies wurde zwischenzeitlich auch vom EuGH so bestätigt. Ausführlich hierzu s Tz 42ff.
Problematisch ist aber die nicht abschließend geklärte Frage nach der Notwendigkeit einer Abmilderung der Besteuerungsfolgen auch in Drittstaatssachverhalten sowie die Rechtfertigung einer Entstrickungsbesteuerung im Zusammenhang mit Anrechnungs-BetrSt (hierzu s Tz 46a). Zur ATAD-RL s Tz 46bff.
Tz. 644
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Unionsrechtlich problematisch dürfte uE aber das Fehlen von Stundungsregelungen im UmwStG sein. Hierzu s auch Tz 44 am Ende und s Tz 99. Zu der abw Herangehensweise bei der Wegzugsbesteuerung natürlicher Pers gem § 6 AStG und zur deren europarechtlichen Einordnung s Tz 101a.
6.2.2.4 Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich
Tz. 645
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
In pers Hinsicht kann ein Antrag auf Stundung von ESt kann sowohl von unbeschr als auch beschr stpfl natürlichen Pers gestellt werden. Nach § 31 Abs 1 KStG iVm § 36 Abs 5 KStG gilt dies auch bei Kö, da § 16 Abs 3a EStG lex specialis zu § 12 Abs 1 KStG ist (s hierzu Tz 87). Für unbeschr und beschr Stpfl gilt dies gleichermaßen, wenn sie MU einer Pers-Ges sind.
Unbeschr oder beschr Stpfl, die in anderen als den in § 36 Abs 5 S 1 EStG genannten Staaten, – also in Drittstaaten – ansässig sind, dürften uE jedoch vom pers Anwendungsbereich von vornherein ausgeschlossen sein. Dies ergibt sich aus dem Ges-Wortlaut nicht direkt, sondern aus dem Ges-Zusammenhang mit den Widerrufsgrund in § 36 Abs 5 S 4 Nr 3 EStG bei Wegzug oder Ansässigkeit in einen Drittstaat (s Tz 652).
In sachlicher Hinsicht erfolgt die Stundung auf Antrag des Stpfl im Fall eines Aufgabegewinns nach § 16 Abs 3a EStG, soweit die WG einem BV des Stpfl in einem anderen Mitgliedstaat der EU oder des EWR zuzuordnen sind. Weitere Voraussetzung ist, dass und durch diese Staaten Amtshilfe entspr oder iSd Amtshilfe-RL gemäß § 2 Abs 11 EUAHiG und gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung iSd Beitreibungs-RL einschl der in diesem Zusammenhang anzuwendenden Durchführungsbestimmungen in den für den jeweiligen VZ geltenden Fassungen oder eines entspr Nachfolgerechtsakts geleistet werden. Werden WG in einen Drittstaat überführt, scheidet insoweit eine Stundung ebenfalls aus (zum Brexit siehe Tz 658).
Der Antrag ist formlos und nicht fristgebunden.
6.2.2.5 Umfang der Stundung und Entrichtung der Jahresraten, Verzinsung und Sicherheitsleistung; Anpassung der Jahresraten
Tz. 646
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Die festgesetzte St auf den Aufgabegewinn und den durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart erzielten Gewinn wird zinslos gestundet und ist in fünf gleichen Ja...