Andreas Benecke, Dr. Wendelin Staats
Tz. 649
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
§ 36 Abs 5 S 4 EStG enthält einen an Art 5 Abs 4 ATAD-RL angelehnten Katalog an Ereignissen, die zur vorgezogenen Fälligkeit der gestundeten St führen. In den in § 36 Abs 5 S 4 Nr 1 bis 5 genannten Fällen, ist die gestundete St innerhalb 1 Monats vollständig ("wenn": Nr 2 bis 4) oder ggf. anteilig ("soweit": Nr 1) nach Eintritts eines der dort genannten Ereignisse fällig.
Darüber hinaus führt die Verletzung von Anzeige oder sonstigen Mitwirkungspflichten zur rückwirkenden Fälligkeit der St nach § 36 Abs 5 S 6 zweiter Hs EStG.
Eines ausdrücklichen Widerrufs einer Stundung bedarf es in den vorgenannten Fällen nicht. Insoweit ist bereits die Verfügung über die Stundung mit Ratenzahlung mit den entspr, ges vorgegebenen Fälligkeitszeitpunkten zu versehen.
Tz. 650
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Nach § 36 Abs 5 S 4 Nr 1 EStG ist gestundete St bei Veräußerung, Entnahme, Verlagerung eines WG in einen nicht in § 36 Abs 5 S 1 EStG genannten Staat (Drittstaat) oder bei verdeckter Einlage eines WG in eine KapGes insoweit fällig. Dabei erfolgt nur eine "WG-bezogene" (dh anteilige) Fälligstellung hinsichtlich der betreffenden veräußerten, entnommenen, verlagerten bzw eingelegten WG. In praktischer Hinsicht bedeutet dies, dass bei der Berechnung des Aufgabegewinns auch die Verteilung der stillen Reserven und Lasten in den einzelnen WG festgehalten werden muss.
Tz. 651
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Die gestundete St ist nach § 36 Abs 5 S 4 Nr 2 EStG insgesamt vorzeitig fällig, wenn der Betrieb oder Teilbetrieb eingestellt, veräußert oder in einen nicht in § 36 Abs 5 S 1 EStG genannten Staat (Drittstaat) verlegt wird. Abgestellt wird auf den jeweiligen Betrieb oder Teilbetrieb iSd § 16 Abs 3a EStG. Dh wird ein Betrieb iSd § 16 Abs 3a EStG fiktiv aufgegeben, stellt eine spätere tats Aufgabe eines Teilbetriebs dieses Betriebs uE noch kein solches Ereignis iSd § 36 Abs 5 S 4 Nr 2 EStG dar.
Tz. 652
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Die gestundete St ist nach § 36 Abs 5 S 4 Nr 3 EStG insgesamt vorzeitig fällig, wenn der Stpfl aus der inl unbeschr StPflicht oder der unbeschr Stpfl in einem der in § 36 Abs 5 S 1 EStG genannten Staaten ausscheidet oder in einem nicht in § 36 Abs 5 S 1 EStG genannten Staat (Drittstaat) ansässig wird.
Aufgr dieses Ereignisses wird uE die Möglichkeit zur Stundung auf unbeschr oder beschr StPflicht eingeschr, die in keinem anderen als der in § 36 Abs 5 S 1 EStG genannten Staaten ansässig sind (s Tz 645). UE wäre es nicht folgerichtig, wenn ein im Zeitpunkt der Betriebs-/Teilbetriebsaufgabe im Drittland ansässiger Stpfl einen Anspruch auf Stundung nach § 36 Abs 5 EStG hätte (zB bei Betriebsverlegung von D nach Frankreich), während es bei einem im Inl ansässigen Stpfl, der zunächst seinen Betrieb nach Frankreich verlegt und dann in einen Drittstaat zieht, zur vorzeitigen Fälligkeit des gestundeten Betrags kommt.
Tz. 653
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Nach § 36 Abs 5 S 4 Nr 4 EStG kommt es zu einer vorzeitigen Fälligkeit der gesamten St, wenn der Stpfl Insolvenz anmeldet oder abgewickelt wird. Dem Begriff Insolvenz dürften nicht nur Verfahren iSd InsO, sondern auch damit vergleichbare Rechtsinstitute nach ausl Recht unterfallen (Kraft, Ubg 2021, 582, 586). Mit der Anmeldung dürfte der Antrag auf Insolvenz des Stpfl als Schuldner ("Eigenantrag") gemeint sein (BeckOK EStG/Meyer, EStG § 4g Rn 77). Mit dem Wortlaut dürfte eine Antragstellung durch einen Gläubiger ("Fremdantrag") hingegen nur schwer zu vereinbaren sein. Dessen ungeachtet wäre uE ein solches Verständnis wohl mit der eigentlichen Zwecksetzung der Norm vereinbar. Bei Kap-Ges dürfte diese Differenzierung weniger Relevanz besitzen, da die Eröffnung oder Ablehnung des Insolvenzverfahrens zur Auflösung führt und insofern das Stadium der Abwicklung beginnt (Hagemann in Hagemann/Kahlenberg, Anti Tax Avoidance Directive (ATAD) Kommentar, Art 5 Rn 221).
Tz. 654
Stand: EL 105 – ET: 03/2022
Nach § 36 Abs 5 S 4 Nr 5 EStG kommt es zu einer vorzeitigen Fälligkeit der gesamten St, wenn der Stpfl seinen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Ratenzahlung nicht nachkommt und über einen angemessenen Zeitraum, der 12 Monate nicht überschreiten darf, kein Abhilfe für seine Situation schafft. Mit den "Verpflichtungen" des Stpfl dürften nur die konkreten Zahlungsverpflichtungen aus der ratierlichen Entrichtung der St gemeint sein und nicht die Anzeige- und Mitwirkungspflichten des Stpfl, da § 36 Abs 5 S 6 EStG diesbezüglich einen eigenständige Fälligkeit regelt (s Tz 655). Eine Abhilfe kann zB dadurch erreicht werden, dass der Stpfl die Rate innerha...