Ewald Dötsch, Torsten Werner
Ausgewählte Literaturhinweise:
Voßkuhl/Klemke, Vorrang des Veranlagungsverfahrens vor dem Abzugsverfahren, DB 2012, 2248;
Ott, Haftungsgefahren beim stlichen Einlagekto, StuB 2014, 776.
Moritz, Die Reichweite der Verwendungsfestschreibung nach § 27 Abs 5 S 1 KStG, FR 2017, 84;
Moritz, Zur Anwendbarkeit der Verwendungsfestschreibung gem § 27 Abs 5 S 1 und 2 KStG bei nachträglichen Änderungen an den Bestandteilen der Differenzrechnung, GmbHR 2017, 511;
Neyer, Verwendungsfestschreibung gem § 27 Abs 5 KStG: St-Falle auch für Fälle der vGA, BB 2017, 3036;
Jauch, Zum aktuellen Diskurs bei Verwendungsfestschreibung gem § 27 Abs 5 KStG und zur Änderbarkeit von Feststellungen nach § 27 Abs 2 KStG und § 28 Abs 1 KStG, DStR 2018, 504;
Schell/Philipp, Stliches Einlagekto und vGA im Konzern, DStR 2019, 2225.
6.3.1 Allgemeines
Tz. 204
Stand: EL 100 – ET: 10/2020
Durch das SEStEG sind die Rechtsfolgen, die bei unrichtig oder nicht erteilter St-Besch eintreten, neu geregelt worden. Auch die Haftungsvorschriften haben einen neuen Inhalt erhalten.
Die S 1–3 einerseits und die S 4–6 des § 27 Abs 5 KStG andererseits sehen unterschiedliche Rechtsfolgen für den zu niedrigen oder den zu hohen Ausweis der Minderung des Einlagekto in der StBesch nach § 27 Abs 3 KStG vor. Das Gesetz äußert sich jedoch nicht zu der Frage, was unter einem unrichtigen Ausweis zu verstehen ist. Auf diese Frage sind vd Antworten möglich:
- Alt 1: Ein unrichtiger Ausweis liegt vor, wenn in der St-Besch ein Betrag als Einlagenrückzahlung angegeben ist, der von dem Betrag abweicht, der sich bei zutr Anwendung des § 27 Abs 1 S 3 KStG ergeben würde.
- Alt 2: Ein unrichtiger Ausweis liegt vor, wenn die Verringerung des Einlagekto lt Feststellungsbescheid und der den AE bescheinigte Betrag der Einlagenrückzahlung auseinanderfallen.
UE ist – entgegen der bisher an dieser Stelle vertretenen Auff und entgegen der Auff von Berninghaus (in H/H/R, § 27 KStG Rn 118), Stimpel (in R/H/N, § 27 KStG Rn 151) und Moritz (FR 2017, 84, 85) – nach Alt 2 zu verfahren. So wohl auch Antweiler (in B/W, § 27 KStG Rn 286).
Bei Zugrundelegung der Alt 1 läge ein zu niedriger bzw ein zu hoher Ausweis auch vor, wenn im Feststellungsbescheid und in der St-Besch übereinstimmend als Einlagenrückzahlung ein bei Zugrundelegung des § 27 Abs 1 S 3 KStG unzutr Betrag ausgewiesen wird. UE entspricht eine solche Auslegung nicht dem Regelungsziel des § 27 Abs 5 KStG, der verhindern soll, dass die leistungsbedingte Verringerung des Einlagekto bei der Kö und der in dem an den AE gerichteten ESt- bzw KSt-Bescheid nach § 20 Abs 1 Nr 1 S 3 EStG stfrei belassene Kap-Ertrag aus einer Einlagenrückzahlung auseinanderfallen.
Bei Zugrundelegung der Alt 2 liegt ein unrichtiger Ausweis bei einem Auseinanderfallen der bei der Kö und beim AE angesetzten Einlagenrückzahlung unabhängig davon vor, ob der in dem Feststellungsbescheid oder in der St-Besch ausgewiesene Betrag der nach § 27 Abs 1 S 3 KStG zutr Betrag ist.
Wenn man von dem vorstehend erläuterten Regelungsziel des § 27 Abs 5 KStG ausgeht, das Auseinanderfallen der Einlagenverwendung auf den Ebenen der Kö und des AE zu verhindern, kann es uE nur darauf ankommen, dass bei beiden Beteiligten ein identischer Betrag angesetzt wird. Ob dies der bei Zugrundelegung des § 27 Abs 1 S 3 KStG "richtige" Betrag ist, spielt dann keine Rolle. Wenn § 27 Abs 5 KStG zwischen einer zu niedrigen und einer zu hohen Bescheinigung der Einlagenverwendung unterscheidet, ist das nach der hier vertretenen Auff so zu verstehen, dass sich die Worte "zu niedrig" und "zu hoch" auf den Feststellungsbescheid als Ausgangsgröße beziehen.
Stimmen der Betrag, um den das Einlagekto der Kö verringert worden ist, und der in der St-Besch ausgewiesene Betrag der Einlagenverwendung nicht überein, so gilt uE ohne Rücksicht darauf, ob beide Beträge, nur einer von ihnen oder keiner der Beträge dem "richtigen" Betrag iSv § 27 Abs 1 S 3 KStG entspricht, Folgendes:
- Ist in der St-Besch eine geringere Einlagenverwendung als in dem Feststellungsbescheid nach § 27 Abs 2 KStG ausgewiesen (Anwendungsfälle des § 27 Abs 5 S 1 u 2 KStG), greift die Verwendungsfestschreibung nach § 27 Abs 5 S 3 KStG (s Tz 205–215b). In der Feststellung nach § 27 Abs 2 KStG ist das Einlagekto der Kö nur iHd in der St-Besch ausgewiesenen Betrags zu verringern. UE ist ein bereits ergangener Feststellungsbescheid nach § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO (rückwirkendes Ereignis) zu ändern. Im Ergebnis ergibt sich aus der abweichenden St-Besch eine materiell-rechtliche Bindungswirkung für den Feststellungsbescheid. In § 27 Abs 5 KStG fehlt zwar für den Fall der zu niedrigen Bescheinigung der Einlagenrückgewähr eine den § 27 Abs 5 S 6 KStG entspr Regelung; uE deckt jedoch § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO diese Regelungslücke ab.
Ist in der St-Besch eine höhere Einlagenverwendung als in dem Feststellungsbescheid nach § 27 Abs 2 KStG ausgewiesen (Anwendungsfall des § 27 Abs 5 S 4 KStG), haftet die Kö gem § 27 Abs 5 S 4 KStG (s Tz 217–220). Gem § 27 Abs 5 S 6 KStG ist die Feststellung des Einlagekto an die der KapSt-Haftung zu...