6.3.1.4.1 Nutzungsvorteile
Tz. 196
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Während bei der Besteuerung von Kap-Ges und ihren AE eine recht konsequente Verknüpfung zwischen Einkommensverwendung nach § 8 Abs 3 KStG und Besteuerung auf Ebene des AE nach § 20 Abs 1 Nr 1 EStG besteht, ist dies bei Stiftungen und Destinatären nicht der Fall.
Stiftungen sind nicht imstande, ihr Einkommen iSd § 8 Abs 3 KStG zu verwenden (s Tz 81). Um ungerechtfertigte Abzüge von Einkommen zu vermeiden, stellt § 10 Nr 1 KStG zwar klar, dass Aufwendung zur Erfüllung des Satzungszweckes das Einkommen nicht mindern darf. Durch die fehlende Besteuerung verhinderter Vermögensmehrungen der Stiftung fehlt diesen verdeckten Zuwendungen insbes von Nutzungsvorteilen eine KSt-Vorbelastung.
Tz. 197
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Beispiel:
Zweck der XY Stiftung ist die Unterstützung von Abkömmlingen des Stifters insbes während der Berufsausbildung. Ein Rechtsanspruch auf Leistung der Stiftung räumt die Satzung nicht ein. Im Grundstockvermögen befindet sich inl Grundbesitz. Die Stiftung überlässt dem Abkömmling Z für die Zeit seines Studiums in Erlangen unentgeltlich eine Wohnung, die zum Grundstockvermögen der Stiftung gehört.
Im Bsp-Fall kommt es auf Ebene der Stiftung nicht zur Annahme fiktiver Einnahmen. Der Einnahmenverzicht ist für die Stiftung grds stlich irrelevant (s Tz 82 und s Tz 84). Die Aufwendung für die Wohnung ist nach § 10 Nr 1 KStG nabzb.
Auf Ebene des Destinatärs ist die Überlassung nach § 20 Abs 1 Nr 9 EStG zu besteuern. Der Vorgang ist der vGA einer Kap-Ges an ihren AE wirtsch vergleichbar. Da § 20 Abs 1 Nr 9 S 1 Hs 2 EStG insofern eine Gleichbehandlung wirtsch vergleichbarer Vorgänge bezweckt, muss Z die Überlassung versteuern. Nach § 8 Abs 2 S 1 EStG ist der um die üblichen Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis am Abgabeort anzusetzen. MaW ist vom Destinatär der Betrag zu versteuern, den ein fremder Dritter für die Wohnung als Miete aufgewendet hätte.
6.3.1.4.2 Sachzuwendungen
Tz. 198
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Die Sachzuwendung einer Stiftung an den Destinatär stellt den Rechtsanwender vor ein Paradoxon:
- Auf Ebene der Stiftung stellt die unentgeltliche Übertragung eine nach § 10 Nr 1 KStG nabzb Aufwendung dar. Zu einer Besteuerung der verhinderten Vermögensmehrung – wie bei § 8 Abs 3 S 2 KStG – kommt es hingegen nicht (s Tz 84). Auf Grund der Unentgeltlichkeit der Zuwendung ist die Bw-Fortführung nach § 6 Abs 3 EStG bzw § 11d EStDV zu berücksichtigen.
- Auf Ebene des Stifters besteht mit dem Verweis auf § 20 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG in § 20 Abs 1 Nr 9 S 1 Hs 2 EStG ein Besteuerungsbefehl für verdeckte Zuwendungen (glA s von Löwe, Familienstiftung und Nachfolgegestaltung, 2. Aufl, 2. Kap § 6 Rn 23; aA s Götz/Pach-Hanssenheimb, Hdb der Stiftungen, 3. Aufl Rn. 856)
Tz. 199
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Es stellt sich die Frage, ob der Empfänger der Sachzuwendung die Leistung der Stiftung nach § 20 Abs 1 Nr 9 S 1 Hs 2 EStG dem Grunde nach zu versteuern hat, obwohl für diese Vermögensübertragung § 6 Abs 3 EStG bzw § 11d EStDV (Fortführung der Bw der Stiftung) anzuwenden wären. Wenn eine Besteuerung nach § 20 Abs 1 Nr 9 EStG befürwortet wird, stellt sich in einem zweiten Schritt die Frage nach der Bewertung, insbes ob der Empfänger die Bw der Stiftung zu Grunde legen muss oder ob die allg Grundsätze des § 8 EStG gelten.
Tz. 200
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Richter befürwortet offenbar, dass eine Sachzuwendung dem Grunde nach eine Leistung iSd § 20 Abs 1 Nr 9 EStG darstellt. Die Bewertung richtet sich aber nicht nach § 8 Abs 2 EStG, sondern knüpft an die Werte der Stiftung an (Richter in Seifart/von Campenhausen, Stiftungsrechts-Hdb, 4. Aufl, § 42 Rn 18).
Tz. 201
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Die von § 6 Abs 3 EStG und § 11d EStDV vorausgesetzte Unentgeltlichkeit der Vermögensübertragungen steht einer Besteuerung nach § 20 Abs 1 Nr 9 EStG nicht entgegen. Dies mag widersprüchlich erscheinen: Unentgeltliche Vermögensübertragungen setzen begrifflich voraus, dass weder Leistungsaustausch oder Entgelt vorliegt. Leistungsaustausch oder Entgelt sind jedoch idR Voraussetzung, um einen Besteuerungstatbestand des EStG zu erfüllen. Von diesem Grundsatz bestehen jedoch im EStG Ausnahmen (s FG Ddf v 08.05.2018, EFG 2018, 1372). Hierunter ist auch § 20 Abs 1 Nr 9 EStG zu fassen, denn die Leistungen der Stiftungen stellen kein Entgelt oder keinen Leistungsaustausch dar (s Tz 189). Demnach ist es nicht ausgeschlossen, dass eine unentgeltliche Vermögensübertragung sowohl den Tatbestand des § 20 Abs 1 Nr 9 EStG als auch den des § 6 Abs 3 EStG oder § 11d EStDV erfüllt.
Tz. 202
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Zur Ermittlung des gewollten Ergebnisses ist uE auch das ges-geberische Grundanliegen des § 20 Abs 1 Nr 9 EStG heranzuziehen. Durch die Einfügung des § 20 Abs 1 Nr 9 EStG iRd StSenkG sollte zumindest eine Belastungsähnlichkeit von Stiftung/Destinatär und Kap-Ges/AE hergestellt werden. Es kann daher nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass Sachverhalte, die der vGA einer Kap-Ges wirtsch vergleichbar sind, eine Leistung iSd § 20 Abs 1 Nr 9 ...