Tz. 204
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Die Besteuerung der Leistungen, die ein Stpfl aufgr einer Anfallsberechtigung erhält, ist umstr. Durch das JStG 2007 wurde in § 20 Abs 1 Nr 9 EStG die entspr Anwendung des § 20 Abs 1 Nr 2 EStG angeordnet. Nach Verw-Auff zählen alle Zahlungen iRe Liquidation einer Stiftung zu den Eink aus § 20 Abs 1 Nr 9 EStG (s Schr des BMF v 27.06.2006, BStBl I 2006, 417). Der durch das JStG 2007 eingeführte Verweis auf § 20 Abs 1 Nr 2 EStG wirkt nach Urt des BFH v 28.02.2018 entgegen der Ges-Begr nicht klarstellend, sondern konstitutiv. Für die vorangegangene Fassung des § 20 Abs 1 Nr 9 EStG sind daher Liquidationszahlungen einer Stiftung (vollumfänglich) bis einschl VZ 2006 nicht von § 20 Abs 1 Nr 9 EStG umfasst.
Tz. 205
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Nach der Ges-Begr (BT-Drucks 16/2712, 49) kommt es auch bei der Einordnung von Liquidationszahlungen einer Stiftung nur auf die wirtsch Vergleichbarkeit mit Leistungen einer Kap-Ges an. Daher sollten unter § 20 Abs 1 Nr 9 EStG nicht nur lfd Zahlungen ("Gewinnanteile" iSd § 20 Abs 1 Nr 1 EStG), sondern auch Zahlungen bei Auflösung der Kö (Bezüge iSd § 20 Abs 1 Nr 2 EStG) fallen.
Tz. 206
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Der BFH sieht sich an diese materielle Einordnung nicht gebunden (s Tz 148). Die Ergänzung des Verweises auf § 20 Abs 1 Nr 2 EStG in § 20 Abs 1 Nr 9 S 1 Hs 2 EStG ist konstitutiv und nicht deklaratorisch. Das Urt des BFH kann jedoch nur so verstanden werden, dass es sich bei Liquidationszahlungen bei wirtsch Betrachtung nicht um GA iSd § 20 Abs 1 Nr 1 EStG handelt. Der Verweis in § 20 Abs 1 Nr 9 S 1 Hs 2 EStG ist daher so zu verstehen, dass Leistungen einer Stiftung, die wirtsch mit Bezügen nach § 20 Abs 1 Nr 2 EStG vergleichbar sind, Leistungen nach § 20 Abs 1 Nr 9 EStG darstellen.
Nach § 20 Abs 1 Nr 2 EStG sind Bezüge stpfl,
- die nach Auflösung einer Kö gezahlt und nicht in der Rückzahlung vom Nenn-Kap oder des stlichen Einlagekto bestehen oder,
- die als GA iSd § 28 Abs 2 S 2 und 4 KStG gelten.
Tz. 207
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Ob Stiftungen ein Einlagekto führen, ist, wenn für die Einordnung nach § 20 Abs 1 Nr 9 EStG die wirtsch Vergleichbarkeit maßgebend ist, unerheblich. Denn wirtsch betrachtet besteht nur dann eine Vergleichbarkeit mit Leistungen iSd § 20 Abs 1 Nr 2 EStG, wenn es sich um die Auskehrung von (bisher thesaurierten) erwirtschafteten Überschüssen und realisierte Vermögensmehrung des Grundstockvermögens (Sonderausweis nach § 28 KStG) handelt (vgl Urt des FG Nbg v 21.02.2019, Az: 6 K 719/18). Die Auskehrung des Grundstockvermögens zum Wert, der bei urspr Übertragung unter Beachtung des § 6 Abs 3 EStG oder § 11d EStDV stlich maßgebend war, ist wirtsch mit einer nicht stpfl Rückzahlung von Nenn-Kap vergleichbar.
Tz. 208
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Wenn der BFH jedoch die uE zutr Ansicht bestätigt, wonach Stiftungen ein Einlagekto führen können (oder müssen), kann aufgr der materiell-rechtlichen Bindungswirkung und der Verwendungsfestschreibung eine Einlagenrückgewähr – auch bei Liquidation der Stiftung – ausschl durch die Feststellung des Einlagekto und der Bescheinigung der Einlagenrückgewähr gem § 27 Abs 3 KStG berücksichtigt werden. Zur Führung des Einlagekto bei Stiftungen s Tz 126ff.
Tz. 209
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Ungeklärt ist die Besteuerung von Liquidationszahlungen vor der Einf des Verweises auf § 20 Abs 1 Nr 2 EStG durch das JStG 2007, sofern diese nach § 20 Abs 8 EStG anderen Eink-Arten zuzuordnen sind. Nach der BFH-Rspr sind solche Zahlungen vor dem 01.01.2007 keine Einnahme iSd § 20 Abs 1 Nr 9 EStG. Damit entfällt für solche Bezüge das Teileink-Verfahren. Es gilt weder § 3 Nr 40 EStG noch § 8b KStG. Die Bezüge müssten daher grds voll stpfl sein, wenn Anfallsberechtigter eine Kö ist oder die Leistungen dem BV einer natürlichen Pers zuzurechnen sind.