Tz. 213
Stand: EL 103 – ET: 09/2021
Zum Begriff der Wohlfahrtspflege s § 66 Abs 2 AO. Die Wohlfahrtspflege darf gem § 66 Abs 2 AO nicht um des "Erwerbs willen" ausgeübt werden (ebenso s Urt des BFH v 17.02.2010, DB 2010, 1104). Der BFH hat in seinem Urt v 17.11.2013 (BStBl II 2016, 68) wes Grundsätze auch zu der Frage entwickelt, unter welchen Voraussetzungen ein ZwB iSd § 66 AO Gewinne erzielen darf. Die Fin-Verw hat hierzu im AEAO Nr 2 S 1–3 zu § 66 Stellung genommen und ist den Ausführungen des BFH in der Frage des unzulässigen Gewinnstrebens, das den konkreten Finanzierungsbedarf des jeweiligen wG übersteigt, gefolgt.
Aber: Bei der Ermittlung des Finanzierungsbedarfs des jeweiligen wG wird gem AEAO Nr 2 S 4 zu § 66 eine "ZwB-Sparte" iSd § 66 AO als unschädlich erachtet, dh eine Quersubventionierung verschiedener ZwB iSd § 66 AO (Wohlfahrtspflege) ist zulässig; hingegen wird eine Mitfinanzierung der übrigen ZwB nach §§ 65, 67, 67a AO von der Fin-Verw als schädlich angesehen. Zur Übergangsregelung der Fin-Verw bis einschl VZ 2016, s BMF-Schr v 06.12.2017 (BStBl I 2017, 1603).
In dem "Rettungsdienst-Urt" des BFH v 27.11.2013 (BStBl II 2016, 68), bestätigt der I. BFH-Senat die erstinstanzliche Entsch des FG Bln-BB, dass eine Eigengesellschaft einer jur Pers d öff Rechts auch in dem Fall selbstlos iSd § 55 AO wirken und folglich wegen Gemeinnützigkeit st-begünstigt sein könne, wenn sie auf Grundlage eines Dienstleistungsvertrags eine der Gesellschafterin originär obliegende hoheitliche Pflichtaufgabe – im Streitfall ua den Notrettungsdienst – übernimmt. Aus dem Urt lässt sich allg folgern, dass dann, wenn die delegierte Aufgabe von ihrer Art und ihrem Nutzen für die Allgemeinheit st-begünstigt ist, die Aufgabenübertragung der Selbstlosigkeit auf Ebene der übernehmenden Kö nicht entgegensteht. Dies gilt auch bei Ausgründung gemeinnütziger Tätigkeiten von einer gemeinnützigen auf eine andere gemeinnützige Kö.
Nach der Verw-Meinung im AEAO Nr 2 zu § 55 Abs 1 Nr 1 gilt Folgendes:
- Eine zur Erfüllung von Pflichtaufgaben einer jur Pers d öff Rechts eingesetzte Eigengesellschaft verfolgt keine vordergründig eigennützigen Interessen ihres Gesellschafters. Eine St-Begünstigung der Eigengesellschaft kommt grds nur in Betracht, wenn die von ihr erbrachten Leistungen angemessen vergütet werden. Maßstab ist die Höhe des Entgelts, das von einem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter auch mit einem Nichtgesellschafter als Auftraggeber vereinbart worden wäre. Dazu muss das Entgelt regelmäßig die Kosten ausgleichen und einen marktüblichen Gewinnaufschlag beinhalten (s BFH-Urt v 27.11.2013, BStBl II 2016, 68). Bei st-begünstigten Einrichtungen ist aber aufgr der fehlenden Gewinnorientierung die Erhebung eines Gewinnaufschlags idR nicht marktüblich (s AEAO Nr 2 S 5 zu 55 Abs 1 Nr 1). Dh bei Leistungen eines st-begünstigten ZwB an eine andere st-begünstigte Kö ist ein Gewinnaufschlag nicht erforderlich (s auch Leichinger, NWB 2016, 928 und s Seeger/Milde, DStR 2016, 2736). Dies gilt nicht für Leistungen der st-begünstigten Einrichtung aus einem stpfl wG (§ 64 AO).
- Zwar ist bei einer Weiterleitung von Mitteln (auch in Form einer verhinderten Vermögensmehrung, zB bei verbilligter Grundstücksüberlassung) an eine jur Pers d öff Rechts das Tatbestandsmerkmal "zur Verwendung zu st-begünstigten Zwecken" nicht erfüllt, wenn die Mittel dem Gesamthaushalt der jur Pers d öff Rechts zugutekommen und die jur Pers d öff Rechts auch noch andere Zwecke verfolgt (s BFH-Urt v 27.11.2013 – I R 17/12, aaO). Dies ist jedoch unschädlich, wenn die Mittel nachweislich für st-begünstigte Zwecke verwendet werden (s AEAO Nr 2 S 8 zu § 58 Nr 2).
Die Verw-Regelungen im AEAO Nr 2 zu § 55 Abs 1 Nr 1 und im AEAO Nr 2 zu § 58 Nr 2 AO beziehen sich ausdrücklich nur auf den vom BFH entschiedenen Fall einer Eigengesellschaft in Trägerschaft der öff Hand. UE sind diese Grundüberlegungen aber auch im Verhältnis zwischen gemeinnützigen Kö anwendbar, allerdings unter Berücksichtigung einer "Heilungsmöglichkeit" nach § 58 Nr 1 AO. Im Einzelnen sind uE folgende Fälle zu unterscheiden:
Fall 1: Leistungen iR eines ZwB nach §§ 65, 67, 68 AO |
Leistungsempfänger: a) St-begünstigte Kö Nach AEAO Nr 2 S 5 zu § 55 Abs 1 Nr 1 ist ein Gewinnaufschlag nicht notwendig (… nicht marktüblich …): insoweit wird das BFH-Urt von der Fin-Verw mit einem partiellen Nichtanwendungserl eingeschr. b) Stpfl Kö Ein marktüblicher Gewinnaufschlag ist erforderlich, da insoweit eine "Heilung" nach § 58 Nr 1AO nicht möglich ist. UE ist der Begriff "marktüblich" nach den Verhältnissen des jeweiligen Einzelfalls zu betrachten. |
Fall 2: Leistungen iRe ZwB nach § 66 AO |
Leistungsempfänger: a) St-begünstigte Kö Die Nichterhebung eines Gewinnaufschlags wird nach § 66 Abs 2 S 1 AO durch den Ges-Geber (… nicht des Erwerbs wegen …) bestimmt, dh ist als marktüblich anzusehen. Dies hat zur Folge, dass sich insoweit die Frage einer "Heilungsmöglichkeit" nach § 58 Nr 1AO nicht stellt. b) Stpfl Kö Wie in der Variante a) ist die... |