7.1.1 Allgemeines
Tz. 217
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
§ 15 AStG geht im Wes auf § 12 des StAnpG 1934 zurück. Diese Regelung geht wiederum auf die §§ 2 und 3 der VO über stliche Erfassung bisher nicht versteuerter Werte und über StAmnestie v 23.08.1931 (StAmnVO) zurück. Im Jahre 1931 war die StAmnVO insbes eine Maßnahme zur Verhinderung der Vermögens- und Devisenflucht, die die Weimarer Republik begleitet von der Erfüllung der Reparationsforderungen und der Wirtschaftskrise stark belastete (s Kuller, "Bürokratie und Verbrechen", 206). Nach der amtl Begr der StAmnVO wurde seinerzeit dt Vermögen in großem Umfang auf ausl Stiftungen übertragen (s Wassermeyer, F/W/B, § 15 AStG Rn 17ff). Das Stiftungsvermögen sollte zurück ins Inl geführt werden. Nebenzweck war die stliche Erfassung von Vermögen, das St-Inländer ausl Stiftungen übertragen hatten, um es dem Zugriff des Staates vorzuenthalten (s Wassermeyer, F/W/B, § 15 AStG Rn 17ff). Das Grundanliegen hat sich seit dem Jahre 1931 kaum verändert: § 15 AStG hat das Ziel, St- und Kap-Flucht zu verhindern (s Vogt, Blümich, § 15 AStG Rn 1; Wassermeyer, F/W/B, § 15 AStG Rn 11).
Tz. 218
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Nach § 15 AStG wird das Einkommen (bis einschl VZ 2012) bzw die Eink (ab VZ 2013) vd Erscheinungsformen von Stiftungen, die weder Sitz noch Ort der Geschäftsleitung im Inl haben, dem unbeschr stpfl Stifter, andernfalls den unbeschr stpfl Destinatären oder Anfallsberechtigten zugerechnet. Ob die Stiftung im Ausl niedrig besteuert wird, ist unerheblich (glA s Vogt, Blümich, § 15 AStG Rn 2; Wassermeyer, F/W/B, § 15 AStG Rn 16). Dies muss vor dem Hintergrund gesehen werden, dass die stliche Erfassung dieser Vermögen im Jahre 1931 eher Nebeneffekt war. Dass die Regelung der StAmnVO im Wes in das StAnpG 1934 und mithin in das AStG (s BT-Drucks VI/2883 Rn 119) übernommen wurde, erklärt, warum eine Niedrigbesteuerung keine Anwendungsvoraussetzung des § 15 AStG ist (s Urt des BFH v 05.11.1991, BStBl II 1993, 388). Daher steht neben dem Ziel, missbräuchlichen St-Gestaltungen entgegenzuwirken, auch das außerstliche Lenkungsziel, einen Vermögensabfluss in ausl Stiftungen unattraktiv zu gestalten und etwaiges Vermögen zurück in das Inl zu überführen. Durch die Einfügung des Abs 6 idF des JStG 2009 wurde § 15 AStG an die zwischenzeitliche Entwicklung der EU und des europäischen Binnenmarktes angepasst (krit s Kraft, AStG, 1. Aufl, § 15 AStG Rn 405; Wassermeyer, F/W/B, § 15 AStG, Rn 27 mwNachw; Vogt, Blümich, § 15 AStG Rn 30ff).
7.1.2 Tatbestandsvoraussetzungen
Tz. 219
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Die Anwendung des § 15 AStG setzt eine Familienstiftung oder Unternehmensstiftung voraus, die Sitz und Ort der Geschäftsleitung im Ausl hat. Beides sind Erscheinungsformen der Stiftung und nicht Rechtsformen eigener Art. Ob es sich um eine rechtsfähige Stiftung oder eine unselbstständige Stiftung/Vermögensmasse handelt, ist durch die Regelung des § 15 Abs 4 AStG unerheblich.
Tz. 220
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Dem Sinn und Zweck der Vorschrift nach setzt § 15 AStG ein Rechtsgebilde voraus, das nach einem Rechtstypenvergleich einer Stiftung/Vermögensmasse nach § 1 Abs 1 Nr 4 oder Nr 5 KStG entspr (s Urt des BFH v 05.11.1992, BStBl II 1993, 388; v 02.02.1994, BStBl II, 727; v 25.04.2001, BFH/NV 2001, 1457). Zum Rechtstypenvergleich einer Stiftung/Vermögensmasse s Tz 25. Sind bereits nach Beurteilung des ausl Rechtsgebildes die Eink dem Stifter oder den Destinatären nach § 39 AO bzw § 3 KStG zuzurechnen, scheidet eine Anwendung des § 15 AStG aus (glA s Kraft, AStG, 1. Aufl, § 15 AStG Rn 302; Wassermeyer, F/W/B, § 15 AStG Rn 41).
Tz. 221
Stand: EL 106 – ET: 06/2022
Die Stiftung darf weder Ort der Geschäftsleitung noch statuarischen Sitz im Inl haben. Dh unbeschr kstpfl Rechtssubjekte können nicht unter § 15 AStG fallen. Dem Wortlaut nach können Stiftungen oder Vermögensmassen mit ihren inl Eink nach § 2 Nr 1 KStG beschr kstpfl sein und gleichzeitig unter § 15 AStG fallen (glA s Wassermeyer, F/W/B, § 15 AStG Rn 43). Die dt KSt soll nach Wassermeyer dann gem § 15 Abs 5 AStG iVm § 12 Abs 1 und 2 AStG auf die St der nach § 15 AStG stpfl Stifter, Anfalls- oder Bezugsberechtigten anrechenbar sein (s Wassermeyer, F/W/B, § 15 AStG Rn 43 und 131ff; glA Verw-Auff s Schr des BMF v 14.05.2004 zur Hinzurechnungsbesteuerung ausl Zwischengesellschaften Tz 7.0.3, BStBl I 2004 Sondernummer 1). Es erscheint jedoch denklogisch widersprüchlich, Eink bzw Einkommen der Familienstiftung infolge einer Eink-Zurechnung an ein anderes St-Subjekt bei beiden St-Subjekten anzusetzen. Besonders deutlich wird dies beim Vergleich der Rechtsfolgen des § 14 Abs 1 S 1 KStG und § 15 Abs 1 AStG. Beide Vorschriften sehen als Rechtsfolge die Zurechnung des Einkommens eines grds selbstständigen St-Subjekts an eine andere Pers vor (s Beschl des BFH v 08.04.2009, BFH/NV 2009, 1437, der eine Analogie zu § 14 KStG ausdrücklich heranzieht). Während bei einer OG ein Einkommen nach Zurechnung von 0 EUR verbleibt (Ausnahme: § 16 KStG), würde bei einer Familienstiftung trotz Zurechnung an einen Dri...