Tz. 238
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Wie bei der Frage nach der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung eines Pensionsverzichts (dazu s Tz 212) stellt sich bei Vorhandensein mehrerer Ansprüche des AE auch ein Bewertungsproblem. Wird gleichzeitig auf mehrere Ansprüche (zB einen Pensionsanspruch und eine Darlehensforderung) verzichtet und ist die Kap-Ges nicht zur vollen Begleichung beider Ansprüche in der Lage, ergibt sich ein Zuordnungsproblem. UE ist in diesem Fall eine quotale Zuordnung vorzunehmen (dazu s auch Tz 66).
Beispiel
Die K-GmbH befindet sich in einer wirtsch Krise, ist aber nicht insolvenzreif. Der alleinige Ges-GF K hat gegenüber der K-GmbH
a) |
einen Pensionsanspruch im Wert von 200 000 EUR und |
b) |
eine Darlehensforderung iHv 200 000 EUR. |
Die K-GmbH ist aufgr ihrer Krisensituation nur zur Begleichung eines Anspruchs in der Lage; sie kann also nur 200 000 EUR an K zahlen.
K verzichtet sowohl auf seinen Pensionsanspruch als auch auf seine Darlehensforderung, um eine wirtsch Gesundung der K-GmbH zu ermöglichen.
Lösung
Der Verzicht auf die beiden Forderungen ist im Gesellschaftsverhältnis veranlasst, da keine Insolvenzgefahr droht (s Tz 208ff). Wenn der Verzicht gleichzeitig erfolgt, müssen beide Forderungen als zu 50 % werthaltig angesehen werden. Es liegt somit eine werthaltige verdeckte Einlage iHv 100 000 EUR aus dem Pensionsverzicht (mit der Folge von Zufluss von Arbeitslohn bei K) und eine werthaltige verdeckte Einlage aus dem Darlehensverzicht iHv 100 000 EUR vor. Bei der K-GmbH fallen Passivposten iHv zusammen 400 000 EUR weg, die außerbilanziell iHv 200 000 EUR stfrei gestellt werden. In dieser Höhe ergibt sich auch ein Zugang im stlichen Einlagekto iSv § 27 KStG.
Tz. 239
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
Ein solcher Sachverhalt kann uE allerdings – unter Vermeidung eines Zuflusses von stpfl Arbeitslohn – so gestaltet werden, dass der Ges-GF zunächst (nur) auf seinen Pensionsanspruch verzichtet; s Tz 66. Im og Bsp-Fall würde sich daraus dann eine wertlose verdeckte Einlage aus dem Pensionsverzicht ergeben. Dass die Wertlosigkeit vorrangig dem ersten Verzicht zugeordnet werden muss, ergibt sich bei Prüfung der Frage, ob die Kap-Ges die weitere noch bestehende Verpflichtung nach dem Verzicht erfüllen könnte; dazu s auch Urt des BFH v 06.08.2019 (BStBl II 2020, 833) zur uE entspr Behandlung auf AE-Ebene; ebenso Füssenich (DB 2020, 24, 25); s auch § 8b KStG Tz 250; aA aber s Schwetlik (GmbH-StB 2020, 6), der sich für eine quotale Aufteilung ausspricht. Dies ist der Fall (im og Bsp verfügt sie nach dem Pensionsverzicht noch über Liquidität iHv 200 000 EUR und kann damit die noch bestehende Darlehensschuld gegenüber ihrem AE voll bedienen). Es ist deshalb nicht möglich, die Werthaltigkeit vorrangig dem ersten Verzicht zuzuordnen; aA s Gänsler (Ubg 2013, 154, 157) und s Epler/Petersen (Stbg 2019, 114, 119), die eine vorrangige Zuordnung zum werthaltigen Teil vornehmen wollen. Ist der Pensionsanspruch wertlos, kann sich somit uE aus diesem Verzicht kein Zufluss von Arbeitslohn ergeben. Beim späteren Darlehensverzicht liegt dann eine voll werthaltige verdeckte Einlage vor. Zu einem Zufluss auf AE-Ebene kann es bei einem Darlehensverzicht aber idR nicht kommen, da es sich nicht um eine Leistungsforderung handelt (auch die Rückzahlung des Darlehens wäre nämlich keine Einnahme iSd EStG; dazu s Tz 96).
Bei einer engen zeitlichen Verknüpfung der beiden Vorgänge (Pensionsverzicht und anschließender Darlehensverzicht) könnten diese allerdings als Einheit gesehen und dabei dann jeweils von einem Verzicht auf einen tw werthaltigen Anspruch ausgegangen werden (quotale Zuordnung der Werthaltigkeit; s Tz 238). Hilfsweise könnte die FinVerw bei zu großer Zeitnähe versuchen, einen Anwendungsfall v § 42 AO anzunehmen.
Tz. 240–242
Stand: EL 108 – ET: 12/2022
vorläufig frei