Tz. 153
Stand: EL 67 – ET: 10/2009
Für eine Einbringung im Wege der Anwachsung gelten die Grundsätze der Einzelübertragung (s Tz 149 f); folglich ist eine Rückbeziehung grds nicht möglich (glA s Schulze zur Wiesche in Bordewin/Brandt, § 24 UmwStG Rn 135; BMF v 25.03.1998, BStBl I 1998, 268, Tz. 24.04; aA s W/M § 24 UmwStG Rn 120.2; H/B, 2. Aufl, § 24 UmwStG Rn 77; Endres, DStR 1998 Beilage zu Heft 17/98, 54). Insbes ist § 24 Abs 4 HS 2 UmwStG nicht anwendbar; es gilt das unter Tz 150 Gesagte (s Tz 150).
Tz. 154
Stand: EL 67 – ET: 10/2009
Nach VerwAuff und Schrifttum wird als Hauptanwendungsfall der Einbringung im Wege einer Anwachsung derjenige Sachverhalt genannt, bei dem alle Gesellschafter/MU einer Pers-Ges I ihre Anteile in die Pers-Ges II einbringen und dadurch das Gesellschaftsvermögen der untergehenden Pers-Ges I gem §§ 738 BGB, 105 Abs 3 HGB kraft Ges auf die übernehmende Pers-Ges II übergeht (s Schr des BMF v 25.03.1998, BStBl I 1998, 268, Rn 24.01 unter d); S/H/S, 4. Aufl, § 24 UmwStG Rn 62, H/B, 2. Aufl, § 24 UmwStG Rn 73). Hier ist festzustellen, dass Rechtsgrund für den Übergang des Gesellschaftsvermögens die rechtsgeschäftliche Einzelabtretung der jeweiligen Gesellschaftsanteile an der Pers-Ges I durch deren Gesellschafter ist und somit durch einen Vorgang der Einzelrechtsnachfolge der Vermögenstransfer ›ausgelöst‹ wird.
Eine Rückbeziehung kann uE auch nicht unter Anwendung des § 24 Abs 4 HS 2 UmwStG hergeleitet werden. Eine Rückwirkung gem § 24 Abs 4 HS 2 UmwStG setzt nämlich eine Einbringung ›im Wege der Gesamtrechtsnachfolge‹ voraus. Damit wird der stliche Tatbestand der Rückwirkung von dem – nicht näher erläuterten und daher auslegungsbedürftigen – (zivilrechtlichen) Begriff der Gesamtrechtsnachfolge abhängig gemacht. Bei der Bestimmung des Tatbestandsmerkmals ist der Sinn und Zweck des Ges, die systematische Einbindung der Vorschrift in die stliche Behandlung der Einbringung insges, die Intention des Gesetzgebers und die Historie des Ges zu berücksichtigen. Danach ergibt sich, dass die Regelung des § 24 Abs 4 HS 2 UmwStG nur die hr-lichen Umwandlungen (dh Gesamtrechtsnachfolge iSd UmwG) begünstigt, die infolge der Novellierung des UmwG ab 1995 zur Durchführung von Einbringung iSd § 24 UmwStG erstmals möglich waren. Hierzu gehört die Einbringung im Wege der Anwachsung nicht. Bis zur Änderung des § 24 UmwStG durch das JStG 1996 war nämlich eine rückwirkende Einbringung in eine Pers-Ges generell weder durch analoge Anwendung der Rückbeziehungsvorschriften des UmwStG in anderen Bereichen noch im Wege der Billigkeit möglich. Es blieb bei der eng begrenzten ›Rückwirkung‹, die aus dem Bereich des § 16 EStG bekannt ist (s Tz 150). Dabei spielte es keine Rolle, ob man die Anwachsung zivilrechtlich der Einzelrechtsnachfolge oder Gesamtrechtsnachfolge zurechnet. Durch Art 15 des JStG 1996 und Art 10 des JStErgG ist § 24 Abs 4 HS 2 UmwStG iS einer neu eingeführten Rückbeziehung der Einbringung gefasst worden. Diese ist allerdings auf die Vorgänge beschr, bei denen die Sacheinlage iSd § 24 Abs 1 UmwStG durch Gesamtrechtsnachfolge durchgeführt wird. Offensichtlich ist in der Hektik des Gesetzgebungsverfahrens zum UmwG und UmwStG übersehen worden, dass hr-lich ab 01.01.1995 (neue) Umwandlungsmöglichkeiten mit Rückwirkung eröffnet worden sind, die ertragstlich unter den Anwendungsbereich des § 24 UmwStG fallen. Die Einführung der Rückbeziehung in § 24 UmwStG soll die Diskrepanz zwischen den hr-lich Regelungen (bei denen die Gesamtrechtsnachfolge ein dominantes Grundprinzip darstellt) und der stlichen Behandlung – wie bei allen übrigen Umstrukturierungsvorgängen des UmwStG, denen hr-liche Umwandlungen zu Grunde liegen – beseitigen. Dies wird auch aus der Gesetzesbegründung deutlich (s BT-Drucks 13/1558 zu § 24 UmwStG), die ausdrücklich auf die Einbringung im Wege der Ausgliederung und die dort hr-lich ermöglichte Rückbeziehung abstellt. Darüber hinaus ist kein sachlicher Grund ersichtlich, warum das Ges aus dem Bereich der Einbringungen außerhalb der Umwandlungen nach dem UmwG nur die Anwachsung erstmals in die Rückwirkung einbeziehen sollte, wenn im Übrigen alle Einzelübertragungen ausdrücklich an der Rückbeziehung nicht teilhaben (s Tz 149 f). Dies gilt umso mehr, als bei Abfassung des Ges die zivilrechtliche Einordnung der Anwachsung als Gesamtrechtsnachfolge als nicht gesichert anzusehen war.
Schließlich würde die Einbeziehung der Anwachsung in die stliche Rückwirkung nach § 24 Abs 4 HS 2 UmwStG zu einer widersprüchlichen Behandlung des Vorgangs im Bereich (ein und derselben Vorschrift) des § 24 UmwStG führen. Denn in § 24 Abs 4 HS 1 UmwStG wird auf die entspr Anwendung des § 22 Abs 1 bis 3 UmwStG verwiesen. Dort wird für Zwecke der Auswirkung der Einbringung bei der Übernehmerin die Anwachsung wie eine Einzelrechtsnachfolge behandelt und der Einbringung im Wege der hr-lichen Umwandlung gegenübergestellt (s § 22 Abs 3 UmwStG; dazu s § 22 UmwStG [vor SEStEG] Tz 65).