1 Inhalt des § 5 Abs 1 Nr 23 KStG

 

Tz. 1

Stand: EL 77 – ET: 04/2013

Die durch das StÄndG 2003 v 15.12.2003 (BStBl I 2003, 710) in § 5 Abs 1 KStG angefügte Nr 23 betrifft die Auftragsforschung öff-rechtlicher Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen. Mit der St-Befreiung der von diesen Einrichtungen betriebenen Auftragsforschung wird eine Gleichbehandlung mit der Forschungstätigkeit gemeinnütziger Kö, die nach § 68 Nr 9 AO stbefreit ist, erreicht (s BT-Drs 15/1945, 12).

 

Tz. 2

Stand: EL 77 – ET: 04/2013

Die Vorschrift des § 5 Abs 1 Nr 23 KStG ist im Gegensatz zu allen anderen Befreiungsvorschriften des § 5 Abs 1 KStG nicht ›personenbezogen‹, sondern ›tätigkeitsbezogen‹, da die Befreiung nicht für die öff-rechtlichen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, sondern für die Auftragsforschung dieser Einrichtungen ausgesprochen wird. Hierzu gehört auch die im Zuge einer Zulassung eines Medikamentes durchgeführte ›klinische Studie‹ einer medizinischen Hochschule. Im Falle der Durchführung einer klinischen Prüfung geht die Fin-Verw – uE zurecht – davon aus, dass neue Erkenntnisse angestrebt werden. Insoweit handelt es sich also nicht um die bloße Anwendung gesicherter wissenschaftllicher Erkenntnisse. Denn anderenfalls würde auf die kostenintensive Prüfung verzichtet werden (s Vfg OFD Frankfurt/Main v 09.08.2005, DB 2005, 2052).

Dadurch erfolgt eine Korrespondierung mit der KSt-Pflicht im öff-rechtlichen Bereich durch § 1 Abs 1 Nr 6 KStG. Auch die dortige Regelung der St-Pflicht ist nicht ›personenbezogen‹, sondern ›tätigkeitsbezogen‹, da die St-Pflicht nicht für die jur Pers d öff Rechts, sondern für deren BgA postuliert wird.

Für die folgenden Tätigkeiten ist gem § 5 Abs 1 Nr 23 HS 2 KStG die St-Freiheit ausgeschlossen:

Tätigkeiten, die auf die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse gerichtet sind,
Übernahme von Projektträgerschaften,
wirtsch Tätigkeiten ohne Forschungsbezug.

Insoweit besteht eine Übereinstimmung zwischen § 5 Abs 1 Nr 23 HS 2 KStG und § 68 Nr 9 S 3 AO (vgl. auch AEAO zu § 68 Nr 15).

Die ›tätigkeitsbezogene‹ Betrachtung hat zur Folge, dass nicht der BgA ›Auftragsforschung‹ insges stbefreit ist, sondern nur die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Auftragsforschung. Dieser BgA fällt damit in den Anwendungsbereich des § 20 Abs 1 Nr 10 Buchst b EStG, da die Vorschrift nur dann nicht greift, wenn der BgA selbst stbefreit ist. Von der Fin-Verw wird es jedoch für vertretbar angesehen, diese Vorschrift auf den stfreien Teil des BgA nicht anzuwenden. UE entspricht dies dem Sinn und Zweck der Regelung (im Einzelnen s Vfg OFD Münster v 18.08.2010, DStR 2010, 2250).

2 Vorrang des § 5 Abs 1 Nr 23 KStG vor § 68 Nr 9 AO

 

Tz. 3

Stand: EL 77 – ET: 04/2013

Für die St-Befreiung der Auftragsforschung der öff-rechtlichen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen ist uE davon auszugehen, dass § 5 Abs 1 Nr 23 KStG Vorrang vor § 68 Nr 9 AO hat.

Würde man umgekehrt von einem Vorrang des § 68 Nr 9 AO vor § 5 Abs 1 Nr 23 KStG ausgehen würde, wäre

die Auftragsforschung derjenigen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, die die strengeren Voraussetzungen des § 68 Nr 9 AO – überwiegende Finanzierung aus Zuwendungen der öff Hand oder Dritter oder aus Vermögensverwaltung (s § 5 Abs 1 Nr 9 KStG Tz 276d, 276 f, 276g) – erfüllen, als ZwB iSd § 68 Nr 9 AO stbefreit,
die Auftragsforschung derjenigen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, die diese strengeren Voraussetzungen des § 68 Nr 9 AO nicht erfüllen, dagegen nach § 5 Abs 1 Nr 23 KStG stbefreit.

Würde man § 5 Abs 1 Nr 23 KStG und § 68 Nr 9 AO als gleichrangig ansehen, bestünde für die Einrichtungen grds ein ›Wahlrecht‹ hinsichtlich der St-Befreiung. Dieses Wahlrecht würde uE von den beiden in Tz 3 genannten Gruppen idR zugunsten des § 5 Abs 1 Nr 23 KStG ausgeübt werden.

3 Voraussetzung für die Steuerbefreiung

 

Tz. 4

Stand: EL 77 – ET: 04/2013

Die Befreiung nach § 5 Abs 1 Nr 23 KStG gilt für die Auftragsforschung der öff-rechtlichen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen. Die Ges-Begr (s BT-Drs 15/1945, 12) nennt als derartige Einrichtungen die staatlichen Hochschulen. Zum Begriff der ›staatlichen Hochschule‹ s § 1 Hochschulrahmengesetz (HRG) v 19.01.1999 (BGBl I 1999, 18 – mit späteren Änderungen), zur Rechtsform s § 58 HRG, zum Begriff der Wissenschafts- und Forschungseinrichtung auch s § 2 Abs 1 und §§ 22, 24, 25 HRG.

Voraussetzung für die Anwendung des § 5 Abs 1 Nr 23 KStG ist, dass durch die Auftragsforschung ein BgA begründet wird (s Vfg der OFD Magdeburg v 22.04.2004, DB 2004, 1236); anderenfalls bestünde von vornherein keine KSt-Pflicht, so dass es einer St-Befreiung nicht mehr bedarf.

Weitere Voraussetzungen sind nicht zu erfüllen. Insbes kommt es – anders als bei § 68 Nr 9 AO – nicht darauf an, wie sich die Einrichtung finanziert.

4 Begünstigter Tätigkeitsbereich ›Auftragsforschung‹ (§ 5 Abs 1 Nr 23 HS 1 KStG)

 

Tz. 5

Stand: EL 77 – ET: 04/2013

Begünstigt durch § 5 Abs 1 Nr 23 HS 1 KStG ist ausschl die Auftragsforschung der öff-rechtlichen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen.

Tätigkeiten iSd § 5 Abs 1 Nr 23 HS 2 KStG sind von der St-Befreiung ausgenommen (hierzu s Tz 2).

Für die Eigen- und Grundlagenforschung der Einrichtungen hat § 5 Abs 1 Nr 23...

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