Ewald Dötsch, Torsten Werner
Tz. 72
Stand: EL 84 – ET: 08/2015
Bei Aufdeckung einer vGA kann es bei der ausschüttenden Kö nicht nur während der 18-jährigen Übergangszeit (idR jedoch nur noch bis 2006) zu einer KSt-Erhöhung nach § 38 KStG kommen, sondern es ist grds gem § 43 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG im Zeitpunkt des Zuflusses der vGA auch KapSt einzubehalten (s Urt des BFH v 20.08.2008, BStBl II 2010, 142). Dabei unterliegt – unabhängig von der Anwendung des § 3 Nr 40 EStG bzw des § 8b KStG – die vGA in voller Höhe der KapSt (s § 43 Abs 1 S 3 EStG). Bei Zugehörigkeit der Kap-Beteiligung zu einem BV des AE ist die einbehaltene und abgeführte KapSt bei Vorlage einer St-Besch iSd § 45a EStG anzurechnen, und zwar auch dann, wenn die vGA nach § 3 Nr 40 EStG zu 60% (bis VZ 2008: hälftig) zu versteuern oder nach § 8b Abs 1, 5 KStG zu 95% stfrei ist (s § 36 Abs 2 Nr 2 S 1 EStG). Ab dem VZ 2009 greift im Übrigen die AbgeltungSt (s Tz 12, 12a). Da vGA idR erst iR einer Außenprüfung aufgedeckt werden, ist die KapSt idR nachträglich einzubehalten (s Urt des BFH v 04.07.1984, BStBl II 1984, 842). Das wird bei ausl AE auch so praktiziert. Zahlt die Kö die KapSt selbst, liegt darin eine erneute vGA. In VZ bis 2008 ist dafür der erhöhte KapSt-Satz gem § 43a Abs 1 Nr 1 EStG aF anzuwenden (s Urt des BFH v 25.09.1970, BStBl II 1971, 53 und v 21.12.1972, BStBl II 1973, 449); ab dem VZ 2009 gilt für den KapSt-Einbehalt ein EinheitsStSatz von 25%.
Bei AE, die zur ESt oder KSt veranlagt werden, wird in der Praxis bei iRd Veranlagung oder einer Bp festgestellten vGA auf die nachträgliche Einbehaltung der KapSt verzichtet, wenn deren Versteuerung zweifelsfrei feststeht; insoweit kommt beim AE eine KapSt-Anrechnung nicht in Betracht. Der BFH (s Urt des BFH v 28.11.1961, BStBl II 1962, 107 und v 03.07.1968, BStBl II 1969, 4) hat den Vorrang des Veranlagungs- vor dem Abzugsverfahren bestätigt. Dazu ausführlich s OFD Münster (Vfg der OFD Münster v 07.11.2007, DB 2008, 204). Ebenfalls hierzu s Sender (StB 1994, 52 und StWa 1994, 161).
UE ist fraglich, ob die bisherige auf der BFH-Rspr beruhende Verw-Praxis nach Einführung der AbgeltungSt ab VZ 2009 beibehalten werden kann. Die Zweifel gründen sich auf den Wortlaut des § 32d Abs 3 S 1 EStG, wonach der Stpfl in seiner ESt-Erklärung stpfl KapErträge anzugeben hat, "die nicht der KapSt unterlegen haben". Da vGA grds dem KapSt-Abzug und der AbgeltungSt unterliegen und die KapSt seit Einführung der Abgeltung-St nicht mehr generell den Charakter einer "Vorauszahlung auf die ESt des AE" hat, könnte der AE, wenn das FA wie bisher den nachträglichen KapSt-Abzug unterlässt, vorbringen, er müsse die vGA in seiner ESt-Erklärung nicht deklarieren, weil ja ges der KapSt-Abzug vorgeschrieben sei. Wie zu § 27 KStG Tz 204a und in vorstehender Tz 12a ausgeführt, hält die Fin-Verw jedoch an dem Grundsatz des Vorrangs des Veranlagungs- vor dem StAbzugsverfahren jedoch auch nach Einführung der AbgeltungsSt fest (s Schr des BMF v 09.10.2012, BStBl I 2012, 953, Rn 144). Ebenfalls hierzu s § 8 Abs 3 KStG Anh "Kapitalertragsteuer" Tz 1 ff.
Eine Verpflichtung zum Einbehalt von KapSt besteht nicht, wenn eine GmbH irrtümlich Dividenden an nicht mehr gewinnbezugsberechtigte Gesellschafter auszahlt und diese die erhaltenen Beträge zurückgewähren (s FG Berlin-BB, rkr Urt v 16.04.2008, EFG 2008, 1617). Auch s Tz 12.