Leitsatz
Es verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass Betriebe des produzierenden Gewerbes, die steuerbegünstigt sowohl Mineralöl als auch Strom verwenden, sowohl den in § 25 Abs. 4 MinöStG 1993 als auch den in § 9 Abs. 3 StromStG festgelegten Selbstbehalt in Höhe von 1.000 DM zweimal zu tragen haben, während der Selbstbehalt bei Unternehmen, die nur eine Energieart verwenden, nur einmal zu berücksichtigen ist.
Normenkette
Art. 3 Abs. 1 GG , § 25 Abs. 4 MinöStG 1993 , § 9 Abs. 3 StromStG
Sachverhalt
Ein Bäcker nahm die Steuervergünstigungen in Anspruch, die Betrieben des produzierenden Gewerbes sowohl im StromStG als auch im MinöStG gewährt wird. Beide Gesetze sehen allerdings vor, dass der Steuerpflichtige 1.000 DM Steuerlast (als Sockelbetrag) zu tragen hat, bevor die Steuervergünstigungen eingreifen. Der Bäcker wollte diesen Selbstbehalt von jeweils 1.000 DM nur einmal tragen, weil er in dem doppelten Ansatz eines solchen Selbstbehalts eine gleichheitswidrige Diskriminierung der Betriebe sah, die einen "Energiemix" verwenden.
Die Klage hatte keinen Erfolg, der BFH hat die Revision nicht zugelassen.
Entscheidung
Der BFH verweist auf den eindeutigen Wortlaut der beiden Gesetze, die keiner Auslegung in einem Revisionsverfahren bedürften. Auch verfassungsrechtliche Zweifelsfragen bestünden nicht. Prüfungsmaßstab sei der Gleichheitssatz, d.h. die Frage, ob schutzwürdige Belange der Verwender eines "Energiemixes" (Wettbewerbsnachteile?) ohne hinreichenden sachlichen Grund vernachlässigt worden sind. Das sei nicht der Fall.
Der Selbstbehalt (Sockelbetrag der beiden Steuern, den der Verwender in jedem Fall tragen muss) beruhe auf Praktikabilitätserwägungen (keine Steuerbefreiungsverfahren bei den zahllosen Kleinverbrauchern). Die Kumulierung der in den beiden Gesetzen vorgesehenen Selbstbehalte hätte sich nur durch ein Anrechnungsverfahren bzw. ein Kumulierungsverbot vermeiden lassen, was in beiden Fällen eine "Verschränkung" der beiden Gesetze mit entsprechend erhöhtem Verwaltungsaufwand erfordert hätte, zumal die Steuervergünstigung in den beiden Gesetzen steuertechnisch unterschiedlich ausgestaltet sei. Dies sei nicht geboten gewesen, zumal die Betriebe dem doppelten Selbstbehalt durch Verwendung einer einzigen Energieart ausweichen könnten; ein Kumulierungsverbot wird allerdings vom BFH als "unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten wünschenswert" bezeichnet.
Hinweis
1. Wenn der Gesetzgeber Steuervergünstigungen gewähren will, hat er einen sehr weiten Gestaltungsspielraum. Das hat das BVerfG in der Besprechungsentscheidung, aber auch in der Entscheidung zur "Öko-Steuer" (BFH-PR 2004, 244) erneut und mit Recht hervorgehoben. Klagen, die darauf gerichtet sind, an einer Steuervergünstigung teilzuhaben oder die mit einer solchen Vergünstigung verbundenen Nachteile, Bedingungen und sonstigen Restriktionen "auszuhebeln", haben deshalb im Allgemeinen wenig Erfolgsaussicht. Die Gerichte können die gesetzliche Regelung nur beanstanden, wenn sie "willkürlich" ist. Dem Gesetzgeber wird insofern auch, was die tatsächlichen Auswirkungen einer bestimmten Ausgestaltung des Gesetzes angeht, ein Prognosespielraum zugestanden werden müssen.
2. Selbst bei einem erfolgreichen verfassungsrechtlichen Angriff gegen die Ausgestaltung einer steuerlich begünstigenden Regelung muss das Verfassungsgericht es im Allgemeinen dem Gesetzgeber überlassen, wie er den Verstoß gegen den Gleichheitssatz beseitigen will. Er kann nämlich die begünstigende Regelung ausweiten oder noch stärker einschränken oder sogar ganz fallen lassen!
3. Was den Kampf des Klägers gegen den ihm zugemuteten doppelten Selbstbehalt angeht, war die verfassungsrechtliche Grundlage des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs, den Selbstbehalt nur einmal tragen zu müssen, ohnehin dubios. Schließlich hätte der Gesetzgeber zweifellos die im Rahmen der ökologischen Steuerreform für das produzierende Gewerbe vorgesehene Begünstigung ganz unterlassen oder einen noch weit höheren Selbstbehalt vorschreiben können. Der vom Kläger bemühte Gleichheitssatz gebietet nur Gleiches gleich zu behandeln, was nicht bedeutet, dass Subventionen schlechterdings gleichmäßig zu verteilen sind.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 2.3.2004, VII B 211/03