Rz. 82
Nachdem Mitte 2020 die in vielen Bereichen geänderte StBVV in Kraft getreten ist (BGBl. I 2020, 1495) wurde kurz vor Ende des Jahres 2020 auch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) sowie die Vergütungsverordnung (VV RVG) und insbesondere die Regeltabelle gem. § 13 Abs. 1 RVG den heutigen Verhältnissen angepasst. Die Angehörigen der steuerberatenden Berufe haben in zahlreichen Bereichen das RVG anzuwenden. Damit müssen sie sich mit den Änderungen für die Rechtsanwaltschaft, die am 01. 01. 2021 in Kraft getreten sind (BGBl. I 2020, 3229), auseinandersetzen.
1. Der Weg zum heutigen RVG
Rz. 83
Seit 1957 gab es die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO), welche insbesondere im Rahmen des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 (BGBl. I 1994, 1325) eine massive Erhöhung der Tabellenwerte in § 11 BRAGO erlebte. Abgelöst wurde die BRAGO mit dem Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechtes vom 05. 05. 2004 (BGBl. I 2004, 718, 788) durch das bis heute gültige Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG). Neben jährlich erfolgenden kleineren Änderungen aufgrund der entsprechenden Gesetzesänderungen in zahlreichen Vorschriften, insbesondere des Zivil- und öffentlichen Rechtes, erfolgte mit dem 2. Kostenmodernisierungsgesetz vom 23. 07. 2013 (BGBl. I 2013, 2586) eine Anpassung des dem RVG beigefügten Vergütungsverzeichnisses (VV RVG).
Rz. 84
Deutliche Erhöhungen gab es sodann mit dem schon erwähnten Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 (BGBl. 2020 I, 3229). Dieses trat wenige Tage nach der Verkündung am 01. 01. 2021 in Kraft und ist dann zu berücksichtigen, wenn der Auftrag zu der entsprechenden Tätigkeit des Rechtsanwaltes – und entsprechend den Verweisungsvorschriften in der StBVV auch für den Steuerberater – vor diesem Zeitpunkt erteilt wurde.
Rz. 85
Inhaltlich erfolgte eine lineare Erhöhung der anwaltlichen Gebühren um 10 %, bei sozialrechtlichen Sachverhalten sogar um 20 %. Dies ist der Regeltabelle nach § 13 Abs. 1 RVG zu entnehmen; die Prozesskostenhilfe–Tabelle in § 49 RVG wurde ebenfalls entsprechend angehoben. Dort wurde auch eine weitere Anhebung dadurch vorgenommen, dass nunmehr Gegenstandswerte bis zu 50.000,00 Euro (früher: 30.000,00 Euro) geltend gemacht werden können, so dass die Höchstgebühr für eine 1,0 Grundgebühr nunmehr 659,00 Euro (früher: 447,00 Euro) beträgt.
Rz. 86
Daneben wurden folgende wesentliche Änderungen vorgenommen:
- Gesetzliche Verankerung einer außergerichtlichen Einigungsgebühr
- Deckelung der Anrechnung der mehrfach angefallenen Geschäftsgebühr
- Terminsgebühr für privatschriftliche Vergleiche
- Erstreckung der PKH-Beiordnung im Falle eines Mehrvergleiches
- Erhöhung von Fahrtkostenpauschalen, Tages- und Abwesenheitsgeldern
- Entgelt für Pausenzeiten in (Steuer-)Strafsachen.
Rz. 87
Zudem hat das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 auch die Werte nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG), dem Gerichtsvollzieherkostengesetz sowie dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz teilweise deutlich angehoben – relevant gerade auch für als gerichtliche Sachverständige tätige Steuerberater.
2. Überblick über die Regeln des RVG
Rz. 88
Das RVG gliedert sich in einen Paragraphenteil (62 Einzelvorschriften) und in ein Vergütungsverzeichnis (VV RVG). Letzteres enthält ca. 250 Gebühren- und Auslagentatbestände. Den Paragraphenteil kann man als den "allgemeinen Teil" des anwaltlichen Honorarrechts bezeichnen, während die "einzelnen Gebührentatbestände" im VV RVG enthalten sind. Letzteres ist die Anlage 1 zum RVG (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RVG). Die sodann zu ermittelnden Honorarbeträge sind den einzelnen Werten der RVG-Tabelle zu § 13 Abs. 1 RVG zu entnehmen, die diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt wurde und Gegenstandswerte bis zu 500.000,00 Euro aufführt.
Rz. 89
Da in mehreren Bestimmungen der StBVV auf das RVG verwiesen wird und dieses Gesetz als "entsprechend anzuwenden" vorgegeben ist, genügt es nicht, einzelne Vorschriften zu kennen. Auch die allgemeinen Vorschriften sind zu beachten, wenn die Abrechnung ordnungsgemäß nach RVG erfolgen soll. Daher in Kurzfassung folgende Übersicht zum RVG:
Rz. 90
§ 1 RVG bestimmt, dass sich die Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten von Rechtsanwälten nach diesem Gesetz bemisst; dies gilt auch für verkammerte Rechtsbeistände. Ausgenommen sind Tätigkeiten, für die es gesonderte Honorarregeln gibt, wie beispielsweise beim Insolvenzverwalter (Insolvenzrechtliche Vergütungsverordnung – InsVV –) oder auch beim Testamentsvollstrecker (§ 2221 BGB), wobei nach der Rechtsprechung anerkannte Tabellen, ausgerichtet an dem Nachlasswert, zugrunde zu legen sind (Palandt/Weidlich, BGB Kommentar, 80. Auflage 2021, Rdn. 3 ff. zu § 2221 BGB).
Rz. 91
Gemäß § 2 RVG berechnet sich die Höhe der Vergütung nach dem Gegenstandswert. Die Einzelheiten ergeben sich aus den jeweiligen Regeln des VV RVG und bestimmen die jeweiligen Spannen der Ansätze des Honorars.
Rz. 92
§ 3a Abs. 1 RVG ist gerade auch für Steuerberater zu beachten, wenn Vergütungsvereinbarungen abgeschlossen wurden oder abgeschlossen werden sollen, bei denen RVG-Vorgaben zu berücksichtigen sind. Beispielsweise b...