Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Die umgekehrte Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers erfasst nur solche Bauleistungen, die sich unmittelbar auf die Substanz eines Bauwerks i. S. e. Substanzveränderung in Form der Erweiterung, Verbesserung oder Beseitigung desselben auswirken. Sie scheidet daher aus, wenn die Leistungen den Einbau bzw. Aufbau einer sog. Betriebsvorrichtung betreffen. Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (Az. beim BFH: V B 127/13)
Sachverhalt
Die klagende KG verkaufte der D GmbH ein (Abluft-)Klimatechniksystem für industrielle Großfeuerungsanlagen, sog. Ziehöfen, und baute diese ein. Die dadurch eintretende Abfilterung der von den Ziehöfen ausgehenden Abwärme und Staubpartikel gewährleistet einen störungsfreien Betrieb der in den Maschinenhallen aufgebauten Ziehöfen. Die Entlüftung der die Ziehöfen überdachenden Produktionshallen der D GmbH erfolgt stets über separate Klimaanlagen.
Die bei der Erstellung der o. g. Anlage für die D GmbH für die Klägerin tätigen Subunternehmer erteilten der Klägerin Rechnungen mit Umsatzsteuerausweis. Das Finanzamt versagte der Klägerin aus diesen Rechnungen den Vorsteuerabzug. Die Klägerin habe von den Subunternehmern sog. Bauleistungen empfangen und sei (anstatt der Subunternehmer) Umsatzsteuerschuldnerin nach § 13b Abs. 2 Nr. 4 UStG.
Entscheidung
Die umgekehrte Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers erfasst nur solche Bauleistungen, die sich unmittelbar auf die Substanz eines Bauwerks i. S. e. Substanzveränderung in Form der Erweiterung, Verbesserung oder Beseitigung desselben auswirken. Sie scheidet daher nach Ansicht des FG Berlin-Brandenburg aus, wenn die Leistungen den Einbau bzw. Aufbau einer sog. Betriebsvorrichtung betreffen. Denn Betriebsvorrichtungen bleiben ungeachtet der §§ 93 ff. BGB bewegliche Sachen und machen trotz ihrer ggf. festen Einfügung in ein Gebäude kein Bauwerk aus. Betriebsvorrichtungen sind Maschinen und sonstige Vorrichtungen, die zu einer Betriebsanlage gehören. Entscheidend ist, ob die Gegenstände von ihrer Funktion her unmittelbar zur Ausübung des Gewerbes genutzt werden.
Der Aufbau des Klimaanlagensystems der Klägerin für Ziehöfen stehe in keinem (unmittelbaren) Zusammenhang mit einem Bauwerk. Das Entrauchungssystem der Klägerin selbst diene nicht der Be-/Entlüftung der die Ziehöfen überdachenden Werkhallen; hierfür war ein gesondertes Klimaanlagensystem vorhanden bzw. vonnöten. Des Weiteren erfordere der Aufbau der Abzugsanlage der Klägerin keine (größeren) Umbauten an der Gebäudesubstanz. Deshalb sei nach Auffassung des FG eine - wenn auch nur entferntere - Nutzungssteigerung (vergleichbar z. B. dem Einbau einer Rolltreppe in ein Bauwerk) nicht begründbar.
Letztlich liege die Bestimmung der klägerischen Anlage ausschließlich in der Sicherstellung eines störungsfreien Laufs der Maschinenanlagen der Auftraggeberin D GmbH und diene damit direkt der Ausübung deren Gewerbetätigkeit.
Hinweis
Nach dem Urteil des Hessischen FG v. 21.1.2014 (Hessischen FG, Urteil v. 21.1.2014, 1 K 2198/11; Revision anhängig, Az beim BFH: XI R 3/14) sind dagegen von Subunternehmer erbrachte Werklieferungen von (betriebsbereiten) Fotovoltaikanlagen, die auf oder an einem Bauwerk installiert werden, z. B. dachintegrierte Anlagen, Auf-Dach-Anlagen oder Fassadenmontantagen) stets Bauleistungen i. S. d. § 13b Abs. 2 Nr. 4 S. 1 UStG (zustimmend BMF, Schreiben v. 9.12.2013, IV D 3 - S 7279/13/10001).
Für die Abführungspflicht nach § 13b UStG für Bauleistungen kommt es nicht darauf an, ob und ggf. in welchem Umfang der Leistungsempfänger im Vorjahr Bauleistungen erbracht hat oder ob er eine sog. Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG verwendet hat. Maßgeblich ist allein, dass der Leistungsempfänger (hier die Klägerin) die empfangenen Bauleistungen selbst unmittelbar für die Erbringung eigener Bauleistungen verwendet. Deshalb sind z. B. sog. Bauträger auch keine Bauleistenden i. S. d. § 13b Abs. 5 S. 2 UStG (vgl. hierzu BFH, Urteil v. 22.8.2013, V R 37/10; BStBl 2014 II S. 128; BMF, Schreiben v. 5.2.2014, BStBl 2014 I 233).
Link zur Entscheidung
FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.11.2013, 7 K 7001/13