Leitsatz
Bringt der Erbe sein Einzelunternehmen zu Buchwerten in eine neu gegründete GmbH & Co. KG ein, an der die Kinder zur Abgeltung ihrer Pflichtteilsansprüche wertmäßig über ihre Einlage hinaus am KG-Vermögen beteiligt werden, liegt ein unentgeltliches Rechtsgeschäft vor, das zu einem laufenden Gewinn führt.
Normenkette
§ 24 UmwStG
Sachverhalt
Der Kläger und seine Ehefrau waren die beiden Gesellschafter einer KG. Nach dem Tod der Ehefrau machten die beiden Kinder Pflichtteilsansprüche gegen den Kläger als Alleinerben geltend, die dieser durch Einräumung eines Kommanditanteils von je 1/8 an einer neu gegründeten GmbH & Co. KG erfüllte (Streitjahr 1990).
Das FA sah in der Einräumung der KG-Anteile gegen Verzicht auf die Pflichtteilsansprüche einen entgeltlichen Vorgang und nahm in Höhe der Differenz zwischen den Pflichtteilsansprüchen und den Buchwerten der übertragenen Anteile beim Einzel?nternehmen des Klägers einen Veräußerungsgewinn an.
Entscheidung
Der BFH bejaht eine zur Gewinnrealisierung führende Aufnahme von Gesellschaftern gegen "Zuzahlung".
Nach dem Tod der Ehefrau wurde der Kläger Alleininhaber des Unternehmens, da das Gesellschaftsvermögen auf ihn als Alleinerben übergegangen ist. Die Einbringung seines Einzelunternehmens in die neu gegründete GmbH & Co. KG konnte nur erfolgsneutral gestaltet werden, soweit der Kläger durch die Einbringung die Rechtsstellung eines Gesellschafters und Mitunternehmers erlangt hat, nicht dagegen soweit er von den aufgenommenen Gesellschaftern eine "Zuzahlung" in sein Privatvermögen in Gestalt des Verzichts auf Pflichtteilsansprüche und damit Befreiung von privaten Verbindlichkeiten erlangt hat. Über die Höhe des Veräußerungsgewinns ist nicht bei der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung der GmbH & Co. KG, sondern bei der ESt-Veranlagung des Klägers zu entscheiden. Die Sache musste an das FG zurückverwiesen werden, da das FG den Wert der Pflichtteilsansprüche und die Höhe des Veräußerungsgewinns nicht ermittelt hatte.
Hinweis
Bei Einbringung eines Betriebs (Teilbetriebs, Mitunternehmeranteils) in eine Personengesellschaft kann das eingebrachte Betriebsvermögen mit seinem Buchwert oder einem höheren Wert (höchstens Teilwert) angesetzt werden. Der Wert gilt für den Einbringenden als Veräußerungspreis (§ 24 Abs. 3 UmwStG). Dieses Wahlrecht gilt nicht, wenn der Betrieb gegen Geld (oder andere Wirtschaftsgüter) veräußert wird. Im Veräußerungsfall entsteht ein begünstigter Veräußerungsgewinn (§§ 16, 34 EStG).
Die Veräußerung und Einbringung können auch miteinander verbunden werden. Das ist der Fall, wenn der Einbringende neben Gesellschaftsrechten von den aufgenommenen Gesellschaftern eine Zuzahlung in sein Privatvermögen erhält. Dann liegt in der Zuzahlung ein von der Einbringung zu trennender Veräußerungsvorgang, der insoweit zu einem Veräußerungsgewinn führt.
Eine Zuzahlung in das Privatvermögen des Einbringenden liegt nicht nur bei einer unmittelbaren Zahlung durch die eintretenden Gesellschafter vor, sondern auch bei der Übernahme privater Verbindlichkeiten des Einbringenden oder beim Verzicht auf eine private Forderung – hier den Pflichtteilsanspruch – gegen den bisherigen Einzelunternehmer.
Im Schrifttum wird z.T. die Auffassung vertreten, der Pflichtteilsberechtigte, der zur Abgeltung seines Pflichtteilanspruchs einen Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil erhalte, erwerbe unentgeltlich vom Erben und habe analog § 7 Abs. 1 EStDV bzw. § 6 Abs. 3 EStG die Buchwerte fortzuführen, so dass beim Erben kein Gewinn verwirklicht werde. Der BFH ist anderer Ansicht. Er sieht eine Gewinnrealisierung als gerechtfertigt an, da die stillen Reserven anteilig auf den Pflichtteilsberechtigten übergehen und kein Grund für eine Ausnahme vorliegt.
Der Veräußerungsgewinn ist laufender Gewinn. Ein tarifbegünstigter Gewinn hätte nur dann vorgelegen, wenn der Kläger sein Einzelunternehmen zu Teilwerten in die GmbH & Co. KG eingebracht hätte oder wenn er es zunächst in eine GmbH & Co. KG mit ihm als einzigem Kommanditisten eingebracht und die Kinder erst später in die GmbH & Co. KG aufgenommen hätte. Mit der Abschaffung der Tarifvergünstigung für die Veräußerung eines Anteils an einem Mitunternehmeranteil ab 2002 ist diese Möglichkeit entfallen (§ 16 Abs. 1 Satz 2 n.F.).
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 16.12.2004, III R 38/00