Beispiel 1:
Keine Gewährung von Gesellschaftsrechten
Vater V, der ein Einzelunternehmen betreibt, überträgt dieses nach § 6 Abs. 3 EStG zu Buchwerten zum 1.1.2021 auf seinen Sohn S. Bereits im Dezember 2020 hat S eine GmbH durch Bar-Einzahlung eines Stammkapitals von 25.000 EUR gegründet. Im Gesellschaftsvertrag der von S gegründeten GmbH war u. a. Folgendes vereinbart:
Es ist vorgesehen, dass Herr S unabhängig von der heutigen Gründung später den Betrieb seines Vaters im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten soll. Herr S wird diesen Betrieb sodann in die GmbH, ohne Erhöhung des Kapitalkontos, einbringen. Der Wert dieses Betriebs wird der Kapitalrücklage zugeschlagen.
Nach der Vorgabe des Gesellschaftsvertrags wurde auch vorgegangen. Im Rahmen einer Betriebsprüfung wird die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen der Buchwertfortführung nach § 20 UmwStG seien mangels Gewährung neuer Gesellschaftsrechte nicht erfüllt, so dass die Einbringung für S zu einem steuerpflichtigen Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 3 EStG führt. Zu Recht?
Lösung: Nach dem Urteil des FG Baden-Württemberg vom 19.4.2011 liegt eine steuerpflichtige Betriebsaufgabe vor, da der Betrieb ohne Gewährung von Gesellschaftsrechten und damit unentgeltlich im Wege der verdeckten Einlage auf die GmbH übertragen wurde. Die Regelungen des § 6 Abs. 3 EStG sind bei einer verdeckten Einlage nicht einschlägig, da ihr eine Entnahme des Betriebsvermögens zwangsläufig vorausgeht, so dass eine Betriebsübertragung nicht mehr möglich ist. Da die Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag keine Verpflichtung enthalten, sondern nur ein künftiges Tun ankündigen (Einbringung des Einzelunternehmens in die GmbH), ist der Streitfall auch nicht mit dem Sachverhalt vergleichbar, der dem BFH-Urteil vom 7.4.2010 zugrunde lag.
Die gegen die Entscheidung des FG Baden-Württemberg eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der BFH mit Beschluss vom 1.12.2011 zurückgewiesen. Es ergebe sich nämlich im Rahmen der Vertragsauslegung, dass die Einbringung des Betriebs nicht in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zu der Gewährung der Anteile an der GmbH gestanden habe. Ob den Regelungen im streitbefangenen Gesellschaftsvertrag eine verbindliche Einbringungsverpflichtung des Klägers entnommen werden kann und ob eine solche ggf. als Aufgeld zur Bareinlage oder aber als (unentgeltliche) verdeckte Einlage zu werten wäre, ist nach Auffassung des BFH eine Frage des Einzelfalls, aus der sich keine der Rechtsfortbildung dienenden verallgemeinerungsfähigen Aussagen ableiten lassen.