1. Einführung, Finanzmitteltest

Finanzmittel als Teil des Verwaltungsvermögens treten in den meisten Unternehmen regulär auf, da Finanzmittel für das Operativgeschäft grundsätzlich benötigt werden. Dieser Tatsache, dass jedes Unternehmen über Finanzmittel verfügen muss, trägt der Verwaltungsvermögenstest dahingehend Rechnung, dass ein Abzug des Sockelbetrages und eine Verrechnung mit den Verbindlichkeiten finanzmittelmindernd i.S.d. ErbStG möglich ist. Dadurch wird das sog. steuerpflichtige Verwaltungsvermögen, bestehend aus dem steuerpflichtigen sonstigen Verwaltungsvermögen und den steuerpflichtigen Finanzmitteln, gemindert und zudem das Bestehen des 20 %-Tests für die Optionsverschonung erleichtert. Problematisch ist jedoch, dass zuallererst der 90 %-Test bestanden werden muss. Hier wird die Summe aus (jungem) sonstigem Verwaltungsvermögen und (jungen) Finanzmitteln dem Unternehmenswert brutto gegenübergestellt. Es liegt eine Brutto-Gegenüberstellung vor, da eine Verrechnung mit den Schulden des Unternehmens auf Ebene des 90 %-Test nicht erfolgt (vgl. R E 13b.9 Abs. 2 ErbStR 2019).

Beraterhinweis Damit liegt auch eine Bruttobetrachtung bei Vorhandensein von Sonderbetriebsvermögen (SBV) vor. Sofern bei einem Gesellschafterdarlehen an die Gesellschaft (Mitunternehmerschaft i.S.d. § 15 EStG) noch keine Investition dieser Mittel in Produktivvermögen durchgeführt wurde, erfolgt für Zwecke des 90 %-Tests sowohl auf Ebene des SBV in Form der Forderung aus dem Gesellschafterdarlehen als auch auf Gesellschaftsebene in Form der liquiden Mittel eine jeweilige Erfassung als Finanzmittel (vgl. Geck, KÖSDI Heft 1/2022, 22576 ff. m.w.N.).

Gegensätzlich zum sonstigen Verwaltungsvermögen verfügen die Finanzmittel über einen Vorteil in der Rechenreihenfolge des Verwaltungsvermögenstests. Die Finanzmittel werden im "Erstzugriff" mit den Verbindlichkeiten verrechnet und dann um den Sockelbetrag (Finanzmitteltest) gemindert. Danach wird erst das sonstige Verwaltungsvermögen, zzgl. der noch verbleibenden Finanzmittel um den sog. Schmutzzugschlag, und den verhältnismäßig, nicht mit Finanzmitteln verrechneten Schulden gemindert (vgl. ebenda).

Beraterhinweis Im Ergebnis kann hieraus abgeleitet werden, dass i.R.d. gestaltenden Beratung ein stetiges Augenmerk darauf liegen sollte, ob das vollständige Minderungspotential des Finanzmitteltests ausgeschöpft ist oder ob hierüber Finanzmittel begünstigt mitübertragen werden können.

2. Definition der (jungen) Finanzmittel

Nach einem Einblick in den Finanzmitteltest wird nachfolgend auf die grundsätzliche Definition eingegangen. Ebenso wird das Vorliegen von jungen Finanzmitteln erörtert sowie die Beurteilung von konzerninternen Forderungen und Verbindlichkeiten. Nach einer Erörterung der rechnerisch negativen jungen Finanzmittel erfolgt die gesamtheitliche Schlussfolgerung hinsichtlich möglicher Umstrukturierungen und Umwandlungen in Unternehmensgruppen.

§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG definiert Finanzmittel als

  • Zahlungsmittel,
  • Geschäftsguthaben,
  • Geldforderungen und
  • andere Forderungen.

Im Detail gehören hierzu bspw. Bargeld, Sichteinlagen, Spareinlagen, Festgeldkonten, Forderungen aus Lieferung und Leistungen, Forderungen ggü. verbundenen Unternehmen, Ansprüche aus Rückdeckungsversicherung, alle Forderungen des Gesellschafters (einer Personengesellschaft) im SBV und Forderungen der Gesellschaft ggü. ihren Gesellschaftern bzw. Anteilseignern. Zudem sind den Finanzmitteln auch sonstige auf Geld gerichtete Forderungen zuzuordnen, soweit diese nicht Verwaltungsvermögen i.S.d. § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG darstellen (vgl. R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR 2019).

Strittig ist, wie streng die Begrifflichkeit der auf Geld gerichteten Forderung auszulegen ist. Nach dem Urteil des FG Münster v. 22.10.2020 zu § 13b ErbStG a.F. schließen diese Forderungen keine solchen auf Sachleistungen ein wie z.B. eine Anzahlung auf eine Produktionsmaschine (vgl. FG Münster v. 22.10.2020 – 3 K 2699/17 F, Rev. eingelegt, Az. d. BFH: II R 36/20, DStRE 2021, 869 = ErbStB 2021, 40 [Knittel] – zum Begriff der anderen auf Sachleistungen bezogenen Forderungen). Als Ausnahmetatbestand sind originäre Finanzmittel i.S.d. obigen Definition nicht als Verwaltungsvermögen zu erfassen (sondern im Umkehrschluss als Produktivvermögen), wenn Sie nach § 13b Abs. 4 Satz 2 Nr. 5 Satz 4 ErbStG dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts i.S.d. § 1 Abs. 1 und Abs. 1a KWG sowie eines Wertpapierinstituts oder Versicherungsunternehmens nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 VAG zuzurechnen sind (vgl. Geck, KÖSDI Heft 1/2022, 22576 ff. m.w.N., Korezkij in BeckOK/ErbStG, Stand: 10/2021, § 13b Rz. 202 ff. m.w.N.; R E 13b.23 Abs. 2 ErbStR 2019).

Bei den sog. jungen Finanzmitteln handelt es sich, anders als beim jungen sonstigen Verwaltungsvermögen, um einen positiven Differenzbetrag entspr. der Darstellung in der nachfolgenden Abbildung. Dieser Differenzbetrag ermittelt sich gem. § 13b Abs. 2 Nr. 5 Satz 2 ErbStG als der positive Saldo der eingelegten und entnommenen Finanzmittel der letzten zwei Jahre vor dem Übe...

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