Die Einfuhrumsatzsteuer gehört zwar in das System der Umsatzsteuer, weil sie beim Import der Gegenstände für die gleiche steuerliche Belastung wie bei Inlandswaren sorgt. Gleichwohl zeichnen sie bestimmte Besonderheiten aus. Das UStG verweist in § 21 Abs. 2 UStG auf die sinngemäße Anwendung der Vorschriften für Zölle und meint damit, dass die Einfuhrumsatzsteuer nicht nur in die Zuständigkeit der Zollbehörden fällt, sondern ihre Erhebung an die Existenz des Zollbescheids über die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer gebunden ist. Im normalen Umsatzsteuersystem hat der Unternehmer die Steuer selbst zu berechnen und an sein zuständiges Finanzamt abzuführen. Die Einfuhrumsatzsteuer entsteht gem. §§ 13 Abs. 2, 21 Abs. 2 UStG i. V. m. Art. 77 Abs. 1, 2 UZK zum Zeitpunkt der Annahme des Antrags auf Abfertigung zum freien Verkehr/Zollanmeldung. Steuerschuldner ist der Anmelder, §§ 13a Abs. 2, 21 Abs. 2 UStG i. V. m. Art 77 Abs. 3 UZK. Für einen Vorsteuerabzug ist nicht erforderlich, dass der Unternehmer die Einfuhrumsatzsteuer tatsächlich entrichtet hat. Er kann sie auch dann abziehen, wenn sein Beauftragter Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer ist. In diesen Fällen soll der Abzug nach Verwaltungsauffassung davon abhängig sein, dass sich der Unternehmer den betreffenden zollamtlichen Beleg oder einen zollamtlich bescheinigten Ersatzbeleg für den Vorsteuerabzug aushändigen lässt.
Beauftragte, Abfertigung zum freien Verkehr
Häufig werden Spediteure oder Zollagenten mit der Abfertigung zum freien Verkehr beauftragt, die in Vorkasse die Einfuhrumsatzsteuer bezahlen und ihrem Auftraggeber belasten. Der in der Abrechnung der Spedition ausgewiesene Zahlbetrag über die Einfuhrumsatzsteuer ist für die Spedition nur ein durchlaufender Posten und berechtigt den Abnehmer nicht zum Vorsteuerabzug. Der Unternehmer sollte sich stets den Einfuhrbeleg vom beauftragten Spediteur aushändigen lassen.
Der Grundsatz der Abzugsfähigkeit der Einfuhrumsatzsteuer ausschließlich für den zum Zeitpunkt der Einfuhr verfügungsberechtigten Unternehmer gilt auch für die sog. unregelmäßige Einfuhrumsatzsteuer, die bei einer Zollschuldentstehung gem. Art. 79 UZK bei Verstößen gegen die ordnungsgemäße Durchführung und Beendigung der besonderen Verfahren erhoben wird. Begründet wurde dies vor allem mit dem Urteil des BFH vom 11.11.2015. Hiernach lag die für den Vorsteuerabzug aus Einfuhrumsatzsteuer gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UStG maßgebliche Einfuhr für das Unternehmen des Abzugsberechtigten dann vor, wenn die Einfuhrumsatzsteuer Eingang in den Preis der Ausgangsumsätze oder in den Preis der Gegenstände oder Dienstleistungen fände, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeiten liefert bzw. erbringt. Der BFH berief sich hierbei auf das Urteil des EuGH vom 25.6.2015. An dem Begriff der Verfügungsmacht hielt der BFH jedoch fest, präzisierte diesen lediglich im Lichte der EuGH Rechtsprechung. Inzwischen hat der BFH seine Rechtsprechung nachgeschärft. Eine Einfuhr für das Unternehmen i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG ist danach gegeben, wenn nicht die Einfuhrumsatzsteuer, sondern der Wert des eingeführten Gegenstandes zu den Kostenelementen der besteuerten Umsätze des Unternehmers gehört. Trotz dieser Klarstellung bleibt es dabei, dass Personen, die nur als Dienstleister an der Einfuhr beteiligt sind, die Einfuhrumsatzsteuer nicht in Abzug bringen können, da die eingeführten Gegenstände nicht Teil der Kosten ihrer Ausgangsumsätze sind.
Eine Ausnahme von einer Einfuhrumsatzsteuerentstehung im Gefolge der Zollschuldentstehung ist die vom EuGH festgestellte Nichterhebung der Einfuhrumsatzsteuer auch bei Zollschuldentstehung z. B. wegen verspäteter Meldung der Beendigung des besonderen Verfahrens, wenn die Ware nachweislich nicht in den Wirtschaftskreislauf der Europäischen Union gelangt ist. Zu beachten ist auch die neueste Rechtsprechung des EuGH, die auf die steuerliche Territorialität hinweist. Unabhängig von dem Ort der Entstehung der Zollschuld soll die Einfuhrumsatzsteuer an dem Ort entstehen, an dem die Ware in den Wirtschaftskreislauf der Union eingegangen ist und einem Verbrauch zugeführt wird. Im Gegensatz zu den Zöllen, die der Union unabhängig davon zustehen, welcher Mitgliedstaat sie erhebt, stehen die Einnahmen aus der Einfuhrumsatzsteuer dem Mitgliedstaat zu, in dem der Endverbrauch erfolgt. Eine allgemeine Verknüpfung zwischen MwStSystRL und Zollkodex bestehe nicht. Der Ort, an dem die Zollschuld entsteht, und der Ort, an dem die Einfuhrumsatzsteuer entsteht, können folglich auseinanderfallen. Die zollrechtliche Fiktion nach Art. 87 Abs. 4 UZK, wonach bei zollrechtlichen Verstößen die Zollschuld als in dem Mitgliedstaat entstanden gilt, in dem der Verstoß festsgestellt wurde, findet für die Einfuhrumsatzsteuer hingegen keine Anwendung.
Auseinanderfallen von Zoll und Einfuhrumsatzsteuer (in Anlehnung an EuGH C-791/22)
A erwarb auf einem Markt in Polen ca. 43.000 Zigaretten, die a...