Der Unternehmer muss im Zeitpunkt der Überführung in die Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr die Verfügungsmacht über den Gegenstand besitzen. Nicht entscheidend ist, wer die EUSt schuldet oder die Ware über die Grenze gebracht bzw. bei der Zollbehörde gestellt hat. Die Frage, wer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, entscheidet sich demnach nach dem Innehaben der umsatzsteuerlichen Verfügungsmacht i.S.v. § 3 Abs. 1 UStG im Zeitpunkt der Abgabe der Zollanmeldung. Daraus folgt auch, dass Hilfspersonen wie Frachtführer oder Lagerhalter nicht abzugsberechtigt sind.
Bestimmung von Ort und Zeitpunkt der Einfuhrlieferung: Der Lieferort und der Zeitpunkt der Lieferung werden durch die Ortsregelungen in § 3 Abs. 6 bis 8 UStG bestimmt. Das bedeutet, dass zivilrechtliche Lieferklauseln (z.B. Incoterms) unbeachtlich sind. Diese Anknüpfung an den logistischen Ablauf des Transportes ohne Berücksichtigung der Tatsache, wer Schuldner der EUSt wird, ignoriert aber ein wesentliches Merkmal für die Berechtigung zum Abzug der EUSt, nämlich die Frage nach dem Eingang der Einfuhrkosten in den Preis der Ausgangsumsätze.
Holt der Abnehmer den Gegenstand im Drittland ab – sei es, dass er ihn dort eingekauft, hergestellt oder verwendet hat – steht beim Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen der Abzug der EUSt dem Abnehmer zu. Insoweit liegt ein Fall des § 3 Abs. 6 UStG vor, bei dem die Verfügungsmacht bereits mit Beginn der Beförderung vom Lieferer auf den Leistungsempfänger übergeht. Eine Verlagerung des Orts der Lieferung in das Inland nach § 3 Abs. 8 UStG kommt nicht in Betracht, da nicht der Lieferer zum Schuldner der EUSt wird, sondern der Leistungsempfänger als Anmelder.
Vorsteuerabzugsberechtigung auch bei Grenzabfertigung durch Beauftragten: Der Abnehmer ist zum Abzug auch berechtigt, wenn er die Grenzabfertigung und die Beförderung durch einen Beauftragten (z.B. Spediteur, Frachtführer, Handelsvertreter, Zolldeklaranten) besorgen lässt. Nicht abzugsberechtigt sind die Beauftragten, die, ohne über den Gegenstand verfügen zu können, bei der Einfuhr lediglich mitgewirkt haben, auch wenn sie eine speditionsähnliche Behandlung (z.B. Erhaltungsmaßnahmen während des Transports) vorgenommen, den eingeführten Gegenstand entsprechend den Weisungen ihres Auftraggebers vorübergehend auf Lager genommen haben oder den Zollbehörden gegenüber für die EUSt haften, insbesondere bei Zollgutverwahrungen oder dem Zollgutversand.
Im Gegensatz dazu steht dem Lieferanten der Abzug der EUSt zu, wenn er den Gegenstand zur eigenen Verfügung vom Drittland in das Inland verbringt oder verbringen lässt und ihn hier erst steuerpflichtig an seinen Abnehmer (z.B. auf dem Markt, anlässlich einer Messe oder in einer Betriebsstätte) liefert.
Entsprechendes gilt bei der Einfuhr eines Gegenstandes, den der Unternehmer in das Inland verbringt und hier vermietet. In diesen Fällen ist nicht der Mieter, sondern der Vermieter zum Abzug der EUSt für die Einfuhr des vermieteten Gegenstandes berechtigt, wenn die Vermietung im Inland steuerbar und steuerpflichtig ist und auch die übrigen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen.
Lieferort bei Werklieferung: Bei Werklieferungen, bei denen der Liefergegenstand erstmals nach erfolgter Montage beim Leistungsempfänger entsteht, sind die in die EU importierten Teile nicht wesensgleich mit dem vertraglich geschuldeten Werk. Somit bestimmt sich der Ort der Lieferung nicht nach § 3 Abs. 6 oder § 3 Abs. 8 UStG, sondern nach § 3 Abs. 7 UStG und liegt dort, wo das fertige Werk – in der Regel nach finaler Abnahme – dem Kunden übergeben wird. Zu diesem Zeitpunkt wird dem Kunden die Verfügungsmacht verschafft, weshalb diese zum Zeitpunkt der Einfuhr noch der Lieferant innehatte. Hieraus folgt, dass der Lieferer zum Abzug der EUSt als Vorsteuer berechtigt ist.
Ist ein Gegenstand zur Ausführung einer Werkleistung (Lohnveredelung) oder als Beistellung für eine Werklieferung in das Inland eingeführt worden, ohne dass dem Auftragnehmer im Inland die Verfügungsmacht an diesem Gegenstand übertragen wird, wäre nur der Auftraggeber zum Abzug der EUSt berechtigt. Aus Vereinfachungsgründen kann der Auftragnehmer im Inland die EUSt abziehen, wenn der im Rahmen einer Werkleistung oder Werklieferung vom Auftraggeber zur Verfügung gestellte bearbeitete oder verarbeitete Gegenstand nach Ausführung des Auftrages in das Ausland zurückgelangt oder vom Auftraggeber steuerpflichtig oder im Rahmen eines anderen zum Vorsteuerabzug berechtigenden Umsatzes (z.B. einer nach § 4 Nr. 1 UStG steuerfreien Ausfuhr) weitergeliefert wird.
Wird der Gegenstand durch den Lieferer vom Ausland unmittelbar an den Abnehmer im Inland befördert oder versendet und hat der Lieferer bereits mit dem Beginn der Beförderung oder Versendung alles getan, um dem Abnehmer die Verfügungsmacht zu übertragen, wäre der Abnehmer zum Abzug der EUSt berechtigt. Gelangt aber bei der Beförderung oder Versendung der Gegenst...