EuGH gilt für alle Fälle des "Aufteilungsgebots": Nota bene hat die Entscheidung des EuGH vom 4.5.2023 u.E. nicht nur Bedeutung für den Fall der Vermietung von Grundstücken mit VuM, sondern für alle Fälle, in denen von einem "Aufteilungsgebot" ausgegangen wurde.
a) "Hotelleistungen"
Nicht unmittelbar der Vermietung dienende Umsätze: So gelten die dort aufgeführten Grundsätze z.B. auch bei der in den letzten Jahren viel diskutierten Bestimmung des Steuersatzes bei Beherbergungsleistungen und den dazu gehörigen Nebenleistungen. Bei diesen sollen die Beherbergungsumsätze gem. § 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 1 UStG dem reduzierten Steuersatz unterfallen, während die nicht unmittelbar der Vermietung dienenden Umsätze hiervon gem. § 12 Abs. 2 Nr. 11 S. 2 UStG ausgenommen sein, also dem vollen Steuersatz unterfallen sollen. Dies selbst dann, wenn es sich, wie beim Frühstück, um eine Nebenleistung zur Beherbergung handelt. Dieses Verständnis dürfte sich nun endgültig erledigt haben.
A.A. der BFH: Der BFH (hier der V. Senat) scheint hingegen davon auszugehen, dass sich aus dem Urteil des EuGH für diese Fälle keine Auswirkungen ergeben. So geht er im Urteil vom 17.8.2023 auf die Vorschrift des Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL ein, die die Mitgliedstaaten ermächtigt, zusätzlich zu den in Art. 135 Abs. 1 Satz 1 MwStSystRL geregelten Ausnahmen von der Steuerbefreiung der Vermietung von Grundstücken, weitere Ausnahmen vorzusehen. Zur Ausübung dieser Ermächtigung bedürfe es einer gesetzlichen Regelung, "die in eindeutiger Weise ein Aufteilungsgebot begründet (vgl. z.B. § 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG)." Hiermit scheint er das "Aufteilungsgebot" bei den Leistungen i.S.d. § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG – zumindest diesem obiter dictum zufolge – wohl für unionsrechtskonform zu halten.
Keine Ermächtigung bzgl. Steuersatz: Hierbei ist u.E. bereits fraglich, wie eine Ermächtigung der Mitgliedstaaten (weitere) Ausnahmen von der Steuerbefreiung vorzusehen (Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL) zur Einführung einer Ausnahme beim Steuersatz einer steuerpflichtigen Leistung (§ 12 Abs. 2 Nr. 11 Satz 2 UStG) ermächtigen soll (in deren Folge dann die Leistung nach Steuersätzen aufzuteilen sein soll).
Grundsätze des EuGH gelten für alle Nebenleistungen: Außerdem dürften die Ausführungen des EuGH im Urteil vom 4.5.2023 so zu verstehen sein, dass der Grundsatz der einheitlichen Leistung bei einer steuerfreien Grundstücksvermietung als Hauptleistung dazu führt, dass alle Nebenleistungen ebenfalls steuerfrei sind. Also sowohl die Nebenleistungen, die als selbständige Leistungen nach Art. 135 Abs. 2 Satz 1 MwStSystRL steuerpflichtig wären, als auch die Nebenleistungen, die als selbständige Leistungen nach Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL steuerpflichtig sein könnten, wenn ein Mitgliedstaat weitere Ausnahmen zugelassen hätte. Es ist nicht erkennbar, dass der EuGH sagen wollte, der Grundsatz der einheitlichen Leistung führe nur für die erstgenannten Nebenleistungen zu einer einheitlichen Beurteilung der Gesamtleistung, bei den letztgenannten Nebenleistungen hingegen nicht. Es gilt: Nebenleistung ist Nebenleistung.
Dementsprechend hatte der XI. Senat des BFH in einem Beschluss vom 7.3.2022 ernstliche Zweifel daran geäußert, ob das "Aufteilungsgebot" bei Beherbergungsumsätzen mit dem Unionsrecht vereinbar sei. Es wird interessant sein zu sehen, ob und ggf. wie sich der XI. Senat zu den Ausführungen des V. Senats positionieren wird.