Dr. Bernhard Höveler, Gereon Küpper
Das Einspartracking ist ein wichtiges Instrument, um den aktuellen Stand des Einkaufserfolgs jederzeit abrufen zu können. Wie Sie die erzielten Einkaufserfolge einheitlich nachweisen, wird anhand von sechs Fragen beantwortet, die in warengruppenunabhängige Fragen und warengruppenspezifische Fragen unterteilt sind (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Übersicht sechs Ws der Einkaufserfolgsmessung
2.1 Was wird unter Einkaufserfolg verstanden?
Einkaufserfolge können durch zwei verschiedene Faktoren generiert werden: Kostenreduzierung und Kostenvermeidung. Die Kostenreduzierungen sind Einsparungen, da diese zu einer Senkung der Ausgaben gegenüber der Vorperiode führen. Kostenvermeidungen sind hingegen Einsparungen, die entweder durch eine Senkung des angebotenen Lieferantenpreises oder durch einen geringeren Anstieg des Einstandspreises trotz gestiegener Kosten, z. B. Rohstoffkosten, des Lieferanten erreicht werden.
Kosten reduzieren oder vermeiden?
Eine Kostenvermeidung ist keine tatsächliche Senkung der Ausgaben im Vergleich zur Vorperiode. I. d. R. werden Kostenreduzierungen daher vom Vorstand bzw. der Geschäftsführung mehr geschätzt als Kostenvermeidungen.
2.2 Wie ist der Zeithorizont der Einkaufserfolgsmessung?
Jedes Geschäftsjahr separat betrachten
Erzielte Einsparungen – auch wenn Verträge über mehrere Jahre laufen – sollte die Einkaufsabteilung nicht jedes Jahr aufs Neue an den Finanzbereich kommunizieren. Um glaubwürdig zu sein, sollte die Einkaufserfolgsmessung alle zwölf Monate auf null gesetzt werden. Da Controlling und Finanzbereiche in Geschäftsjahren planen, sollte sich auch die Einkaufsabteilung an diesem Zeitraum orientieren. Neben einem systematischen Einspar-Reporting dient dies zudem als Incentivierung, im neuen Jahr auch neue Einsparungen zu realisieren.
2.3 Welche Perspektiven auf den Einkaufserfolg gibt es?
Das Erzielen von Einkaufserfolgen kann aus zwei Perspektiven betrachtet werden: EBIT- und Cash- Perspektive.
- Die EBIT-Perspektive (Gewinn vor Zinsen und Steuern) spiegelt den GuV-Einfluss des Einkaufserfolges wider. Bei dieser Perspektive müssen die Einsparungen von sog. Capex-Warengruppen (capital expenditure = Kapitalaufwendungen, z. B. Maschinen) entlang der jeweiligen Abschreibungsdauer verteilt werden. D. h: Der erzielte Einkaufserfolg bei diesen Warengruppen darf nicht auf einmal berichtet werden, sondern nur in Etappen, gemäß der jeweiligen Abschreibungsdauer. Die EBIT-wirksamen Einkaufserfolge beziehen sich immer auf die Budgetierungsperiode (i. d. R. ein Jahr). Je nach Absprache können die Budgets um diese Einsparungen gekürzt werden. Einkaufserfolge von sog. Opex-Warengruppen (operational expenditure = operative Aufwendungen, z. B. Büromaterial) können sofort in ihrer gesamten Höhe GuV-wirksam berichtet werden.
- Die Cash-Perspektive spiegelt hingegen den Einfluss der Einsparungen auf die liquiden Mittel des Unternehmens wider und ist stichtagsbezogen. Im Rahmen dieser Perspektive können die erzielten Einsparungen voll angesetzt werden.
2.4 Welche Messlatte (Baseline) soll für den Einkaufserfolg angewendet werden?
Menge und Preis bewerten
Die Messlatte für den Einkaufserfolg besteht aus zwei Komponenten: Baseline-Menge und Baseline-Preis.
Die Baseline-Menge ist die Bedarfsmenge und wird in zwei Arten unterschieden:
- Wiederholungskauf: Hierbei wird die Jahresbedarfsmenge herangezogen (i. d. R. Geschäftsjahr).
- Einmalkauf: Hier wird die gesamte ausgeschriebene Bedarfsmenge herangezogen.
Beim Baseline-Preis existieren vier verschiedene Baseline-Preistypen.
- Die fixe historische Baseline kann immer dann verwendet werden, wenn ein Wiederholungskauf stattfindet, der Preis nicht volatil ist und/oder der Bedarf auf Output-Mengen (z. B. Preis pro Tonne) heruntergerechnet werden kann. Hier wird immer gegen die zuletzt gezahlten Konditionen oder den gewichteten Durchschnittspreis der letzten 12 Monate gemessen. Bei der Einkaufserfolgsmessung gegen die historische Baseline handelt es sich grundsätzlich um eine Kostenreduzierung.
- Die variable historische Baseline ist anzuwenden, wenn der Preis eines Produktes bzw. einer Dienstleistung aufgrund der Abhängigkeit der Preisentwicklung bei Rohmaterial stark schwankt. Hierbei sind pro Warengruppe bestimmte Regeln zum Festlegen der Basis anzuwenden, z. B. das Messen des Einkaufserfolges gegen einen an einem Index adaptierten Preis.
- Eine weitere Methode zum Feststellen des Erfolges ist das Messen mit Hilfe eines festgelegten Budgets als Schätz- bzw. Erfahrungswert. Dies ist hilfreich, wenn Produkte oder Dienstleistungen zum ersten Mal eingekauft werden und das Budget kalkulierbar ist.
- Vierte und letzte Messlatte des Einkaufserfolges ist die neue Baseline. Hierbei besteht die Möglichkeit, dass Einkaufserfolge nach den Verhandlungen an einem neuen Wert gemessen werden. Dies kann z. B. das beste Angebot einer Ausschreibung sein.
Bei der Auswahl der Baseline sollten Sie unbedingt die hier aufgeführte Reihenfolge beachten. Die erste Messlatte ist die genaueste und objektivste, jedoch ist sie nicht immer anwendbar. Die darauffolgenden Messlatten werden zunehmend manipulierbarer und somit weniger objektiv. Das Entscheidungsmodell in Abb. 3 hilft, den richtigen Baseline-Typ auszuwählen.
Abb. 3: Entscheidungs...