Erhält die Erbengemeinschaft ein durch ein Vermächtnis belastetes Erbe, stellt sich die Frage, welche steuerlichen Rechtsfolgen sich aus der Vermächtniserfüllung ergeben können. Dabei ist der Grundsatz zu beachten, dass es sich hierbei um einen durch den Erbfall veranlassten privaten Vorgang handelt. Bei einem Vorausvermächtnis liegt die Besonderheit vor, dass Vermächtnisnehmer ein Miterbe ist, dem nun gegenüber der Erbengemeinschaft ein Anspruch entsteht.
Vermächtnis: Die vermietete Immobilie geht zunächst aufgrund des Erbfalls auf den/die Erben über, der/die an die Steuerwerte gem. § 11d Abs. 1 EStDV gebunden ist/sind. Wird nun das Vermächtnis durch Übertragung der Immobilie auf den Vermächtnisnehmer erfüllt, stellt dies kein Entgelt für den Erwerb des Erbteils dar und führt daher bei dem/den Erben nicht zu Anschaffungskosten anderer geerbter Wirtschaftsgüter (BFH v. 17.10.1991 – IV R 97/89, BStBl. II 1992, 392). Der Vermächtnisnehmer erhält das Objekt unentgeltlich und ist nach § 11d Abs. 1 EStDV an die maßgebenden Steuerwerte gebunden.
Beraterhinweis Ein Vermächtnis führt jedoch ausnahmsweise dann zu einem Veräußerungserlös des beschwerten Erben oder der beschwerten Miterben und zu Anschaffungskosten des Vermächtnisnehmers, wenn der Vermächtnisnehmer für den Erwerb des vermachten Gegenstandes eine Gegenleistung zu erbringen hat.
Vorausvermächtnis: Ein Vorausvermächtnis liegt vor, wenn ein Miterbe durch ein Vermächtnis bedacht wird. In diesem Fall hat er – ebenso wie ein nicht zu den Miterben gehörender Vermächtnisnehmer – lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber der Erbengemeinschaft. Die ihm durch das Vorausvermächtnis zugewandten Vermögensgegenstände des Erblassers erwirbt er daher nicht unmittelbar vom Erblasser, sondern von der Erbengemeinschaft.
Besteht das Vorausvermächtnis darin, dass dem Bedachten ein vermietetes Grundstück zu übertragen ist, ist er nach § 11d Abs. 1 EStDV an die bisher maßgebenden Steuerwerte gebunden.