OFD Frankfurt, Verfügung v. 23.10.2003, S 2252 A - 42 - St 3.04
Bezug: OFD Frankfurt vom 18.1.2001, S 2252 A – 42 – St II 32
Dieser Karteikarte ist in der elektronischen Version eine alphabetische Zusammenstellung von Kapitalanlageformen und deren steuerliche Behandlung – auch bei Zwischenveräußerungen – beigefügt. Eine Papierauflage erfolgt insoweit nicht.
Zunächst werden jedoch einige Prinzipien /Grundbegriffe erläutert, die notwendig für die Zuordnung der Kapitalanlagen zu denen des § 20 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 EStG sind.
Qualifikation der Kapitalanlage
Nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art steuerpflichtig, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem Ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage.
Mit dem Tatbestandsmerkmal „oder gewährt worden ist” sollen die Fälle erfasst werden, in denen ohne eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung die Rückzahlung des überlassenen Kapital oder die Leistung eines Entgelts aufgrund der Ausgestaltung der Kapitalanlage sicher ist (BMF-Schreiben vom 21.7.1998, IV B 4 – S 2252 – 116/98).
Dies bedeutet, dass zum Zeitpunkt der Emission aufgrund der Ausgestaltung der Kapitalanlage eine wirtschaftliche Vergleichbarkeit zu den Fällen mit ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung gegeben sein muss. Eine rückschauende Betrachtung, ob eine sicherer Kapitalrückzahlung bzw. ein sicherer Kapitalertrag vorliegt, ist nicht möglich.
Es ergeben sich drei Möglichkeiten, die zu einer Steuerpflicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG führen können:
- Sowohl die Rückzahlung des Kapitals als auch der Kapitalertrag ist gesichert (Erträge aus festverzinslichen – mit gleichmäßiger oder ungleichmäßiger Verzinsung ausgestatteten – Kapitalforderungen, Auf- und Abzinsungspapiere).
- Die Rückzahlung des Kapitals ist gesichert, ein Kapitalertrag ist jedoch unsicher.
- Ein Kapitalertrag ist gesichert, die Rückzahlung des Kapitals ist jedoch unsicher.
Die Vorschrift des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG setzt für die Annahme von Einkünften aus Kapitalvermögen nicht die vollständige Rückzahlung des überlassenen Kapitalvermögens voraus. Die Erträge gehören nach dieser Vorschrift auch dann zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn nur die teilweise Rückzahlung des Kapitalvermögens zugesagt worden ist.
Sofern keine der drei vorgenannten Tatbestandsalternativen zu bejahen ist, ist eine Steuerpflicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu verneinen.
Es ist jedoch zu prüfen, ob ggf. eine Steuerpflicht nach anderen Vorschriften – insbesondere gemäß § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und darüber hinaus § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG – gegeben ist (vgl. z.B. ESt-Kartei § 23 Karte 1).
Da die gesetzliche Formulierung „unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage” auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abstellt, kommt dem Erfordernis der sicheren Kapitalrückzahlung und/oder des sicheren Kapitalertrags eine entscheidende Bedeutung zu. Nicht die Bezeichnung oder zivilrechtliche Ausgestaltung der Kapitalanlage, sondern allein der wirtschaftliche Inhalt der Vereinbarung ist maßgebend für die einkommensteuerrechtliche Behandlung, so dass die Bezeichnungen einiger Finanzprodukte deren einkommensteuerrechtlicher Behandlung widersprechen können.
So fallen Optionsscheine grundsätzlich nicht unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Eine abweichende Beurteilung gilt jedoch z.B. für die klassischen „Bandbreiten-Optionsscheine” („Range Warrants”) bzw. für die so genannten „Cappes Warrants”, da sowohl die Rückzahlung des Kapitals als auch der Kapitalertrag gesichert ist.
Dagegen ist der Ertrag von Anleihen grundsätzlich unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG einzuordnen, ohne Ausnahme gilt jedoch z. B. für „Full-Index-Link-Anleihen”, bei denen sowohl der Kapitalertrag als auch die Kapitalrückzahlung von der Ungewissen Entwicklung eines Index abhängen. Im Zweifel sind die Emissionsbedingungen bzw. die bei jeder Bank ausliegenden Wertpapiergattungsdaten anzufordern. Die vorstehend dargestellten Grundsätze sind regelmäßig für den Ersterwerber bzw. Durchhalter einer Kapitalanlage einschlägig. Für die einkommensteuerrechtliche Erfassung von Kapitalerträgen, die im Wege von Zwischenveräußerungen realisiert werden, wurden in § 20 Abs. 2 Nr. 4 EStG weitergehende Tatbestände geschaffen. Diese sind auch im Falle der Einlösung der Kapitalanlagen anzuwenden.
Emissionsrendite:
Gemäß § 20 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 EStG sind die Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a – d EStG steuerpflichtig, soweit sie der rechnerisch auf die Besitzzeit entfallenden Emissionsrendite entsprechen. Der Begriff Emissionsrendite ist im Gesetz nicht definiert. Es handelt sich um die Rendite, die bei der Emission des Wertpapiers bzw. bei der Begründung der Forderung von vornherein zugesa...