Leitsatz
1. § 24 UStG erfasst bei richtlinienkonformer Auslegung nur landwirtschaftliche Dienstleistungen i.S.d. Art. 25 der 6. EG-RL. Deren einkommensteuerrechtliche Beurteilung ist umsatzsteuerrechtlich ohne Bedeutung (Fortführung von BFH-Urteil 22.09.2005, V R 28/03, BStBl II 2006, 280, BFH-PR 2006, 119).
2. Grabpflegeleistungen unterliegen nicht der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG 1993, sondern der Regelbesteuerung.
Normenkette
§ 24 UStG, Art. 25 der 6. EG-RL
Sachverhalt
Der Kläger erzeugte in einem Gartenbaubetrieb Pflanzen und Blumen, die er überwiegend an das ausgegliederte "Blumenhaus" seiner Ehefrau verkaufte. Streitig waren seine Umsätze aufgrund von Grabpflegeverträgen, bei denen zugekaufte Eriken und z.T. die Lieferung von Kränzen inbegriffen war. Die Gestecke bezog der Kläger vom "Blumenhaus", das bei deren Herstellung z.T. vom Kläger gelieferte Pflanzen verwandte.
Das "Blumenhaus" erteilte dem Kläger eine Rechnung über den Aufwand, der im Zusammenhang mit der Herstellung der Gestecke entstanden war. Der Kläger wandte auch auf die Umsätze aus den Grabpflegeverträgen § 24 UStG an.
Das FA beurteilte die Umsätze aus der Friedhofsgärtnerei als – eigenständige – gewerbliche Tätigkeit des Klägers. Die Voraussetzungen nach R 135 Abs. 7 EStR 1996 – zu § 15 EStG – lägen nicht vor, weil im Verhältnis zu den Grabpflegeumsätzen der Anteil der selbst erzeugten Pflanzen weniger als 50 % betrage.
Das FG hat die bisherigen Entscheidungen des BFH zutreffend weitergedacht und verneinte landwirtschaftliche Dienstleistungen überhaupt.
Entscheidung
Der BFH bestätigte das FG. Die Grundsätze ergeben sich aus den Praxis-Hinweisen. Das Argument des Klägers, Grabpflege erfordere typische landwirtschaftliche Leistungen wie pflanzen, wässern etc. wies der BFH zurück, denn landwirtschaftliche Dienstleistung i.S.d. 6. EG-RL sind die dort beschriebenen Dienstleistungen nur dann, wenn sie "normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen".
Das ist bei den Grabpflegeleistungen schon deshalb nicht der Fall, weil es sich um eine einheitlich zu beurteilende sonstige Leistung handelt, die in Anhang B nicht aufgeführt ist.
Hinweis
1.§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UStG betrifft "die im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ausgeführten Umsätze". Die Vorschrift ist richtlinienkonform auszulegen. Das bedeutet, dass nur solche Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftliche Dienstleistungen begünstigt sind, auf die die Pauschalregelung des Art. 25 der 6. EG-RL anzuwenden ist. Ohne Bedeutung ist deshalb, wie nach den nationalen einkommensteuerrechtlichen Regelungen die betreffenden Leistungen bzw. die Einkünfte hieraus beurteilt werden.
2. Art. 25 der 6. EG-RL verweist auf Anhang A zur Umschreibung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und auf Anhang zur Bezeichnung der landwirtschaftlichen Dienstleistungen. Die gemeinschaftsrechtliche Regelung gilt deshalb nur für die dort genannten Lieferungen landwirtschaftlicher Erzeugnisse und landwirtschaftlicher Dienstleistungen. Andere Umsätze, "die der Pauschallandwirt im Rahmen des landwirtschaftlichen Betriebs tätigt", unterliegen nach der Rechtsprechung des EuGH und inzwischen auch des BFH der allgemeinen Regelung.
3. Grabpflege ist keine "landwirtschaftliche Dienstleistung". Denn als "landwirtschaftliche Dienstleistungen" i.S.d. Art. 25 der 6. EG-RL gelten – nur – die in Anhang B bezeichneten Dienstleistungen, die normalerweise zur landwirtschaftlichen Produktion beitragen, die von einem landwirtschaftlichen Erzeuger mit Hilfe seiner Arbeitskräfte und/oder der normalen Ausrüstung seines landwirtschaftlichen Betriebs vorgenommen werden (Art. 25 Abs. 2 fünfter Gedankenstrich der 6. EG-RL).
4. Die "Landwirtschaft" umfasst zwar auch die Verwertung der durch Bodennutzung gewonnenen Erzeugnisse wie z.B. die Lieferung selbst erzeugter landwirtschaftlicher Produkte. Grabpflegeleistungen sind jedoch regelmäßig – einheitliche – sonstige Leistungen, bei denen der Lieferung von Pflanzen kein selbstständiger rechtlicher Gehalt zukommt. Im Übrigen: Auch R 135 Abs. 7 EStR behandelt Grabpflege als gewerbliche Tätigkeit. Lediglich, soweit – u.a. – im Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen die Umsätze aus selbst gewonnenen landwirtschaftlichen Erzeugnissen überwiegen, können diese Dienstleistungen aus Vereinfachungsgründen – ertragsteuerrechtlich – der landwirtschaftlichen Tätigkeit zugerechnet werden. Allenfalls unter diesen Voraussetzungen könnte sich ein Steuerpflichtiger auf Vertrauensschutz berufen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 31.05.2007, V R 5/05