Leitsatz
1. Wird eine Wohnung verbilligt vermietet und kommt es deswegen zu einer Aufteilung der Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil, so muss die Einkünfteerzielungsabsicht in Bezug auf den entgeltlichen Teil geprüft werden, wenn die typisierende Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass eine langfristige Vermietung i.d.R. letztlich zu positiven Einkünften führt.
2. Ein solcher Ausnahmefall liegt vor, wenn bei einer Wohnung in einem aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Wohngebäude die am Wohnungsmarkt erzielbare Miete den besonderen Wohnwert offensichtlich nicht angemessen widerspiegelt. Ob ein Gebäude besonders gestaltet oder ausgestattet ist, richtet sich nach denselben Kriterien, die für den Ansatz der Kostenmiete bei selbstgenutztem Wohnraum entwickelt worden sind (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 22.10.1993, IX R 35/92, BStBl II 1995, 98).
Normenkette
§ 21 Abs. 2 EStG
Sachverhalt
Die Kläger erwarben ein unbebautes Grundstück. Es grenzt unmittelbar an das ebenfalls den Klägern gehörende Grundstück, auf dem das von ihnen selbst genutzte Einfamilienhaus steht. Sie bebauten das neu erworbene Grundstück mit einem Einfamilienhaus (mit einer Wohnfläche von mehr als 300 qm und einer 85 qm großen Schwimmhalle). Die Herstellungs- und Ausstattungskosten beliefen sich auf mehr als 1,6 Mio. DM. Zu der Inneneinrichtung gehört u.a. eine Einbauküche im Wert von 108.216 DM. Die tatsächlichen Betriebskosten betrugen 1.272 DM im Monat. Nach Fertigstellung des Gebäudes vermieteten die Kläger es an ihren Sohn und ihre Schwiegertochter zu einer Miete von 1.500 DM im Monat.
Das FA beurteilte die Vermietung auf der Grundlage einer festgestellten marktüblichen Miete von monatlich 4.043 DM als steuerrechtlich unbeachtliche Liebhaberei und erkannte deshalb die geltend gemachten Werbungskostenüberschüsse nicht an. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger.
Entscheidung
Der BFH hat die Sache zur Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht zurückverwiesen. Das FG müsse dabei die Nutzungsüberlassung zunächst in einen entgeltlichen und in einen unentgeltlichen Teil aufteilen, feststellen, in welcher Höhe Werbungskosten im Einzelnen angefallen seien, und sodann eine Prognose über die Erzielung eines Totalüberschusses vornehmen. Ferner müsse der bisher nicht vorgenommene Fremdvergleich des streitigen Mietvertrags nachgeholt werden.
Hinweis
1. Beträgt das Entgelt für die Überlassung einer Wohnung – wie im Streitfall – weniger als 50 % der ortsüblichen Marktmiete, ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Nach dieser Aufteilung ist das in der verbilligten Vermietung liegende nicht marktgerechte Verhalten des Steuerpflichtigen für die Prüfung seiner Einkünfteerzielungsabsicht ebenso wenig bedeutsam wie für den Fremdvergleich (vgl. BFH, Urteil vom 22.7.2003, IX R 59/02, BFH-PR 2002, 444).
2. Für den nach Aufteilung verbliebenen steuerbaren Teil der Nutzungsüberlassung ist bei einem Entgelt, das der ortsüblichen Marktmiete entspricht, regelmäßig von einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen (BFH, Urteil vom 30.9.1997, IX R 80/94, BStBl II 1998, 771). Die Notwendigkeit ihrer Prüfung ergibt sich aber ausnahmsweise dann, wenn die Marktmiete den besonderen Wohnwert einer solchen Wohnung z.B. aufgrund einer besonderen Größe oder aufwendiger Ausstattung offensichtlich nicht angemessen widerspiegelt.
Dabei kann auf die Kriterien des BFH für den Ansatz der Kostenmiete bei eigengenutztem Wohnraum zurückgegriffen werden (BFH, Urteil vom 22.10.1993, IX R 35/92, BStBl II 1995, 98). Danach sind Gestaltungs- oder Ausstattungsmerkmale, die es als offensichtlich erscheinen lassen, dass das Wohnhaus nicht zum Zweck der Vermietung errichtet ist, angenommen worden, wenn eine Wohnfläche mehr als 250 qm aufwies und/oder eine Schwimmhalle vorhanden war.
3. Derartige Umstände machen eine Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht des Steuerpflichtigen nach den Maßstäben des BFH-Urteils vom 6.11.2001, IX R 97/00 (BFH-PR 2002, 129) anhand eines Prognosezeitraums von 30 Jahren für die Erzielbarkeit eines Totalüberschusses erforderlich.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 6.10.2004, IX R 30/03