Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbare Tätigkeit ist objekt- und nicht grundstücksbezogen, d. h. sie ist auf ein bestimmtes Immobilienobjekt ausgerichtet, auch dann, wenn sich die Objekte auf einem Grundstück befinden; wie der objektive Tatbestand ist auch der subjektive Tatbestand - die Einkunftserzielungsabsicht - objektbezogen.
Sachverhalt
Die verheirateten Steuerpflichtigen erwarben im Zeitraum 2003 bis 2016 insgesamt 111 Immobilienobjekte in ganz Deutschland, die sie nach ihren Angaben zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung vorsahen und die sie in den jeweiligen Einkommensteuererklärungen in den Anlagen V durch Einnahmenüberschussermittlung ansetzten. Es handelt sich dabei überwiegend um unbebaute Grundstücke, die sie, hauptsächlich bei Zwangsversteigerungen, zu Kaufpreisen von teilweise wenigen hundert oder tausend Euro, erworben hatten. Sie gaben an, die Grundstücke teilweise als landwirtschaftliche Flächen, als Lagerflächen oder Ähnlichem zu vermieten bzw. vermieten zu wollen. Wegen ihrer noch andauernden aktiven Einbindung in ihr Bauunternehmen hätten sie in den Anfangsjahren nach Erwerb nicht alle, in der Regel telefonischen Mietanfragen, beantworten und bearbeiten können. Deshalb seien viele Objekte unvermietet geblieben, was sich nach ihrem Eintritt in den Ruhestand ab den Jahren 2020 ändern werde. Das Finanzamt erließ Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2013 bis 2016, wobei hinsichtlich einzelner V+V-Objekte die geltend gemachten Verluste vorläufig nicht angesetzt wurden, da die Überschusserzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden konnte. Bei einzelnen Objekten, bei denen keine Einkünfte erzielt wurden, wurden die Einkünfte endgültig mit null Euro angesetzt. Hiergegen wandten sich die Steuerpflichtigen mit der Begründung, die für die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erforderliche Einkunftserzielungsabsicht und für die in diesem Rahmen zu prüfende Totalüberschussprognose sei im vorliegenden Fall nicht jedes einzelne Objekt isoliert zu betrachten und zu beurteilen. Wenn ein Steuerpflichtiger beabsichtige, über die Vermietung und Verpachtung mehrerer Objekte einen Totalüberschuss zu erzielen, so müssten bei der Durchführung der Totalüberschussprognose auch diese Objekte insgesamt in die Totalüberschussprognose einbezogen werden.
Entscheidung
Die Klage der Steuerpflichtigen hatte insoweit keinen Erfolg. Nach Auffassung des FG ist die nach § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerbare Tätigkeit objekt- und nicht grundstücksbezogen, d. h. sie ist auf ein bestimmtes Immobilienobjekt ausgerichtet. Dies gilt auch dann, wenn sich die Objekte auf einem Grundstück (im zivilrechtlichen Sinne) befinden. Vermietet der Steuerpflichtige demgegenüber mehrere Objekte bzw. das gesamte - etwa aus unterschiedlich genutzten Teilstücken bestehende - Grundstück auf der Grundlage lediglich eines Rechtsverhältnisses und mithin unter den identischen rechtlichen Vertragsbedingungen so sei die Vermietungstätigkeit einheitlich zu beurteilen. Wie der objektive Tatbestand ist auch der subjektive Tatbestand - die Einkunftserzielungsabsicht - objektbezogen. Sie ist nur dann in Bezug auf mehrere Objekte oder das gesamte Grundstück zu prüfen, wenn sich auch die Vermietungstätigkeit gleichzeitig auf mehrere Objekte oder auf das gesamte Grundstück richtet. Werden demgegenüber verschiedene, auf einem Grundstück gelegene Gebäudeteile jeweils einzeln - auf der Grundlage verschiedener Rechtsverhältnisse oder nach Maßgabe unterschiedlicher miet- oder pachtrechtlicher Vertragsbedingungen - vermietet, bezieht sich die zu prüfende Einkunftserzielungsabsicht nur auf das jeweilige Objekt.
Hinweis
Nach dem Regelungszweck des § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich und typisierend davon auszugehen, dass der Steuerpflichtige beabsichtigt, den subjektiven Steuertatbestand zu verwirklichen und damit einen Einnahmenüberschuss zu erwirtschaften, auch wenn sich über längere Zeiträume Werbungskostenüberschüsse ergeben. Dies gilt jedoch nur für die Vermietung von Wohnraum, nicht indes für die Vermietung von Gewerbeimmobilien oder wie im Urteilsfall von unbebauten Grundstücken.
Link zur Entscheidung
FG München, Urteil v. 26.09.2022, 7 K 169/20