Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Räumt ein Grundstückskäufer dem Veräußerer nach Übergang von Nutzen und Lasten eine unentgeltliche Nutzungsmöglichkeit des Grundstücks bis zum Ablauf des Jahres des Grundstückserwerbs ein, besteht keine Einkünfteerzielungsabsicht, so dass für diesen Zeitraum ein - vorweggenommener - Werbungskostenabzug ausscheidet.
Sachverhalt
Mit notariell beurkundetem Kaufvertrag vom 23.8.2001 erwarb die Steuerpflichtige ein Einfamilienhaus zum Kaufpreis von 530.000 DM. Im Kaufvertrag wurde vereinbart, dass die Besitzübergabe am 1.9.2001 erfolgt und damit sämtliche Nutzen, Lasten auf den Käufer übergehen. Zugleich wurde den Verkäufern das Recht eingeräumt, den Vertragsgegenstand bis zum Ablauf des 31.12.2001 zu nutzen. Eine Nutzungsentschädigung wurde nicht vereinbart. Die Verkäufer und Nutzungsberechtigten verpflichteten sich, den Vertragsgegenstand spätestens mit Ablauf des 31.12.2001 vollständig geräumt zu übergeben. Ab dem 1.1.2002 wurde das Gebäude dann mangels anderweitiger Vermietungsmöglichkeiten an die Nutzungsberechtigten vermietet. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2001 erklärte die Steuerpflichtige für das erworbene Objekt Einnahmen i.H.v. 0 DM und Werbungskosten i.H.v. 69.063 DM (u.a. ein Disagio über 59.000 DM für ein im August 2001 aufgenommenes Darlehen). Das Finanzamt berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 2001 die geltend gemachten Aufwendungen nicht.
Entscheidung
Das FG hat die von der Steuerpflichtigen geltend gemachten Aufwendungen nicht als Werbungskosten bei den Einkünften der Steuerpflichtigen aus Vermietung und Verpachtung des Einfamilienhauses zugelassen. Die Steuerpflichtige ist zwar mit dem Übergang von Eigenbesitz, Gefahr, Lasten und Nutzen am 1.9.2001 wirtschaftlicher Eigentümer des Einfamilienhaus geworden, sie hat aber im Zeitraum 1.9.2001 - 31.12.2001 keine Einnahmen aus der Überlassung des Objekts an die Veräußerer erzielt, mit der Folge, dass sie für diesen Zeitraum auch keine Werbungskosten nach § 9 EStG steuerlich geltend machen kann. Im Streitfall liegen auch keine sog. vorweggenommenen oder vorab entstandenen Aufwendungen vor. Zwar können sofort abziehbare Werbungskosten bereits mit Beginn der auf die Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit anfallen, wobei nicht Voraussetzung ist, dass zuvor Einnahmen zugeflossen sind. Ein Abzug als Werbungskosten im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung setzt allerdings voraus, dass zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung ein ausreichend bestimmter wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang ist von dem Zeitpunkt an anzunehmen, zu dem sich anhand objektiver Umstände feststellen lässt, dass ein Steuerpflichtiger den Entschluss, durch die Errichtung oder den Erwerb eines Gebäudes oder einer Eigentumswohnung die Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zu begründen, endgültig gefasst hat. Eine auf eine Einnahmeerzielung bezogene Veranlassung von Aufwendungen erfordert aber nach der Rechtsprechung des BFH darüber hinaus, dass objektiv ein Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit besteht. Im Streitfall war es der Steuerpflichtigen objektiv nicht möglich, im Zeitraum 1.9. - 31.12.2001 das streitbefangene Objekt zu vermieten. Dabei spielt es nach Auffassung des FG keine Rolle, warum die Steuerpflichtige in diesem Zeitraum an einer Vermietung gehindert war. Denn selbst wenn es - entsprechend dem Vortrag der Steuerpflichtigen - so gewesen wäre, dass ohne die Aufnahme der Regelung in Ziffer 3 des Kaufvertrags, wonach das Objekt noch bis 31.12.2001 den bisherigen Eigentümern unentgeltlich überlassen wird, der Abschluss des Kaufvertrags nicht zustande gekommen wäre, hätte dies keinen Einfluss auf den Umstand des Fehlens eines objektiven Zusammenhangs. Entscheidend ist nach Auffassung des FG allein, dass im Urteilsfall ein bereits jederzeit nutzbares Wirtschaftsgut vorhanden war, das auch tatsächlich genutzt wurde, und dass es die Steuerpflichtige selbst war, die sich durch ihre Einwilligung einer unentgeltlichen Nutzungsmöglichkeit für die Veräußerer dafür gesorgt hat, dass ihren Aufwendungen im streitigen Zeitraum keine Einnahmen gegenüberstanden.
Hinweis
Wer eine Immobilie trotz nachweislicher Vermietungsabsicht aber mangels Mietinteressenten leer stehen hat, kann die Werbungskosten dennoch in seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend machen. Wenn allerdings keine Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erzielt werden sollen oder nach den Umständen des Einzelfalles die Erzielung von Einnahmen ausgeschlossen ist, sind die Aufwendungen nicht als Werbungskosten abziehbar. Das ist z.B. grundsätzlich der Fall, wenn eine Wohnung unter bewusstem Einnahmeverzicht über Jahre hinweg nicht vermietet wird oder wenn der Eigentümer das Objekt vorrangig zum Verkauf anbietet.
Im Urteilsfall hat das FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren wird beim BFH unter dem Az. IX R 5/04 geführt.
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