Leitsatz
Ausschüttungen einer unbeschränkt steuerpflichtigen Körperschaft aus dem steuerlichen Einlagekonto i.S.d. § 27 KStG 1999 n.F./2002 sind nicht in die Steuerfreistellung für Kapitaleinkünfte nach § 8b Abs. 1 S. 1 KStG 1999 n.F./2002 einzubeziehen.
Normenkette
§ 8b, § 27 KStG 1999 n.F./2002, § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG 1997 n.F./2002
Sachverhalt
Die Klägerin, eine GmbH mit zwei Gesellschafter-Geschäftsführern, war Alleingesellschafterin einer StB-GmbH; der Buchwert der Beteiligung betrug 0. Die Klägerin erklärte für das Streitjahr 2001 diverse vGA, die auf Zahlungen der StB-GmbH an die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer zurückzuführen sein sollten. Sie beließ diese vGA, die in voller Höhe aus dem steuerlichen Einlagekonto (§ 27 KStG 1999 n.F.) der StB-GmbH gespeist wurden, bei der Ermittlung ihres Einkommens nach § 8b Abs. 1 KStG 1999 n.F. außer Ansatz.
Das FA folgte dem nicht. Es qualifizierte die erklärten Vorgänge zwar ebenfalls als vGA, unterwarf die Ausschüttungen aber unter Hinweis auf das BMF-Schreiben vom 28.04.2003 (BStBl I 2003, 292, dort Rd.-Nr. 6) nicht § 8b Abs. 1 KStG 1999 n.F., sondern § 8b Abs. 2 KStG 1999 n.F. Da § 8b Abs. 2 (i.V.m. § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2) KStG 1999 n.F. erstmals im VZ 2002 anzuwenden sei, seien die erklärten vGA steuerpflichtig.
Die anschließende Klage war erfolglos (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 10.11.2008, 6 K 383/04, Haufe-Index 2146663, EFG 2009, 1412).
Entscheidung
Der BFH gab FA und FG Recht:
Mangels Einnahmen i.S.v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG handle es sich bei Eigenkapitalrückzahlungen nicht um "Bezüge", die nach § 8b Abs. 1 KStG freizustellen seien. Folglich sei allenfalls § 8b Abs. 2 KStG einschlägig, woraus sich im Urteilsfall jedoch kein Vorteil ergebe, weil die letztere Vorschrift im streitigen VZ 2001 noch nicht anwendbar gewesen sei.
Hinweis
1. Leistungen einer Kapitalgesellschaft, die aus dem steuerlichen Einlagekonto des § 27 KStG erbracht werden, gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG nicht als "sonstige Bezüge" zu den "Einnahmen" und als solche auch nicht zu den "Einkünften" aus Kapitalvermögen. Vielmehr handelt es sich um Kapitalrückzahlungen.
Der BFH "zieht" diese Regelungslage auch für das Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren "durch": Nennkapitalrückzahlungen gehören nicht zu den hiernach teilweise (nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. d EStG) bzw. voll (nach § 8b Abs. 1 KStG) steuerbefreiten Kapitaleinkünften i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG.
2. Stattdessen unterfallen Einlagerückzahlungen, soweit sie den Buchwert der Beteiligung überschreiten, der Steuerfreistellungsregelung in § 8b Abs. 2 KStG (bzw. gem. § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. a EStG).
Im endgültigen Ergebnis muss sich für die Steuerpflichtigen deswegen kein unbedingter Nachteil ergeben: Hier wie dort bleiben die betreffenden Beträge außer Ansatz. Hier wie dort greift die sog. Schachtelstrafe, sei es nach § 8b Abs. 5 KStG, sei es nach § 8b Abs. 3 S. 1 KStG. In der (noch jüngeren) Vergangenheit war dies freilich anders: Zum Ersten gab es danach für § 8b Abs. 2 KStG a.F. keine pauschalierte Schachtelstrafe von 5 %. Zum Zweiten waren die Beschränkungen des § 8b Abs. 4 KStG a.F., insbesondere die siebenjährige Sperrfrist des § 8b Abs. 4 S. 1 Nr. 1 KStG a.F. zu beachten. Und zum Dritten – und das war das Entscheidende des Urteilsfalls – fand § 8b Abs. 2 KStG im Streitjahr 2001 noch keine Anwendung, hingegen § 8b Abs. 1 KStG sehr wohl.
3. Der BFH bleibt damit auch für § 8b Abs. 1 KStG seiner bisherigen Linie treu: So hat er es beispielsweise abgelehnt, den Gewinn aus Gewerbebetrieb gem. § 9 Nr. 2a GewStG um eine vGA zu kürzen, für die Eigenkapital i.S.d. § 30 Abs. 12 Nr. 4 KStG a.F. als verwendet galt (BFH, Urteil vom 15.09.2004, I R 16/04, BFH/NV 2005, 470, BFH/PR 2005, 141).
Nicht zu verkennen ist jedoch auch, dass diese Linie ein gewisses Ungleichgewicht zwischen solchen Eigenkapitalrückzahlungen schafft, die einerseits auf Anteile geleistet werden, die sich im Privatvermögen befinden, und solchen, die andererseits Betriebsvermögen sind. Denn für Anteile im Betriebsvermögen hat der BFH prinzipiell einen Beteiligungsertrag angenommen (BFH, Urteil vom 20.04.1999, VIII R 38/96, BFH/NV 1999, 1275).
4. Der BFH hat mangels Entscheidungserheblichkeit (noch) unbeantwortet belassen, ob die in Rede stehende Einlagenrückgewähr, in jenem Umfang, in dem sie den Beteiligungsbuchwert überschreitet, nach § 8b Abs. 2 KStG unmittelbar (so wohl die Finanzverwaltung) oder aber erst in Gestalt späterer Veräußerungsgewinne außer Ansatz bleiben. Es spricht einiges (und mehr) für die letztere Sicht der Dinge: Die veräußerungsgleichen Fälle sind in § 8b Abs. 2 S. 3 KStG abschließend aufgeführt und die Nennkapitalrückzahlung gehört dazu – abweichend von § 17 Abs. 4 EStG – gerade nicht. Das Gesetz ist insofern unmissverständlich.
5. Unterwirft man die Einlagenrückgewähr § 8b Abs. 2 KStG, nicht aber § 8b Abs. 1 KStG, dann könnte ein grundsätzlicher Nachteil verbleiben, über den vom BFH gleichermaßen nicht zu entscheiden war, dem aber noc...