Leitsatz
Ist die Rückzahlungsverpflichtung vom Eintritt einer Bedingung dergestalt abhängig, dass nicht nur der Zeitpunkt der Rückzahlung ungewiss ist, sondern auch, ob die Verpflichtung zur Rückgewähr unbedingt entsteht, und trägt hierfür der Darlehensgeber das wirtschaftliche Risiko, führt die Hingabe des Geldes beim Empfänger zu einer Einnahme.
Normenkette
§ 8 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 1990, § 5 Abs. 2a EStG 1997, § 1922, § 1936 Abs. 1 Satz 1, § 1964 BGB
Sachverhalt
Die Klägerin ist eine vermögensverwaltende KG mit Vermietungseinkünften (geschlossener Immobilienfonds). Das von ihr gehaltene Grundstück erwirtschaftete anfänglich nicht die im Prospekt versprochenen Mieten. Eine von denselben Initiatoren beherrschte GmbH stellte der Klägerin deshalb darlehensweise einen "Mietzuschuss" zur Verfügung, den die Klägerin in ihrer Einnahmenüberschuss-rechnung nicht erfasste und den sie im Folgejahr teilweise mit befreiender Wirkung zurückzahlte. Eine Außenprüfung kam zu dem Ergebnis, es habe sich um eine Einnahme gehandelt. FA und FG (FG Köln, Urteil vom 15.10.2013, 3 K 3169/03, Haufe-Index 6615808 EFG 2014, 996) folgten dem.
Entscheidung
Der BFH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Er lässt damit im Ergebnis die Wertung des § 5 Abs. 2a auf die Einnahmenüberschussrechnung durchschlagen. Die Wertung ist jedoch jeweils im Einzelfall und nicht anhand abstrakter Kriterien zu treffen.
Hinweis
Die Besprechungsentscheidung betrifft einen Grenzfall. Sie ist aber gerade deshalb für die gestaltende Steuerberatung von hohem Interesse, beleuchtet sie doch die Grenzen der Begriffe "Einnahme" und "Darlehen".
1. Grundsätzlich führen Geldzuflüsse aus Darlehen bei der Gewinnermittlung nicht zu Einnahmen. Das gilt auch für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (vgl. BFH, Urteil vom 6.3.1974, I R 2103/72, BFHE 111, 529, BStBl II 1974, 341). Für die Einnahmenüberschussrechnung gibt es keine entsprechende Rechtsprechung. Es ist aber davon auszugehen, dass insofern keine anderen Grundsätze gelten.
2. Etwas anderes ergibt sich aus § 5 Abs. 2a EStG. Ist die Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens nur zu erfüllen, soweit künftig Einnahmen oder Gewinne anfallen, darf sie vorübergehend nicht angesetzt werden. Im Anwendungsbereich dieser Vorschrift wirkt sich der Zufluss der Darlehensvaluta damit vorübergehend gewinnerhöhend aus. Aber gilt das auch für die Einnahmenüberschussrechnung?
3. Der BFH geht von einem weiten Begriff der Einnahme aus. Zu Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung können danach auch Zahlungen eines Dritten führen, der nicht Mieter ist. Das gilt beispielsweise für Zahlungen zum Ausgleich von Nutzungsbeschränkungen wie einer Mietpreisbindung oder der Ausübung eines Belegungsrechts, aber auch für Zahlungen aufgrund einer Mietausfallversicherung oder einer Mieteinnahmengarantie. In allen diesen Fällen liegen Einnahmen vor, wenn die Zahlungen nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt dazu bestimmt sind, fehlende Einnahmen aus der Nutzungsüberlassung auszugleichen.
4. Vor diesem Hintergrund hat der BFH die Zahlung eines "Mietzuschusses" als Einnahme aus Vermietung und Verpachtung angesehen, weil es zugleich an den typischen Merkmalen eines Gelddarlehens fehlte. Der Empfänger sollte zur Rückzahlung nur verpflichtet sein, sofern und soweit in späteren Jahren Mieteinnahmen entstanden, die die Fonds-Prognoserechnung überstiegen. Er war damit gegenwärtig zur Rückzahlung nicht verpflichtet und die Entstehung der Rückzahlungspflicht war von Umständen abhängig, auf die der Geldgeber keinen Einfluss hatte. Zugleich sollte die Zahlung beim Empfänger das Fehlen der prospektierten Mieteinnahmen ausgleichen, um die Anleger durch eine angemessene Ausschüttung beruhigen zu können.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 12.7.2016 – IX R 56/13