Rückabwicklung einer Kommanditbeteiligung

Hintergrund: Rechtsverfolgungskosten zur Rückabwicklung einer Fonds-Beteiligung
Streitig war, ob Rechtsverfolgungskosten als Sonderwerbungskosten im Rahmen der Beteiligungseinkünfte abziehbar sind.
X hielt eine Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds (GmbH & Co. KG). Daraus erzielte er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Weil die Beteiligung die prospektierten Mieterträge nicht erreichte, beantragte X die Rückzahlung seiner Einlage zuzüglich Agio und entgangenem Gewinn abzüglich erhaltener Ausschüttungen Zug um Zug gegen Übertragung der Beteiligung. In Zusammenhang damit entstanden ihm Rechtsberatungskosten (insbes. Anwaltsgebühren) von insgesamt 2.570 EUR.
Das FA lehnte im Feststellungsbescheid nach § 15a Abs. 4 EStG die Berücksichtigung als Sonderwerbungskosten des X ab. Das FG wies die Klage im Streitpunkt ab. Da die begehrte Einlagenrückzahlung steuerlich die private Vermögensebene betreffe, seien die Beratungskosten nicht durch die Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung veranlasst.
Entscheidung: Vorgang auf der Vermögensebene
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Die angefallenen Rechtsberatungskosten führen bei X nicht zu (Sonder-)Werbungskosten.
Vorab entstandene Werbungskosten
Aufwendungen, die anfallen, bevor Einnahmen erzielt werden, können als vorab entstandene Werbungskosten abgezogen werden, sofern ein wirtschaftlicher Zusammenhang zu den erwarteten Einkünften besteht (BFH v. 4.7.1990, GrS 1/89, BStBl II 1990, S. 830). Auch nach Aufgabe der Einkünfteerzielungsabsicht können vorab entstandene vergebliche Werbungskosten weiter abziehbar sein, wenn der Steuerpflichtige (nach dem Scheitern seiner Investition) Kosten aufwendet, um sich aus der vertraglichen Bindung zu lösen ("Aufgabeaufwendungen", BFH v. 7.6.2006, IX R 45/05, BStBl II 2006, S. 803).
Rückzahlung einer Einlage
Rückflüsse (die der Erwerbssphäre zuzurechnen sind) führen zu Einnahmen, soweit sie Werbungskosten ersetzen (sollen), die zuvor steuermindernd abgezogen worden sind (z.B. BFH v. 2.12.2014, IX R 1/14, BStBl II 2015, S. 493). Sie führen dagegen zu einer Minderung der Anschaffungs-/ Herstellungskosten, wenn sie maßgeblich der Vermögensebene zuzurechnen sind. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit dem Anschaffungsgeschäft liegt vor, wenn der maßgebende Anlass (das auslösende Moment) für den Minderungsvorgang in der Anschaffung liegt (BFH v. 26.2.2002, IX R 20/98, BStBl II 2002, S. 796).
Vorgang auf der Vermögensebene
Erstattet eine Personengesellschaft ihrem Gesellschafter im Zuge der schadenersatzrechtlichen Rückabwicklung des Beteiligungserwerbs seine Einlage, führt dies bei ihm nicht zu steuerbaren Einnahmen. Die Einlageleistung ist beim Gesellschafter ein Vorgang auf der Vermögensebene. Der umgekehrte Vorgang (Erstattung der Einlage durch die Gesellschaft) berührt beim Gesellschafter ebenfalls nur die Vermögensebene und führt nicht zugleich zum Zufluss von laufenden Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und demgemäß nicht zu Werbungskosten. Zwischen der Erstattung der Einlage und bestimmten Aufwendungen der Gesellschaft besteht kein hinreichender (wirtschaftlicher) Zusammenhang.
Der Werbungskostenabzug war abzulehnen
Soweit X die Rückzahlung seiner Einlage zuzüglich Agio gegen Rückübertragung seiner Beteiligung geltend gemacht hat, führen die dafür angefallenen Rechtsberatungskosten bei ihm nicht zu (Sonder-)Werbungskosten. Die Rückzahlung der Einlage hätte bei ihm nicht zu steuerbaren Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung geführt, sondern die Anschaffungskosten für seine Beteiligung gemindert. Mangels eines steuerbaren Veräußerungsvorgangs hätte sich dies jedoch steuerlich nicht ausgewirkt. Für das Agio gilt nichts anderes. Es berechtigt zwar nicht zum Gewinnbezug, erhöht jedoch wie die Einlage das Eigenkapital der Gesellschaft.
Auch kein Werbungskostenabzug im Hinblick auf eine gescheiterte Investition
Die Rechtsverfolgungskosten waren auch nicht deshalb zum Abzug zugelassen, weil sich X von einer gescheiterten Investition lösen wollte. Der Fall abziehbarer "Aufgabeaufwendungen" betrifft nur die Situation vorab entstandener (vergeblicher) Werbungskosten, die anfallen, bevor mit dem Aufwand zusammenhängende Einnahmen erzielt werden. Hat der Steuerpflichtige dagegen den objektiven Einkünftetatbestand bereits verwirklicht und will er die Quelle nunmehr abstoßen, dienen seine Aufwendungen nicht mehr der Erzielung und Erhaltung von Einnahmen, sondern der Abstoßung der Beteiligung.
Hinweis: Kein allgemeines Korrespondenzprinzip
Für die steuerrechtliche Qualifikation von Rückflüssen kommt es nicht darauf an, ob die Aufwendungen, mit denen sie wirtschaftlich zusammenhängen, als Werbungskosten oder als Herstellungs-/ Anschaffungskosten behandelt worden sind. Die (materiell) unrichtige Behandlung der zugrunde liegenden Aufwendungen kann nicht auf die Einordnung der Rückflüsse übertragen werden. Denn es gibt kein Korrespondenzprinzip, wonach Rückflüsse deshalb als Einnahmen zu erfassen wären, weil die Abflüsse zuvor (zu Unrecht) als Werbungskosten abgezogen worden sind. Fehleinschätzungen sind über das Verfahrensrecht zu lösen. Ist die Feststellung der Aufwendungen nach den AO-Vorschriften nicht mehr änderbar, hat dies keine Auswirkungen auf die einkommensteuerliche Wertung der Rückflüsse (BFH v. 26.2.2002, IX R 20/98, BStBl II 2002, S. 796, Rz. 24).
Keine Abweichung von der Rechtsprechung des BGH
Der Bundesgerichtshof (BGH) sieht in dem Urteil v. 11.2.2014, II ZR 276/12, DStR 2014, S. 602, Rz. 18, die steuerliche Rechtslage bei Rückabwicklung einer Vermögensbeteiligung als unklar (und damit als nicht endgültig entschieden) an. Der BFH stellt daher in der vorliegenden Entscheidung ausdrücklich fest, dass er nicht von der Rechtsprechung des BGH abweicht und somit eine Anrufung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes nicht veranlasst ist.
BFH Urteil vom 19.07.2022 - IX R 18/20 (veröffentlicht am 17.11.2022)
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