Leitsatz
Tritt eine GmbH einer (bereits bestehenden) Kommanditgesellschaft als Komplementärin ohne Verpflichtung zur Leistung einer Einlage bei, werden hierdurch nicht die Bewertungswahlrechte des § 24 UmwStG eröffnet.
Normenkette
§ 24 UmwStG 1977
Sachverhalt
Eine KG, deren Komplementär der Kläger war, wurde im Dezember 1993 in eine GmbH & Co. KG umstrukturiert, indem eine GmbH als Komplementärin eintrat und der Kläger weiterer Kommanditist wurde. Die GmbH war am Vermögen der KG nicht beteiligt und erhielt lediglich eine Haftungsvergütung. Nach dem Gesellschaftsvertrag sollte die neue KG die bisherige KG mit allen Aktiven und Passiven zum Teilwert übernehmen. Im Jahr 1993 ergab sich durch den Teilwertansatz nach Meinung des Klägers ein tarifbegünstigter Einbringungsgewinn.
Das FA hielt die Aufstockung für unzulässig, sodass einerseits kein Einbringungsgewinn besteuert wurde, in den Folgejahren aber auch geringere Abschreibungen anfielen. Einspruch und Klage (EFG 2005, 1155) blieben erfolglos.
Entscheidung
Der BFH bestätigte die Vorentscheidung. Es habe keine Einbringung i.S.d. § 24 UmwStG, sondern nur eine identitätswahrende Umstrukturierung stattgefunden. Auch analog sei die Vorschrift nicht anzuwenden, weil mangels Einlage der GmbH kein veräußerungsähnlicher Vorgang vorliege.
Hinweis
1. Das Urteil betrifft ein Aufstockungsmodell, von dem früher häufig Gebrauch gemacht wurde, solange der Einbringungsgewinn nach § 24 UmwStG bei Wahl des Teilwertansatzes noch tarifbegünstigt war. Die Vergünstigung ist ab 1994 insoweit weggefallen, als der einbringende Gesellschafter an der neuen Gesellschaft selbst beteiligt ist (sog. Veräußerung an sich selbst). Im Besprechungsfall hatte noch kurz vor Inkrafttreten der Gesetzesänderung Ende 1993 von dem Aufstockungsmodell Gebrauch gemacht werden sollen.
2. Die Besonderheit des Falls liegt darin, dass ein Gesellschafter (Komplementär-GmbH) in eine KG eintrat, ohne an deren Vermögen beteiligt zu werden und ohne eine Einlage zu leisten. Diese Gestaltung beurteilt der BFH nicht als Gründung einer neuen Gesellschaft, in die die bisherigen Gesellschafter ihre Mitunternehmeranteile einbringen. Deshalb fehlt es bereits an einer Einbringung i.S.d. § 24 UmwStG. Ähnlich hatte der BFH in seinem Urteil vom 18.03.1999, IV R 26/98 (BStBl II 2006, 604) schon für die unentgeltliche Änderung der Beteiligungsverhältnisse entschieden.
3. Von der Anwendbarkeit des § 24 UmwStG ist der BFH allerdings bisher ausgegangen, wenn ein Gesellschafter gegen Leistung einer Einlage in das Gesellschaftsvermögen eintritt.
Die den bisherigen Gesellschaftern zustehenden stillen Reserven können in diesem Zusammenhang durch Wahl des Teilwertansatzes aufgedeckt werden. Daran kann auch ohne die Tarifbegünstigung des Einbringungsgewinns ein Interesse bestehen, wenn dadurch Verluste genutzt werden können. Hiergegen wird von Reiß (in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 16 Anm. C 65 f.) m.E. zutreffend eingewendet, dass wertmäßig keine Änderung der Beteiligungsverhältnisse eintrete. Die Anteile der Altgesellschafter veränderten sich mithin nicht; es werde auch kein Entgelt gezahlt.
Die Frage war bei Wahl des Buchwertansatzes bisher ohne Bedeutung. Die Rechtslage hat sich aber jetzt durch das SEStEG insoweit geändert, als § 24 UmwStG seit 2007 grundsätzlich den Ansatz des gemeinen Werts vorsieht. Zwar wird häufig von dem Wahlrecht zum Buchwertansatz nach § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG n.F. Gebrauch gemacht werden können.
Sollten diese Voraussetzungen aber nicht vorliegen, müsste der BFH m.E. noch einmal überprüfen, ob es zu einer Zwangsrealisierung stiller Reserven kommen darf, auch wenn kein veräußerungsähnliches Geschäft vorliegt.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 20.09.2007, IV R 70/05