OFD Niedersachsen, Verfügung v. 7.3.2014, S 7279 - 56 - St 185
Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers bei Elektrizitäts- und Gaslieferungen wurde durch Art. 10 Nr. 6 Buchstabe a und b i.V.m. Art. 31 Abs. 5 AmtshilfeRLUmsG (BGBl I S. 1890) um Lieferungen durch einen im Inland ansässigen Unternehmer ergänzt (§ 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b i.V.m. Abs. 5 Sätze 3 und 4 UStG). In diesen Fällen schuldet fortan der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für die an ihn erbrachten Gas- und Stromlieferungen und zwar unabhängig davon, ob das bezogene Gas oder der bezogene Strom zum Weiterverkauf oder aber zum innerbetrieblichen oder privaten Verbrauch bestimmt ist (§ 13b Abs. 5 Satz 6 UStG).
Im Hinblick auf die unionsrechtlichen Vorgaben in Art. 199a Abs. 1 Satz 1 Buchst. e MwStSystRL gilt dies jedoch nur, wenn der Leistungsempfänger ein Unternehmer ist, der selbst derartige Leistungen erbringt bzw. – bei der Lieferung von Elektrizität – der liefernde Unternehmer und der Leistungsempfänger Wiederverkäufer von Elektrizität im Sinne des § 3g UStG sind. Hierdurch sollen insbesondere Betreiber von dezentralen Stromgewinnungsanlagen (z.B. Photovoltaik- und Windkraftanlagen, Biogas-Blockheizkraftwerke usw.) von der Verlagerung der Steuerschuldnerschaft ausgenommen werden. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus dem Einführungsschreiben des BMF vom 19.9.2013, IV D 3 – S 7279/12/10002 (BStBl 2013 I S. 1212) sowie aus dem BMF-Schreiben vom 19.9.2013, IV D 3 – S 7279/13/10002 (BStBl 2013 I S. 1217) zur Einführung des Vordruckmusters USt 1 TH zum Nachweis der Wiederverkäufereigenschaft bei Erdgas und/oder Elektrizität. Mit dem o.g. BMF-Schreiben wurde Abschn. 13b.3a UStAE neu eingefügt.
Die Erweiterung der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers ist am 1.9.2013 in Kraft getreten.
Ergänzend zu den o.g. BMF-Schreiben bitte ich Folgendes zu beachten:
1. Zusammentreffen von Wiederverkauf und Selbsterzeugung
Die Wiederverkäufereigenschaft bestimmt sich nach § 3g Abs. 1 UStG (vgl. Abschn. 13b.3a Abs. 2 Satz 5 i.V.m. Abschn. 3g.1 Abs. 2 und 3 UStAE). Hiernach ist der Unternehmer Wiederverkäufer, dessen Haupttätigkeit in Bezug auf den Erwerb der Elektrizität in deren Lieferung besteht und dessen eigener Verbrauch von untergeordneter Bedeutung ist.
Kauft ein Unternehmer Strom zum Zweck des Verkaufs ein und produziert er ebenfalls Strom selber, ist die Wiederverkäufereigenschaft i.S. des § 3g Abs. 1 UStG vollumfänglich erfüllt. Infolgedessen fallen auch die Lieferungen der selbsterzeugten Energie an einen anderen Wiederverkäufer unter die Regelung des § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b UStG.
Beispiel:
Eine Windkraft GmbH & Co KG I produziert 50 Einheiten Strom und veräußert diese 50 Einheiten insgesamt an die Windkraft GmbH & Co KG II. Die Rechnung der KG I muss unter dem Ausweis von 19 % Umsatzsteuer erteilt werden, da die KG I kein Wiederverkäufer i.S. des § 3g UStG ist (nur Selbsterzeugung). Die KG II hat den Vorsteuerabzug hieraus.
Die KG II produziert ebenfalls 50 Einheiten Strom. Die darüber hinaus erworbenen 50 Einheiten der KG I werden zusammen mit den selbsterzeugten 50 Einheiten (= 100 Einheiten) an einen Direktvermarkter (Wiederverkäufer) veräußert. Für die 50 erworbenen Einheiten der KG I besteht insoweit die Wiederverkäufereigenschaft des § 3g UStG (100 % der erworbenen Menge werden weiterveräußert). Die Veräußerung der KG II für diesen Teil führt somit zur Anwendung des § 13b UStG. Da die Wiederverkäufereigenschaft der KG II vollumfänglich erfüllt ist, fällt auch die Lieferung der selbsterzeugten Energie an den Direktvermarkter (Wiederverkäufer) unter die Regelung des § 13b Abs. 2 Nr. 5 Buchst. b UStG.
2. Wiederverkäufereigenschaft der Vermieter und Campingplatzbetreiber:
Abschn. 3g.1 Abs. 2 UStAE wurde dahingehend ergänzt, dass Lieferungen von Elektrizität, die als Nebenleistung zu einer Vermietung erfolgen (vgl. Abschn. 4.12.1 Abs. 5 Satz 3 UStAE), nicht als weiterveräußert i.S. des § 3g UStG gelten (Abschn. 3g.1 Abs. 2 Satz 3 UStAE). Vermieter erlangen somit keinen Wiederverkäuferstatus gemäß § 13b Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 2 UStG, der für die Anwendung des § 13b UStG erforderlich ist.
Diese Fälle stellen nicht die Fallgestaltungen dar, die von der Übertragung der Steuerschuld zur Verhinderung von Steuerumgehungen erfasst werden sollen.
Normenkette
UStG §3g
UStG § 13b Abs. 2 Nr. 5