Dipl.-Finanzwirt Helmut Bur
Leitsatz
Ein Steuerpflichtiger erzielt Einnahmen i. S. des § 22 Nr. 3 EStG, wenn er zum Schein einen Anstellungsvertrag bei einer Firma sowie eine Betriebsleitererklärung unterzeichnet und der Firma eine Fotokopie seines Meisterbriefes überlässt, um dieser einen Betrug gegenüber den Krankenkassen zu ermöglichen, und hierfür monatliche Honorare erhält.
Sachverhalt
Der Steuerpflichtige ist ausgebildeter Meister. Seine Gesellenprüfung legte er 1997 und seine Meisterprüfung 2000 ab. Er erzielte in den Streitjahren als angestellter Geselle Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ab Dezember 2000 bis März 2004 erhielt er zudem von einer Firma monatlich per Post Schecks über einen Betrag i. H. v. 1.200 DM bzw. 613,55 EUR übersandt, die er jeweils auf seinem Konto einlöste. Die Schecks erhielt er aufgrund eines Kontakts zu dieser Firma, bei dem ihm eine Bezahlung für die Überlassung seines Meisterbriefs angeboten worden ist. Diese Firma bat ihn insoweit mit einem Anschreiben vom 28.9.2000, die beigefügten Formulare eines auf seinen Namen ausgestellten Anstellungsvertrags sowie eine auf seinen Namen ausgestellte sog. Betriebsleitererklärung an den gekennzeichneten Stellen zu unterschreiben und an sie zusammen mit einer Kopie seines Meisterbriefs zurück zu senden. Die Benennung eines Meisters als Betriebsleiter war seinerzeit zwingend erforderlich, um eine Zulassung für eine Betriebsstätte zu erhalten. Die Firma verwendete die von dem Steuerpflichtigen übersandten Unterlagen, was diesem auch bekannt war, zur Vorlage bei den Krankenkassen, um eine Zulassung zur Abgabe von Hilfen für eine weitere Betriebsstätte zu erhalten. Tatsächlich war der Steuerpflichtige aber für die Firma nicht tätig bzw. hielt sich im streitbefangenen Zeitraum auch zu keinem Zeitpunkt in einer Filiale dieser Firma auf.
Aufgrund einer Kontrollmitteilung, wonach der Steuerpflichtige monatliche Honorare i. H. v. 1.200 DM bzw. 613,55 EUR erhalten hat, erließ das Finanzamt gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderte Einkommensteuerbescheide für 2000 bis 2004.
Der Steuerpflichtige legte gegen diese Bescheide Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, er habe eine Bezahlung für die schlichte Überlassung einer Kopie seines Meisterbriefs erhalten. Im Streitfall kämen daher weder Einkünfte aus Gewerbebetrieb noch solche aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit in Betracht. Fraglich sei auch, ob sonstige Einkünfte i. S. des § 22 Nr. 3 EStG vorliegen würden.
Entscheidung
Nach Auffassung des FG hat das Finanzamt zu Recht die streitbefangenen Zahlungen der Einkommensteuer unterworfen. Zur Begründung führt es aus, dass eine Leistung i. S. des § 22 Nr. 3 EStG jedes Tun, Dulden oder Unterlassen ist, das weder eine Veräußerung noch einen veräußerungsähnlichen Vorgang im Privatbereich betrifft, Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein kann und eine Gegenleistung auslöst. Als Leistung komme danach - abgesehen von im Streitfall nicht vorliegenden Veräußerungs- oder veräußerungsähnlichen Vorgängen - jedes wie auch immer geartete aktive, passive oder nichtwirtschaftliche Verhalten des Steuerpflichtigen in Betracht, wobei Dauer und Häufigkeit der Leistung ohne Bedeutung sind. Der Steuerpflichtige hat nach Auffassung des FG mit seinem Verhalten eine Leistung i. S. des § 22 Nr. 3 EStG erbracht. Die Schecks stellten damit eine Gegenleistung für die Überlassung der Unterlagen bzw. die Duldung der Nutzung dar. Der Umstand, dass der Steuerpflichtige sich mit seinem Verhalten gegebenenfalls der Beihilfe zu einer Straftat strafbar gemacht hat, ändert an dieser rechtlichen Beurteilung nichts.
Hinweis
Nach § 40 AO ist es für die Besteuerung unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder teilweise erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Die Vorschrift des § 22 Nr. 3 EStG erfasst damit auch Entgelte für verbotene Leistungen, d. h. - soweit die Voraussetzungen des § 22 Nr. 3 EStG erfüllt sind - auch Entgelte für strafbare oder berufsrechtlich sanktionierte Handlungen.
Link zur Entscheidung
FG Münster, Urteil vom 10.04.2013, 13 K 3654/10 E