Leitsatz
1. Wird ein Grundstück aus dem Betriebsvermögen entnommen, ist bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG der Entnahmegewinn durch Abzug der Anschaffungskosten vom Entnahmewert (Teilwert) des Grundstücks zu ermitteln. Dies gilt auch dann, wenn es vor Jahren im Wege des Tauschs gegen ein anderes betriebliches Grundstück erworben, der hierbei erzielte Veräußerungsgewinn seinerzeit aber nicht erklärt wurde.
2. Der Steuerpflichtige ist in diesem Fall nicht so zu stellen, als habe er bei dem Grundstückstausch von seinem Wahlrecht nach § 6c i.V.m. § 6b EStG Gebrauch gemacht.
3. Aus dem BFH-Urteil vom 14. Dezember 1999, IX R 62/96 (BFHE 190, 438, BStBl II 2000, 656) ist kein allgemeiner Grundsatz abzuleiten, dass Steuerpflichtige, die in ihrer Einkommensteuererklärung aufgedeckte stille Reserven aus einer Veräußerung oder Entnahme nicht erklärt haben, hinsichtlich weiterer Geschäftsvorfälle so zu stellen sind, als habe es die Gewinnrealisierung nicht gegeben.
Normenkette
§ 4 Abs. 3 Satz 4, Abs. 1 Satz 2, § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1, Abs. 6 Satz 1, § 6c, § 6b, § 7, § 55 EStG
Sachverhalt
Der Kläger ist Alleinerbe seiner verstorbenen Ehefrau (E). Diese hatte bis zu ihrem Tod aus der Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen Einkünfte aus LuF erzielt, die sie nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte.
E war seit Anfang der sechziger Jahre Alleineigentümerin verschiedener Ackerflächen. Im Januar 1984 tauschte sie zwei eigene Flurstücke gegen zwei fremde Grundstücke. Dabei gingen die Beteiligten des Grundstückstauschs von einem Wert der Tauschobjekte i.H.v. 50.000 DM aus. E erklärte weder im Wirtschaftsjahr 1983/1984 noch in einem späteren Wirtschaftsjahr einen Gewinn aus dem Grundstückstausch. Im August 2008 übertrug E eines der eingetauschten Grundstücke unentgeltlich ihrem Sohn.
Das FA sah darin eine Entnahme. Den Wert des Grundstücks ermittelte es im Einspruchsverfahren zuletzt mit 108.225 EUR (555 qm × 195 EUR), wovon es einen nach § 55 EStG ermittelten Buchwert zum 1.1.1970 von 963 EUR abzog. Diesen Wert hatte es anteilig aus der Summe der Buchwerte nach § 55 EStG der im Tauschvertrag hingegebenen Flurstücke errechnet. Den sich hieraus ergebenden Entnahmegewinn berücksichtigte das FA gemäß § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG je zur Hälfte in den Einkommensteuerbescheiden 2008 und 2009 (Streitjahre).
Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG ab (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.5.2014, 2 K 1454/13, Haufe-Index 8383694, EFG 2015, 1685).
Entscheidung
Auf die Revision des Klägers hob der BFH das angefochtene Urteil auf. Denn das FG habe statt der tatsächlichen Anschaffungskosten des entnommenen Flurstücks nur den Wert nach § 55 EStG von dem Entnahmewert abgezogen und damit den Entnahmegewinn unzutreffend ermittelt. Da der Senat anhand der Feststellungen des FG die tatsächlichen Anschaffungskosten nicht bestimmen könne, sei die Sache zurückzuverweisen.
Hinweis
1. Das FG hat zutreffend entschieden, dass E das eingetauschte Flurstück mit der Übertragung auf ihren Sohn im August 2008 für betriebsfremde Zwecke verwendet und damit aus dem Betriebsvermögen entnommen hat (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG). Eine Entnahme in einem früheren Wirtschaftsjahr konnte das FG nicht feststellen.
2. Ferner hat das FG den Entnahmewert dieses Grundstücks in nicht zu beanstandender Weise mit 108.225 EUR errechnet. Entnahmen des Steuerpflichtigen für sich, für seinen Haushalt oder für andere betriebsfremde Zwecke sind mit dem Teilwert anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 1 EStG). Das FA hat den Teilwert des streitbefangenen Grundstücks im Entnahmezeitpunkt mit 108.225 EUR angenommen und diesen Wert anhand des Bodenrichtwerts (§ 196 des BauGB) von 195 EUR je qm ermittelt (zur Wertermittlung nach dem Bodenrichtwert s. zuletzt BFH, Urteil vom 21.9.2016, X R 58/14, BFH/NV 2017, 275, m.w.N.).
3. Das FG hat aber den Entnahmegewinn unzutreffend ermittelt, weil es statt der tatsächlichen Anschaffungskosten des Flurstücks nur den Wert nach § 55 EStG von dem Entnahmewert abgezogen hat.
a) Von dem Teilwert des entnommenen Wirtschaftsguts sind bei einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die Anschaffungskosten für den Grund und Boden im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben abzuziehen (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG). Da E das ihrem Sohn übertragene Grundstück im Wege des Tauschs erworben hat, bemessen sich die Anschaffungskosten nach dem gemeinen Wert der hingegebenen Wirtschaftsgüter. Dieser Bewertungsgrundsatz galt auch schon vor seiner Normierung in § 6 Abs. 6 Satz 1 EStG (BFH, Urteil vom 14.12.1982, VIII R 53/81, BStBl II 1983, 303; BFH, Urteil vom 25.1.1984, I R 183/81, BStBl II 1984, 422).
b) Da E im Gegenzug für den Erwerb fremder Grundstücke eigene betriebliche Flurstücke übereignen musste, betrugen demnach die Anschaffungskosten für die beiden erworbenen Grundstücke die Summe der gemeinen Werte der hingegebenen Grundstücke. Die Beteiligten selbst haben keinen Aufteilungsmaßstab festgelegt, sodass der gemeine Wert der beiden hingegebenen Grundstücke nach dem Verhältnis der gemein...