Leitsatz
Veräußert der Alleingesellschafter-Geschäftsführer freiwillig alle Anteile an seiner GmbH, kann die Entschädigung für die Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit gleichwohl von dritter Seite veranlasst sein, da die Aufgabe dieser Tätigkeit nicht die zwangsläufige Folge der Anteilsveräußerung ist.
Normenkette
§ 24 Nr. 1 Buchst. a EStG , § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG
Sachverhalt
Der Kläger war Alleingesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, die ihm außer dem Gehalt auch eine Pension zugesagt hatte. Im Jahr 1992 veräußerte er sämtliche Anteile an der GmbH. Aus dem Vertrag ging hervor, dass der Käufer keine wirtschaftliche Grundlage für eine Weiterbeschäftigung des Klägers als Geschäftsführer sah. Der Kläger erhielt für die Auflösung des Geschäftsführervertrags eine Abfindung von 300.000 DM sowie für die Ablösung der noch nicht unverfallbaren Pensionsansprüche einen Betrag von ca. 390.000 DM.
Das FA versagte eine begünstigte Besteuerung der Abfindung sowie eine Anwendung des § 3 Nr. 9 EStG. Die Entschädigung für die Aufgabe der Pensionsansprüche sah es als verdeckte Gewinnausschüttung an. Das FG gab der Klage teilweise statt; es sah die Abfindung für die Beendigung der Geschäftsführertätigkeit als steuerbegünstigte Entschädigung (EFG 2000, 1450).
Entscheidung
Der BFH folgte dem FG und wies die Revision des FA zurück. Sowohl die Voraussetzungen für eine Steuerbegünstigung nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG als auch die für die Anwendung des § 3 Nr. 9 EStG lägen vor. Entscheidend sei, dass die Beendigung des Dienstverhältnisses auf Betreiben des Anteilskäufers erfolgt ist.
Hinweis
1. Der BFH setzt mit diesem Urteil die Reihe seiner Entscheidungen zur Steuerbegünstigung von Entschädigungen, die im Zusammenhang mit der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen geleistet werden, fort. Ging es in den bislang entschiedenen Fällen um Entschädigungen für den Verzicht auf Versorgungsansprüche (vgl. BFH, Urteile vom 4.9.2002, XI R 53/01, BFH-PR 2003, 86, sowie vom 10.4.2003, XI R 4/02, BFH-PR 2003, 405), geht es im Besprechungsfall um eine Entschädigung (Abfindung) für die Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit.
2. Der BFH behandelt diesen Fall nach denselben Grundsätzen. Die Anteilsveräußerung und das schadenstiftende Ereignis, das zur Zahlung der Entschädigung geführt hat (hier: die Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit) sind grundsätzlich getrennt zu beurteilen.
Ebenso wie trotz eines freiwilligen Verkaufs der Gesellschaftsteile der Verzicht auf Versorgungsansprüche als zwangsweise angesehen wird, wenn der Käufer der Anteile dies verlangt, kann bei einem freiwilligen Anteilsverkauf die Aufgabe der Geschäftsführertätigkeit unfreiwillig sein. Maßgeblich ist stets, wer die entscheidenden Ursachen für die Auflösung des Dienstverhältnisses gesetzt hat.
Hat der Erwerber der Anteile die Auflösung "betrieben", ist für den Verkäufer die Aufgabe seiner Geschäftsführertätigkeit unter Zwang erfolgt. Eine entsprechende Feststellung hatte das FG im vorliegenden Fall getroffen. Anzeichen dafür, dass auch der Käufer ein Interesse an der Beendigung seiner Anstellung hatte, waren nicht erkennbar.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.8.2003, XI R 18/02