Dipl.-Kffr. Cordula Schneider
Zusammenfassung
Mit Mitarbeitergespräch meinen wir einen regelmäßig stattfindenden Gedankenaustausch zwischen Chefs und Mitarbeitern. Häufig bleibt es aber bei einem "netten" Gespräch – das einzige Ergebnis ist oft die Gehaltserhöhung. Damit wird die eigentliche Chance eines solchen Gesprächs verschenkt. Dieser Beitrag zeigt, wie Entwicklungsgespräche mit den 3 Phasen Vorbereitung, Durchführung und Zielbeobachtung konsequent zur Mitarbeiterentwicklung genutzt werden können.
Das Warum?
Folgende Funktionen sollte das Gespräch haben:
- Rückblick auf das vergangene Jahr (max. 30 – 40 % der Zeit),
- Vorschau auf das kommende Jahr, eventuell mit konkreten Zielvereinbarungen (60 – 70 % der Zeit).
- Motivation ("Fordern und Fördern"),
- Vorbeugung gegen zu wenig Beachtung von unauffälligen Mitarbeitern,
- das "besondere Gespräch", d. h. das Jahresgespräch sollte für Vorgesetzten und Mitarbeiter ein echtes Highlight sein.
Bei diesen Gesprächen stehen die Bedürfnisse und die Entwicklung der Mitarbeiter im Mittelpunkt.
Damit unterscheidet es sich grundlegend von einem "Kritikgespräch". Wenn Sie negatives Feedback geben müssen, sollten Sie das immer zeitnah zum ersten "Störgefühl" tun. Die Verteilung nach dem Leistungsniveau Ihrer Mitarbeiter entspricht wahrscheinlich der Verteilung in den meisten Kanzleien:
- 10 % High Performer (die Top-Kräfte),
- 70 % Middle Performer (die "Gutleister"),
- 20 % Low Performer (die "Schlechtleister")
Schauen Sie sich Ihre Mitarbeiter daraufhin einmal an. Führen sie Entwicklungsgespräche mit allen Mitarbeitern – insbesondere auch mit den Gutleistern. Sie sind die Unauffälligen in der Kanzlei. Und warten Sie nicht bis Mitarbeiter um ein solches Gespräch bitten – führen Sie es auf jeden Fall. Gerade in Kanzleien ist ein großer Teil an introvertierten Mitarbeitern unterwegs. Das Entwicklungsgespräch ist Ihre Chance zu hören, was diese Menschen denken. Sie kommen oft bei anderen Gelegenheiten nicht zu Wort.
Vorbereitung als Basis für den Erfolg
Wie immer im Leben liegt das Geheimnis des Erfolges in der Vorbereitung. Die Basics:
- Nicht mehr als 2 Gespräche pro Tag - wenn sie wirklich ernsthafte Ergebnisse wollen, kostet das Zeit und Konzentration.
- Gespräch in angenehmer Atmosphäre durchführen (möglichst nicht im Chefzimmer).
- Die Gespräche mit den einzelnen Mitarbeitern sollen in möglichst engen zeitlichen Zusammenhang stattfinden.
- Termine rechtzeitig planen und ausreichend Zeit einplanen (1 bis 2 Stunden pro Gespräch).
Die Beurteilung des Mitarbeiters
Aus vielen Mitarbeiterbefragungen wissen wir, dass die Mitarbeiter das Entwicklungsgespräch als sehr wichtig einschätzen. Die Mitarbeiter wollen wissen, wie der Chef ihre Arbeit bewertet. Wie es mit der Kanzlei weiter geht und insbesondere, was das für sie persönlich heißt.
Zum Thema Mitarbeiterbeurteilung gibt es sehr viel Literatur. Gerne wird auch von Leistungsbeurteilung gesprochen. Die "Beurteilungssysteme" versuchen anhand einer mehr oder weniger überschaubaren Anzahl von Kriterien – gekoppelt mit einem mehr oder weniger komplizierten Gewichtungssystem – eine "gerechte" und "objektive" Bewertung des Mitarbeiters zu erreichen.
Die Gespräche bestehen dann im wesentliche aus dem "Abhaken" der einzelnen Punkte. Eine objektive Bewertung ist jedoch kaum möglich. Gerade in eher kleinen Kanzleien, in denen die persönliche Zusammenarbeit mit jedem Mitarbeiter im Gegensatz zu Großunternehmen eng ist, lässt sich eine subjektiv gefärbte Bewertung nicht vermeiden. Der angestrengte Versuch, der subjektiven Beurteilung ein "objektives Mäntelchen" umzuhängen, ist daher häufig zum Scheitern verurteilt.
Auch können wir Fehlbeurteilungen nicht ausschließen. Eigene Wertmaßstäbe und "Vorurteile" sowie Sympathie und Antipathie beeinflussen uns.
Beobachtungen notieren
Unser Kurzzeitgedächtnis funktioniert meist gut – das bedeutet in diesem Zusammenhang auch, dass der Zeitraum von 14 Tagen vor dem Entwicklungsgespräch ein übergroßes Gewicht bei unserer Beurteilung hat. Legen Sie sich daher ein Notizbuch/ein Dokument an, in das Sie während des Jahres mindestens einmal im Monat positive und negative Beobachtungen bez. der einzelnen Mitarbeiter eintragen.
Nicht zuletzt sollten Sie den Spotlight-Effekt nicht unterschätzen:
Wir sind nicht immer dabei, wenn Mitarbeiter in der Kanzlei agieren. Wir beurteilen also immer nur Momentaufnahmen. Auch bei den vermeintlich wirklich objektiven Kriterien wie Umsatz und Deckungsbeitrag ist der erste Blick nicht immer der richtige. Ist der Mitarbeiter, der den größten Umsatz/Deckungsbeitrag erzielt, wirklich "besser", als der andere, der viel seiner Zeit und Energie in das Team oder in die Azubi-Ausbildung steckt?
Sie sollten also zu Ihrer Subjektivität stehen! Kleiden Sie Ihre Beurteilung seiner Leistungsfähigkeit und seines Verhaltens bewusst in eine Ich-Botschaft: "So stellt sich mir die Situation dar." Damit geben Sie dem Mitarbeiter auch bewusst die Chance, seine Version zu erzählen.
Wie geben Ihnen also kein neues "Bewertungssystem" zum Abhake...