OFD Karlsruhe, Verfügung v. 13.11.2006, S 2242/4 - St 111
1. Erlass zur Erbauseinandersetzung überarbeitet
BMF-Schreiben vom 14.3.2006
Mit dem BMF-Schreiben vom 14.3.2006, IV B 2 – S 2242 – 7/06 (BStBl 2006 I S. 253) ist ein überarbeiteter Erlass zur Erbauseinandersetzung herausgegeben worden, der das BMF-Schreiben vom 11.1.1993, BStBl 1993 I S. 62, Anhang 13 I im EStH 2005, ablöst.
Anpassung an Rechtsänderungen
Die Überarbeitung war wegen der seit 1993 ergangenen Rechtsänderungen, in erster Linie der Regelungen in § 6 Abs. 3 EStG (weitergehende Nachfolgevorschrift des § 7 Abs. 1 EStDV zur sog. Fußstapfentheorie beim Übergang von Betrieben und Mitunternehmeranteilen) und in § 16 Abs. 3 EStG zur Realteilung (vgl. dazu das BMF-Schreiben vom 28.2.2006, BStBl 2006 I S. 228, sowie das Fortbildungsmanuskript „Besteuerung von Personengesellschaften: Praxisrelevante Rechtsänderungen” vom Juli 2006, FAIR/ESt/Fortbildung), und wegen der seither ergangenen BFH-Rechtsprechung erforderlich.
Zeitliche Anwendung
Die Regelungen im BMF-Schreiben vom 14.3.2006, a.a.O., sind grundsätzlich in allen offenen Fällen anzuwenden. Für Erbauseinandersetzungen vor dem 1.1.2001 gilt weiterhin der „alte” Erlass vom 11.1.1993, a.a.O, und zwar einschließlich der dortigen Übergangsregelungen.
Überblick
Im Folgenden werden die wichtigsten Änderungen im „neuen” Erlass zur Behandlung der Erbengemeinschaft und der Erbauseinandersetzung (mit Ausnahme der Beteiligungen an Personengesellschaften im Nachlass) im Überblick dargestellt.
2. Trennung von Erbfall und Erbauseinandersetzung
Einheitsthese überholt
Nach wie vor bilden Erbfall und Erbauseinandersetzung keine rechtliche Einheit, sondern sind getrennt steuerlich zu würdigen. Mit dem Erbfall geht das Vermögen des Erblassers unentgeltlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) auf den (Allein-)Erben oder bei mehreren Erben auf die Erbengemeinschaft, zu deren gemeinschaftlichem Vermögen die Nachlassgegenstände gehören, über.
Miterben werden Mitunternehmer
Gehört zum Nachlass Betriebsvermögen, das an mehrere Erben fällt, erzielen fortan die Miterben gemeinschaftlich laufende Gewinneinkünfte. Dies gilt grundsätzlich so lange, bis sich die Erbengemeinschaft auseinandersetzt und einzelne Nachlassgegenstände (Einkunftsquellen) den Miterben übertragen werden.
Abfärberegelung gilt nicht
Es bleibt auch dabei, dass die Erbengemeinschaft neben Einkünften aus Gewerbebetrieb auch Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und aus selbstständiger Arbeit erzielen kann, also insoweit keine Infektion durch den zum Nachlass gehörigen Gewerbebetrieb gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG erfolgt.
§ 18 EStG: Keine Fortführung
Allerdings kommt es in den Fällen, in denen der Erblasser selbstständig tätig war, nur dann ebenfalls zu Einkünften gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf der Ebene der Erbengemeinschaft, wenn sämtliche Miterben die entsprechende freiberufliche Qualifikation aufweisen; anderenfalls wird der bisherige freiberufliche Betrieb durch die Miterben als gewerbliches Unternehmen geführt.
Rückwirkung zulässig
Eine Rückbeziehung der Erbauseinandersetzung und damit eine rückwirkende Zurechnung der laufenden Einkünfte ist innerhalb bestimmter Grenzen zulässig, da es sich bei der Erbengemeinschaft um eine gesetzliche Zufallsgemeinschaft handelt.
Sechsmonatsfrist
Grundsätzlich gilt eine Rückbeziehungsfrist von sechs Monaten, die vom Erbfall an gerechnet wird, sich aber bei Teilungsanordnungen oder Vorausvermächtnissen des Erblassers, die die Miterbengemeinschaft umsetzt, angemessen verlängert. Der BFH ließ im Urteil vom 4.5.2000, IV R 10/99, BStBl 2002 II S. 850, sogar eine Rückbeziehung über einen Zeitraum von 27 Monaten zu.
Klare Vereinbarungen erforderlich
Erforderlich ist, dass innerhalb dieser Frist eine klare und rechtlich bindende Vereinbarung über die Erbauseinandersetzung und deren Modalitäten getroffen wird. Wie bisher ändert eine solche Rückbeziehung aber nichts daran, dass es zu einem Durchgangserwerb der Erbengemeinschaft kommt und demzufolge im Rahmen der Erbauseinandersetzung geleistete Ausgleichszahlungen einerseits zu Anschaffungskosten beim Zahlenden und andererseits zu Veräußerungserlösen führen.
Beispiel 1
Zum Nachlass der verstorbenen Mutter M gehört unter anderem eine Anwaltspraxis, die sie bisher allein betrieben hat. Erben der M werden der Sohn E, der vor kurzem seine Ausbildung mit dem Zweiten juristischen Staatsexamen abgeschlossen hat, und der Sohn F, der Mathematik studiert, jeweils zur Hälfte. Fünf Monate nach dem Erbfall setzen sich E und F dahingehend auseinander, dass E die Anwaltspraxis übernimmt und F anderweitige Nachlassgegenstände erhält. Im Hinblick auf einen sachgerechten wertmäßigen Ausgleich zahlt E an F eine Abfindung i.H. von 500.000 Euro. Im Rahmen der Erbauseinandersetzung wird darüber hinaus vereinbart, dass die Einnahmen aus der anwaltlichen Tätigkeit von Anfang an E, der sich unmittelbar nach dem Tod der M als Anwalt niedergelassen und den Betrieb der M weitergeführt hat, erzielt haben soll.
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